Nachgefragt bei InCamS@BI: Jahresrückblick 2024 – Interview mit Teilprojektleiter Prof. Dr. Christian Schröder
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Er leitet das Creative Lab von InCamS@BI: Prof. Dr. Christian Schröder. Im siebten Nachgefragt-Interview blickt der Physiker und Experte für Simulation auf das zweite Projektjahr zurück.
In der Interviewreihe „Nachgefragt bei InCamS@BI“ erklären Kolleginnen und Kollegen aus dem Team, wie das Transferprojekt InCamS@BI funktioniert. Wozu dienen die Teilprojekte? Was ist eigentlich ein Barcamp? Wie ist ein so umfangreiches Projekt organisiert? Fragen wie diese und viele mehr wollen wir hier im Gespräch beleuchten. Dieses Mal im Interview: Teilprojektleiter Christian Schröder.
Das zweite Projektjahr ist fast beendet. Was hat das Team 2024 aus deiner Sicht geschafft?
Christian Schröder: Ich würde sagen, dass wir auf ein sehr erfolgreiches Jahr zurückschauen können: Wir haben über 40 Projektideen entwickelt, die aus Gesprächen mit Unternehmen und auf Initiative des Teams entstanden sind. Damit bewegen wir uns auf einem sehr guten Weg, 125 Projektideen und Lösungsansätzen noch vor dem Projektende 2027 erreichen. Das erste Jahr war thematisch bestimmt vom Aufbau der Strukturen. Das war sehr wichtig und grundlegend für das, was wir in diesem Jahr geschafft haben. Wir waren bei diversen Veranstaltungen in der Region mit unseren Expert:innen vertreten. Als Beispiele fallen mir der Act2Sustain Transfertag, der Tag der Bildung, der Kongress „Digitale Zukunft @OWL“ oder das Barcamp Green OWL ein. Auf der Hannover Messe und der Kuteno waren wir jeweils mit einem Stand vertreten, um unser Projekt der Fachwelt erläutern zu können und zu demonstrieren, wo wir speziell kleine und mittlere Unternehmen unterstützen können.
Noch beeindruckender finde ich allerdings, welche Veranstaltungen das Team eigenverantwortlich auf die Beine gestellt hat. Da denke ich an die unterschiedlichen Expert Panels mit den Themen „Kunststoffe in der Circular Economy“ und „Circular Economy in der Unternehmensstrategie“ oder die ersten beiden Innovationsforen für kleine und mittlere Unternehmen. Hier wird es im Jahr 2025 auf jeden Fall eine Fortsetzung geben. Weitere tolle Formate waren das Barcamp „Circular Economy in der Energietechnik“ oder der Makeathon unserer Forschungsgruppe Wirtschaftsrecht zum Thema „Wirtschaftsrecht im Transfer“. Ein schöner Abschluss war unser Demo Day im November. Hier stellten Mitarbeiter:innen aus unterschiedlichen Forschungsgruppen ihre Projektideen in sehr kreativen und unterhaltsamen Pitches vor. Da wurde greifbar, mit wie viel Herzblut die Teammitglieder an den vielen verschiedenen, spannenden Themen arbeiten.
In InCamS@BI entwickeln wir „anschlussfähige Projektskizzen“ – gibt es Skizzen, die den sogenannten Anschluss schon gefunden haben? Also an denen ganz konkret weitergearbeitet wird?
Christian Schröder: Die gibt es. Interessant finde ich vor allem die Vielfalt der Ausgestaltung der Projektskizzen: Es gibt große Projekte, wie z.B. die „Smart Recycling Factory“ und mehrere Projektanträge gemeinsam mit den Kolleg:innen von der Universität Bielefeld, teilweise auch und unter Beteiligung verschiedener Firmen. Aus kleineren Lösungsansätzen für Unternehmen sind wiederum studentische Arbeiten entstanden. Hieran kann man schön sehen, welche unterschiedlichen Wege Transfer in der Praxis nehmen kann: Nicht immer ist ein großer Projektantrag der richtige Weg. Und bei einer studentischen Semesterarbeit ist es eben auch für die Studierenden sehr gewinnbringend, in Kontakt mit einem Unternehmen zu kommen und das erlernte Wissen ganz praktisch und wertschöpfend einzusetzen.
InCamS@BI ist ein von der Bund-Länder-Initiative gefördertes „Innovative Hochschule“-Projekt und dient explizit dazu, den Transfer der Hochschule Bielefeld (HSBI) und der Universität Bielefeld zu stärken. Wo ist uns das in diesem Jahr gelungen?
Christian Schröder: Wir sind mit InCamS@BI in vielen Bereichen Vorreiter. Das bezieht sich besonders auch auf die administrative Seite des Transfers. Sehr konkret ist das zum Beispiel der Forschungsgruppe Wirtschaftsrecht gelungen. Prof. Dr. Christiane Nitschke hat gemeinsam mit ihren Mitarbeiter:innen Micha Steiner und Kristin Maoro einen hochschulübergreifenden „Leitfaden Transfer“ konzeptioniert und ausgearbeitet. Das ist eine sehr praktische Hilfestellung für unsere Technologiescouts und alle Forschenden an der Hochschule Bielefeld, um die rechtlichen Rahmenbedingungen eines Transfervorhabens besser einordnen zu können. Dazu gibt es die notwendigen Verträge, NDAs etc. Das entlastet nicht nur die Forschenden und die Verwaltung: Die Kooperationen mit Unternehmen laufen zukünftig für beide Seiten sicherer und effizienter. Das ist wirklich ein wichtiger Meilenstein, nicht nur für das Projekt InCamS@BI, sondern eben auch für die Transferarbeit der gesamten HSBI.
Du bist Leiter des Teilprojekts „Creative Lab“ – was bedeutet was? Was passiert in dem Lab und wie spielt das mit dem „Innovation Lab“ zusammen?
Christian Schröder: Im Grunde genommen sind wir im Creative Lab der erste Kontakt für Unternehmen innerhalb des Projekts. Wir nehmen die Problemstellungen der Unternehmen auf und speisen sie dann in unsere so genannte Transferpipeline, in der die Problemstellungen in anschlussfähigen Projektskizzen überführt werden. Dabei ist der Name natürlich Programm: Im Creative Lab setzen wir unsere Kreativität ein, um aus den Herausforderungen Ideen für Lösungsansätze zu entwickeln. Dabei steht das interdisziplinäre Arbeiten im Vordergrund. Hier kommen alle sieben Forschungsgruppen zusammen, um eine breite Palette an Perspektiven und Expertisen einzubringen. Für diese kreativen Prozesse entwickeln wir unterschiedliche Formate. Manche davon finden nur teamintern statt, andere stellen die gemeinsame Arbeit mit Unternehmenspartner:innen in den Vordergrund. Räumlich können diese Formate direkt vor Ort im Unternehmen oder in der Hochschule angesiedelt sein. Zukünftig würden wir auch gerne ein Format umsetzen, was zusätzlich noch die Zivilgesellschaft einbezieht. Wenn dann bei uns die Arbeit getan ist, also eine Projektidee entwickelt worden ist, kommt in unserer Transferpipeline das Innovation Lab ins Spiel. Die bei uns erarbeiteten Ideen werden dort aufgegriffen und zu konkreten Projektskizzen weiterentwickelt. Die Entwicklungsphasen werden dabei von interdisziplinären Expert:innenteams mit Blick auf technologische und wirtschaftliche Machbarkeit sowie soziale Auswirkungen begleitet.
Mit welchen Herausforderungen beschäftigt sich InCamS@BI im kommenden Jahr?
Christian Schröder: Für das Creative Lab wird ein Schwerpunkt auf der Weiterentwicklung vorhandener und der Erprobung neuer Veranstaltungsformate liegen. Wir haben einen vollen Ideenspeicher! Speziell Formate, durch die wir mit der Zivilgesellschaft in Kontakt treten können, wollen wir angehen. Wir bleiben also am Ball und werden 2025 hoffentlich wieder viele spannende Projektideen entwickeln können. Unser Ziel ist und bleibt es, die HSBI und Universität Bielefeld zu zentralen Akteurinnen im regionalen Innovationsökosystem zu entwickeln. Wir freuen uns schon auf spannende Austauschrunden und neue Perspektiven.
Vielen Dank für das Interview! (gsa)
Zur Person: Prof. Dr. Christian Schröder
Dr. Christian Schröder (Jahrgang 1969) hat Physik studiert und 1999 in Theoretischer Physik promoviert. Anschließend war er als wissenschaftlicher Mitarbeiter bei Philips Forschungslaboratorien in Hamburg (Forschung im Bereich medizinische bildgebende Verfahren), hat Softwaresystementwicklung bei der Firma Telelogic in Bielefeld und München betrieben, und war wissenschaftlicher Mitarbeiter am Ames Laboratory und Iowa State University in USA. 2004 folgte die Berufung auf eine Professur an der Hochschule Bielefeld (HSBI, damals noch FH Bielefeld) sowie die Professur für Mathematik und Grundlagen der Informatik. Christian Schröder ist Gründungsmitglied des Bielefelder Instituts für Angewandte Materialwissenschaft (BIfAM) 2013, war Mitglied des Fachbereichsrats und Senats, Vizepräsident für Forschung, Entwicklung und Transfer der HSBI von 2013 bis 2021. Seit 2019 ist an der Universität Bielefeld, Fakultät für Physik, kooptiert und zwischendurch mehrmals Gastprofessor an der Tohoku University, Sendai, Japan, gewesen.