Interview: Innovationsökosystem Studie zur Circular Economy in OWL
Im Rahmen des Projekts CirQuality OWL haben sich Dr. Fabian Schoden und Prof. Dr. Eva Schwenzfeier-Hellkamp aus dem Institut für Technische Energie-Systeme (ITES) an der Hochschule Bielefeld (HSBI) mit dem Innovationsökosystem Circular Economy in der Region Ostwestfalen-Lippe beschäftigt.
Eva Schwenzfeier-Hellkamp ist Leiterin des ITES und unter anderem Mentorin der InCamS@BI-Forschungsgruppe „Zirkuläre Wertschöpfung“. Und da Circular Economy – zu Deutsch zirkuläre Wertschöpfung – auch ein zentrales Thema im Projekt InCamS@BI ist, haben wir bei den beiden Exper:innen nachgefragt, was es mit der neuen Publikation Innovationsökosystem Studie (Download siehe Infobox) auf sich hat.
Was macht ein Innovationsökosystem aus? Ist die Region Ostwestfalen-Lippe (OWL) ein besonderes wirtschaftliches Ökosystem?
Prof. Dr. Eva Schwenzfeier-Hellkamp: Ein Innovationsökosystem ist ein Netzwerk von Akteur:innen – Unternehmen, Forschungseinrichtungen, Start-ups, Investoren, Regierungsstellen und weiteren Institutionen – die gemeinsam die Entwicklung und Verbreitung von Innovationen fördern. OWL ist eine bedeutende Industrie- und Technologieregion, insbesondere für den Maschinenbau, die Automatisierungstechnik und die Möbelindustrie. Hier gibt es viele Hidden Champions, die international führend sind.
Was ist das zentrale Ergebnis eurer Studie?
Dr. Fabian Schoden: Die Transformation hin zu einer funktionierenden Circular Economy schreitet nur langsam voran. Unsere Sensitivitätsanlyse nach Vester zeigt aber, dass ein funktionierendes Innovationsökosystem selbstverstärkende Effekte für die Akteur:innen hat. Das heißt im Klartext: Kleine Änderungen auf politischer oder unternehmerischer Ebene können große positive Effekte bewirken. Die Studie ist in Kooperation mit der Food-Processing Initiative (FPI) entstanden und zeigt einige positive Beispiele aus der Lebensmittelwirtschaft auf, bei denen die Unternehmen erste kleine Schritte hin zu einer Circular Economy unternehmen.
Ihr habt euch in erster Linie mit der Zirkularität der Lebensmittelbranche befasst. Gibt es Erkenntnisse aus eurer Arbeit, die sich auf die Kunststoffbranche übertragen lassen?
Prof. Dr. Eva Schwenzfeier-Hellkamp: Lebensmittel müssen in der Regel verpackt werden, und auch bei ihrer Verarbeitung spielen Kunststoffe eine wichtige Rolle. Wenn wir also von der Lebensmittelbranche sprechen, umfasst diese nicht nur die Hersteller und Verarbeiter von Lebensmitteln, sondern auch zahlreiche weitere Stakeholder, die an der Verpackung und Bereitstellung der notwendigen Materialien beteiligt sind. Was wir hier konkret für die Kunststoffbranche mitnehmen können: Wenn wir eine Circular Economy erreichen wollen, müssen wir die Verpackungsdicke reduzieren, nachwachsende und biologisch abbaubare Materialien nutzen und Produktions- und Verarbeitungsprozesse entsprechend umstellen sowie Hinweise auf den Verpackungen anbringen, wie diese richtig zu entsorgen sind.
Die Circular Economy hat das Potenzial, die Wirtschaft auf den Kopf zu stellen und für mehr Nachhaltigkeit und Effizienz zu sorgen. Woran hapert es aktuell?
Dr. Fabian Schoden: Für eine erfolgreiche Circular Economy fehlen derzeit Technologien und Infrastrukturen zur Sammlung und Wiederverwertung von Materialien – oft münden Recyclingprozesse in Downcycling. Hinzu kommt, dass Unternehmen noch weit davon entfernt sind, Produkte nach zirkulären Designprinzipien zu gestalten. Fehlende wirtschaftliche Anreize wie Subventionen sowie regulatorische Hürden erschweren die Umsetzung der Circular Economy. Aber: Selbst wenn nur wenige Hebel bewegt werden, kann das System in Schwung kommen und eine sich selbst beschleunigende Transformation in Gang gebracht werden. Dafür müssen wir branchen- und disziplinübergreifend zusammenarbeiten.