Die Coronapandemie konfrontiert Forschende und Praktikerinnen sowie Praktiker Sozialer Arbeit mit gravierend veränderten Bedingungen: Im Zuge der Kontaktbeschränkungen waren Adressatinnen und Adressaten für Fachkräfte schwer oder nicht in persönlichen Kontakten erreichbar, was andere oder auch neue Zugänge erforderlich werden ließ. Der forschende Zugang zu Wirklichkeiten des Subjekts war noch nie absolut und ungebrochen gesetzt, sondern stets besonderen Forschungsbedingungen verbunden. Diese Forschungstraditionen sind durch die Pandemie ebenfalls tiefgreifenden Einschränkungen ausgesetzt.
Um den „Ausnahmezustand“ Coronapandemie verstehen zu können, ist es notwendig zu reflektieren, wie verschiedene – insbesondere verletzliche – gesellschaftliche Gruppen, wie Adressatinnen und Adressaten, Fachkräfte und Forschende, Ausnahmesituationen bewältigen. Daher hat das Netzwerk für Rekonstruktive Soziale Arbeit, darunter Dr. Christin Schörmann vom Fachbereich Sozialwesen der FH Bielefeld, einen Tagungsband herausgebracht, in dem eingeschlagene Wege und Zugänge anhand konkreter Projekte analysiert und interpretiert werden, um daraus Anregungspotenziale für Praxis und rekonstruktive Forschung Sozialer Arbeit abzuleiten.
Das Netzwerk Rekonstruktive Soziale Arbeit versteht sich dabei als Vertretende einer Forschungsperspektive, die Gegenseitigkeiten sowie Relevanzsetzungen handelnder Akteurinnen und Akteuren beachtet. Als solche rekonstruktiv verstandene Sozialforschung gelingt ein Zugang zu sozialen Wirklichkeiten – auch im „Ausnahmezustand“. Die Herausforderungen, denen sich eine an Lebenswelten interessierte rekonstruktive Forschung stellen muss, waren Gegenstand der Jahrestagung des Netzwerkes Rekonstruktive Soziale Arbeit im März 2021. Die Tagungsbeiträge werden mit diesem Sammelband einer breiten Fachöffentlichkeit zugänglich gemacht. Inhaltlich schlägt der Band einen Bogen von forschungsethischen Überlegungen über Analysen der Verbindung von wissenschaftlicher Erkenntnisarbeit und Handlungsorientierung bis hin zu Ergebnissen der Verbindung von existentiellem Helfen und Forschen nach kollektiver Krisenerfahrung. Dabei geht es um rekonstruktive Forschung in und zur Coronapandemie und anderen Katastrophen in unterschiedlichen Handlungsfeldern Sozialer Arbeit wie auch um Projekte, die unter den veränderten Bedingungen fortentwickelt worden sind.
Die Herausgeberinnen
Prof. Dr. Sylke Bartmann, Fachbereich Soziale Arbeit und Gesundheit, Hochschule Emden/Leer
Prof. Dr. Nina Erdmann, Institut für Wissenschaft Soziale Arbeit (IRIS), Fakultät für angewandte Sozialwissenschaften, TH Köln
Meike Haefker, M. A., Fachbereich Soziale Arbeit, Universität Vechta/ Hochschule Emden/Leer
Dr. Christin Schörmann, Fachbereich Sozialwesen, FH Bielefeld
Prof. Dr. Claudia Streblow-Poser, Fachbereich Angewandte Sozialwissenschaften, FH Dortmund
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