17.02.2025

Lebensmittelsicherheit und Saatgutanalyse: HSBI-Forschungsteam präsentiert KI-gestützte Bildverarbeitungsmethoden auf der SPIE.Photonics West in San Francisco

Prof. Dr. Reinhard Kaschuba und sein Team zeigen wie Hyperspektralkameras und KI-Algorithmen die Reinheit von Lebensmitteln verbessern und die Sortierung von Rapssaat revolutionieren.

Die SPIE.Photonics West ist eine der bedeutendsten Fachmessen für Optik und Photonik weltweit. Die Messe fand in diesem Jahr vom 25. bis zum 30. Januar im Moscone Convention Center in San Francisco, Kalifornien, USA, statt. Die Veranstaltung dient als Plattform für die Präsentation neuer Technologien, Forschungsergebnisse und Produkte der Optik, Lasertechnologie und Optoelektronik.

Prof. Dr. Reinhard Kaschuba, Lehrender am Fachbereich Ingenieurwissenschaften und Mathematik (IuM) der HSBI, stellte gemeinsam mit den wissenschaftlichen Mitarbeitern Dr. Jan Lukas Storck und Johannes Fiedler Forschungsergebnisse seiner Arbeitsgruppe einem breiten und internationalen Fachpublikum vor. „Die Präsentation unserer Ergebnisse im Moscone-Center war ein großer Erfolg und löste im Anschluss lebhafte Diskussionen mit dem Publikum aus, die uns besonders gefreut haben“,  berichtet Prof. Dr. Kaschuba. Ein zentrales Thema war natürlich der Stand der Entwicklung von Hyperspektralkameras auf internationaler Ebene und der Austausch mit Forschenden aus aller Welt.

Von der HSBI in die Anwendung

Das Team der Hochschule Bielefeld entwickelt innovative Geräte, die auf optischen Effekten basieren. In den letzten Jahren lag der Fokus auf der Entwicklung von Hyperspektralkameras für den sichtbaren (VIS) und nahen Infrarotbereich (NIR) sowie deren Einsatz in verschiedenen Anwendungsfeldern. „Wir sind nah am industriellen Einsatzfeld und beobachten genau, was der Markt anbietet“, erklärt Johannes Fiedler, wissenschaftlicher Mitarbeiter am Fachbereich IuM. Das Forschungsteam arbeitet eng mit führenden Unternehmen der Industrie zusammen, um diese Technologien praxisnah anzuwenden. Das Team legt besonderen Wert darauf, nicht nur im Labor zu bleiben, sondern reale Anwendungsfälle zu berücksichtigen. „Man muss klar zwischen Laboranwendungen und dem praktischen Einsatz unterscheiden. Die Anforderungen im realen Betrieb sind oft ganz andere“, betont Fiedler. „Uns geht es darum, praxistaugliche Lösungen zu finden, die nicht nur technologische Maßstäbe setzen, sondern auch preislich für die Anwender attraktiv sind.“

Auf diesem Bild ist die Hyperspektralkamera zusammen mit verschiedenen Komponenten zu sehen, die dafür sorgen, dass das Licht aus unterschiedlichen Spektren auf die Proben trifft.
Auf diesem Bild ist die Hyperspektralkamera zusammen mit verschiedenen Komponenten zu sehen, die dafür sorgen, dass das Licht aus unterschiedlichen Spektren auf die Proben trifft.

Was ist eine Hyperspektralkamera?

Eine Hyperspektralkamera unterscheidet sich von einer Farbkamera darin, dass sie nicht nur die Wellenlängen in den drei Farben Rot, Grün und Blau erfasst, sondern den Spektralbereich gleichzeitig in mehreren hundert Kanälen erfasst. Diese Technologie ermöglicht die Erkennung feinster Unterschiede in Materialien, Oberflächen oder Zusammensetzungen, die für das menschliche Auge oder herkömmliche Kameras unsichtbar bleiben. Aufgrund der enormen Datenmengen, die dabei entstehen und der Schwierigkeiten, die Menschen mit der Interpretation dieser Daten haben, ist es sinnvoll, die Bilder von KI-Systemen anstelle von Menschen auszuwerten.

KIRa: Automatisierte Saatgutanalyse mit KI und Robotik

Auf der SPIE.Photonics West präsentierte die Arbeitsgruppe von Prof. Kaschuba das durch das Bundeslandwirtschaftsministerium geförderte Projekt KIRa, bei dem Hyperspektralkameras in einem Sortiergerät für Rapssaaten zum Einsatz kommen. Ziel der Plattform ist es, die gesetzlich vorgeschriebene Reinheitsprüfung in der Saatgutproduktion, ein zentraler Bestandteil der Landwirtschaft, zu automatisieren und zu digitalisieren. Ein immens hoher Aufwand: Bis zu 200 unterschiedliche Fremdpflanzen können auf einem Rapsfeld vorkommen – und müssen bisher manuell analysiert werden.

Sortieranlage2
Der Roboterarm der Sortieranlage nimmt mithilfe von Luftdruck Rapssamen auf. Diese werden dann vor der Kamera entlanggeführt, wo sie durch KI und Hyperspektralkamera analysiert und klassifiziert werden. Dann legt die Robotik die Samen einzeln in der jeweiligen Kategorie ab.

In dem Verbundprojekt „KIRa – KI-gestützte Plattform zur Klassifikation und Sortierung von Pflanzensamen: Bewertung der Saatgutreinheit am Musterfall Raps“ von der Hochschule Bielefeld, der Universität Leipzig und dem Forschungsunternehmen NPZ Innovation GmbH werden modernste Methoden des maschinellen Lernens sowie robotische Sensorik- und Sortiertechnologien erforscht. Durch die Hyperspektralkameras und KI-Algorithmen können Samen klassifiziert werden, die auch für geschultes Personal mit dem bloßen Auge nicht voneinander unterscheidbar sind. Das System wird dazu mit Bildern von Rapssamen und deren entsprechenden Klassenzuordnungen gefüttert. Dabei lernt es, welche visuellen Merkmale in den Bildern mit welcher Klassifizierung der Rapssamen verknüpft sind. In der Sortieranlage werden dann die Rapssamen und die Samen von Fremdpflanzen voneinander getrennt und klassifiziert. So kann nicht nur die Effizienz, sondern auch die Genauigkeit der Saatgutanalyse sichergestellt werden.

Zukunft der Lebensmittelprüfung

Ein weiterer spannender Vortrag der Bielefelder Wissenschaftler zeigte die Ergebnisse einer KI-gestützten Reinheitsanalyse von Lebensmitteln, am Beispiel von geschnittenen Steinpilzen, die in Zusammenarbeit mit der Kündig-Gruppe aus Zürich durchgeführt wurde. Dabei wurde demonstriert, wie mithilfe hochauflösender Bilderkennung und maschinellen Lernens Verunreinigungen wie Steine, Kunststoffe oder andere Fremdstoffe in den geschnittenen Steinpilzen präzise identifiziert werden können. Besonders bei Steinpilzen, die oft in der Natur gesammelt werden, ist die Reinheitsanalyse von großer Bedeutung, da sie anfällig für natürliche Verunreinigungen sind und eine hohe Qualitätssicherung erfordern.

Die KI-basierte Methode ermöglicht nicht nur eine schnellere und genauere Prüfung im Vergleich zu manuellen Verfahren, sondern kann auch dazu beitragen, Rückrufaktionen zu vermeiden und die Lebensmittelsicherheit zu erhöhen.  „Diese Projekte zeigen eindrucksvoll, welches Potenzial die Verbindung optischer Technologien mit künstlicher Intelligenz für die Lebensmittelindustrie und andere Bereiche birgt“, erklärt Prof. Kaschuba. Er geht davon aus, dass solche Systeme in Zukunft auch auf weitere Lebensmittel ausgeweitet werden können, was die Qualitätskontrolle in der Lebensmittelbranche revolutionieren würde. (rk/jrf) 

 

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