Zirkuläre Wertschöpfung

Katharina Schnatmann und Melina Gurck

Die InCamS@BI-Forschungsgruppe Zirkuläre Wertschöpfung besteht aus einem interdisziplinären Team aus Ingenieur:innen, die schwerpunktmäßig aus den Bereichen Elektrotechnik, Regenerative Energien und Umweltwissenschaften kommen. Das Team ist am Institut für Technische Energie-Systeme (ITES) der HSBI angesiedelt. Die Kernkompetenz der Forschungsgruppe liegt in der Analyse von Produkten und Prozessen auf Grundlage des Konzepts der Circular Economy und in der Optimierung von Energiesystemen in Hinblick auf erneuerbare Energien und zirkuläre Wertschöpfung.

Circular Economy: von der Theorie in die Anwendung

Symbolbild Zirkuläre Wertschöpfung
Replace ist eine der R-Strategien, die dabei helfen können die Wertschöpfungskette zirkulär zu gestalten.

Circular Economy ist bereits seit einigen Jahren Forschungsgegenstand der Wissenschaftler:innen am ITES. Das Forschungsfeld „Zirkuläre Wertschöpfung“ ist sehr komplex und bislang nur wenig untersucht. Deshalb beschäftigt sich die Gruppe unter anderem mit der Definition von Circular Economy-Strategien und dem Transfer der Theorie in die Praxis. Die Umsetzung in Unternehmen und Gesellschaft ist mit großen Herausforderungen auf vielen Ebenen verbunden, weshalb die Wissenschaft genau dort ansetzt.

Gut zu wissen: Circular Economy
Gut zu wissen: R-Prinzipien
Vorgehensweise der Forschungsgruppe

Das InCamS@BI-Team Zirkuläre Wertschöpfung besteht aus zwei Arbeitsgruppen, die sich zum einen mit dem Energiesystem der Zukunft und zum anderen mit Photovoltaik und Leuchten beschäftigen.

Energiesystem der Zukunft

Die Energiewende ist ein elementarer Baustein auf dem Weg zum Erreichen der Klimaziele. Die Integration erneuerbarer Energien und auch neue Arten der Sektorenkopplung – wie zum Beispiel Wärmepumpen, Speicher, Power-to-Gas oder Elektrofahrzeuge – stellen das elektrische Netz jedoch vor herausfordernde Aufgaben. Ein Ausbau der elektrischen Energieversorgungsinfrastrukturen ist notwendig. Doch das ist sehr materialintensiv: Kupfer und Aluminium sind Beispiele für Leitermaterialien. Aber auch Keramik und Kunststoffe werden eingesetzt sowie spezielle Gase als Isolatoren. Gleichzeitig benötigen wir mehr Intelligenz im Netz. Prognosen, also Vorhersagen, spielen eine zentrale Rolle dabei, den Verbrauch bestmöglich an die Erzeugung anzupassen und den Anteil der erneuerbaren Energien zu maximieren. Damit wird auch die Gewährleistung eines sicheren und zuverlässigen Netzbetriebs zunehmend komplexer.

Seit 2018 forscht die Arbeitsgruppe Netze und Energiesysteme (AGNES) an Herangehensweisen und technischen Lösungen zur Beobachtung, Steuerung und Netzführung elektrischer Systeme. Das Team beschäftigt sich mit Fragen wie: Wie können regenerative Energien in das elektrische Netz integriert werden, um den Anteil an erneuerbaren Energien im Strom zum Beispiel bei Industrieunternehmen zu erhöhen und gleichzeitig Lastspitzen zu reduzieren?

Die Forschung hat einen starken Anwendungsbezug: Die Projekte der Arbeitsgruppe werden häufig mit Unternehmen aus der Region Ostwestfalen-Lippe durchgeführt. Die Vorgehensweise der Forscher:innen: Zunächst wird das Problem gemeinsam mit dem Praxispartner definiert und ein Lösungsansatz besprochen. Um diesen Ansatz überprüfen und optimieren zu können, wird anschließend das betrachtete System – meist ein Netzabschnitt oder ein Unternehmensanschluss – simuliert und anhand der Simulation überprüft, ob die Steuerung die erwarteten Ergebnisse erzielt. Danach validieren die Wissenschaftler:innen ihre Ergebnisse mit realen Testkomponenten im Labor. Ist diese Validierung erfolgreich, folgt die Überprüfung im Feld, bei der die Interaktion mit „echten“ Nutzer:innen final getestet wird. Erfolgreiche Feldtests haben zum Beispiel im Rahmen der Projekte KI-Grid und Power2 Load stattgefunden: Hier entwickelten das Team KI-Systeme zur Steuerung von Ladesäulen für E-Autos und E-Unternehmensflotten.

Photovoltaik und Leuchten

Hinter den Kulissen im Photovoltaik-Labor

Forschende vor einem Berg aus nicht mehr genutzten PV anlagen beim Recycler
Bei herkömmlichen Photovoltaik-Modulen auf Siliziumbasis ist der Materialverbund das Hauptproblem. Der Alu-Rahmen kann gut getrennt und recycelt werden. Das Glas ist aber mit Folie und Silizium verklebt. Das Ganze ist äußerst schwer zu trennen und es gibt zurzeit noch keinen Prozess im industriellen Maßstab, der hochwertigstes Glas daraus zurückgewinnen kann.

Elektronische Komponenten wie Photovoltaikanlagen oder Leuchten sind die Expertise der Gruppe Smart Light. Die Wissenschaftler:innen entwickeln effiziente und zirkuläre Beleuchtungssysteme und untersuchen die Optimierung von Effizienz und Nachhaltigkeit in der Photovoltaik-Industrie. Sobald es in die Entwicklung von nachhaltigen Produkten und Prozessen geht, sind Simulationen und der Aufbau und Test von Demonstratoren elementar für die Forschung. So können beispielsweise PV-Anlagen simuliert oder Leuchten-Prototypen gebaut und analysiert werden. In ihrer Arbeit untersucht Katharina Schnatmann aktuell das Wiederverwendungspotenzial von Photovoltaik-Modulen und entwickelt und evaluiert kreisläuffähige PV-Module. Ihr Schwerpunkt ist dabei die zirkuläre kristalline Photovoltaik. Auch eine ungiftige und wiederverwendbare Solarzelle und zirkuläre Geschäftsmodelle im Sinne einer Circular Economy hat das Team schon hinsichtlich der R-Strategien Remanufacturing und Recycling untersucht.

Was die Forscher:innen schon erreicht haben: In immer mehr Forschungsprojekten wird Circular Economy mitgedacht. Die Gruppe hat unter anderem eine modular aufgebaute Leuchte für einen Milchviehstall entwickelt. Außerdem steht die zirkuläre Wertschöpfung in zahlreichen anderen Forschungsvorhaben im Fokus. Dabei rückt besonders das Design von zirkulären Produkten in den Fokus. In diesem Zusammenhang unerlässlich: die sogenannten R-Prinzipien, die dabei helfen, Produkte nachhaltiger zu gestalten.

#Einblicke: Das Photovoltaik-Labor

Woran die Forscher:innen im PV-Labor arbeiten, erklärt Katharina Schnatmann.

Forschungsschwerpunkte

  • Circular Economy: Übertragung des Konzepts der Circular Econonomy in die Praxis, Sensibilisierung von Unternhemen, Analyse (elektrotechnischer) Produkte hinsichtlich Zirkularität
  • Photovoltaik: Anlagenoptimierung, Reuse von Photovoltaikmodulen, Redesign von Photovoltaikmodulen - Entwicklung zirkulärer Zellen und Module; Agri-PV
  • Elektrische Netze: Integration von Arten der Sektorenkopplung (wie bspw. Elektrofahrzeugen) und erneuerbaren Energieanlagen in das elektrische Netz, Einbindung intelligenter Netz- und Messtechnik, Verwendung von KI-basierten Systemen für den Netzbetrieb
  • Brennstoffzellensysteme: Betrieb von stationären Brennstoffzellen und die Integration ins elektrische Netz
  • Lichttechnik: Entwicklung effizienter, reparierbarer und zirkulärer Beleuchtungssysteme
Mellina Gurcke und Heike Wulf
© K. Starodubskij/HSBI

Labore und Ausstattung

Die exakte aktuelle Ausstattung der Labore finden Sie auf deren jeweiligen Webseiten - bitte klicken Sie auf den Namen des Labors, über das Sie mehr erfahren möchten.

Photovoltaiklabor

Hier arbeiten wir mit PV-Laborversuchsständen, verschiedene Photovoltaikanlagen (u.a. Second-Life-Module), einem Simulationsprogramm und vielem mehr.

Lichtlabor

Im Lichtlabor stehen uns unter anderem ein Nahfeld-Goriometer, Spektrometer, Photometer, diverse Leuchtdichtemessinstrumente und eine Integrationskugel zur Verfügung.

Smart Energy Application Laboratory

Im SEAp-Labor gibt es einen Batterieenergiespeicher, einen Elektrofahrzeug-Simulator und einenHardware in the Loop Netzsimulator.

Brennstoffzellen-Kraft-Wärme-Kopplungsanlage

Angebote im Rahmen von InCamS@BI

Die Forschungsgruppe arbeitet an folgenden Angeboten im Rahmen des Transferprojekts InCamS@BI mit:

  • Technology Check für Unternehmen
  • Toolboxen (insbesondere die Toolbox Circular Economy)
  • Veranstaltungen: Expert Panels, Barcamps, Makeathons, offene Formate wie die Science Bench
  • Bearbeitung von projektspezifischen Fragestellungen
Heike Wulf auf der Science Bench
Bei der Science Bench konnten Bürger:innen mit Heike Wulf über das Thema Plastik ins Gespräch kommen und Fragen zur zirkulären Wertschöpfung von Kunststoffen stellen. © S. Jonek/HSBI
Fragen

Die Kolleg:innen aus der InCamS@BI-Forschungsgruppe Zirkuläre Wertschöpfung sind die richtigen Ansprechpartner:innen, wenn es um folgende Fragen geht:

  • Was versteht man unter Circular Economy?
  • Welche Ansatzpunkte gibt es im Unternehmen für die Umsetzung einer Circular Economy bzw. was sind die Herausforderungen?
  • Wie lässt sich das Energiekonzept eines Unternehmens hinsichtlich Regenerativer Energien optimieren?
  • Wie lässt sich der Energiekreislauf im Sinne der Circular Economy in Unternehmen umsetzen?
  • Wie können elektrotechnische Komponeten zirkulär entwickelt werden?
  • Wie kann das Geschäftsmodell eines Unternehmens angepasst werden, um ein zirkuläres Konzept zu ermöglichen?

Das Team

Die Kontaktdaten der InCamS@BI-Forschungsgruppe finden Sie hier: Team Zirkuläre Wertschöpfung.

Prof. Dr. Jens Haubrock
Prof. Dr. Jörn Loviscach
Prof. Dr. Eva Schwenzfeier-Hellkamp
Melina Gurcke

Katharina Schnatmann

Heike Wulf