07.10.2022

Auftakttreffen der Austauschplattform Zirkuläre B2B Elektronik an der FH Bielefeld

Michael Kemkes, Prof. Dr. Ingeborg Schramm-Wölk, Ulrike Künnemann, Prof. Dr.-Ing. Eva Schwenzfeier-Hellkamp und Cornelius Laaser im Gebäude der FH Bielefeld
v.l.n.r.: Michael Kemkes, InnoZent OWL e.V., Prof. Dr. Ingeborg Schramm-Wölk, Präsidentin der FH Bielefeld, Ulrike Künnemann, InnoZent OWL e.V., Prof. Dr.-Ing. Eva Schwenzfeier-Hellkamp, FH Bielefeld, Cornelius Laaser, Ministerien für Umwelt, Naturschutz und Verkehr des Landes NRW. © S. Jonek/FH Bielefeld
Die Teilnehmer sitzen in einer Besprechung
Auftakttreffen der Austauschplattform Zirkuläre B2B Elektronik. © S. Jonek/FH Bielefeld
Michael Kemkes spricht auf der Veranstaltung
Auftakttreffen der Austauschplattform Zirkuläre B2B Elektronik. © S. Jonek/FH Bielefeld
Eine Führung zwischen den Photovoltaik-Modulen der FH Bielefeld
Auftakttreffen der Austauschplattform Zirkuläre B2B Elektronik. © S. Jonek/FH Bielefeld
an einer Wand werden Arbeitsmaterialien aus bunten Post-it angebracht
Auftakttreffen der Austauschplattform Zirkuläre B2B Elektronik. © S. Jonek/FH Bielefeld
Am 5. September trafen sich erstmals die Teilnehmenden der neu initiierten Austauschplattform für zirkuläre Business2Business Elektronik an der FH Bielefeld. Die Austauschplattform ist eine Initiative von InnoZent OWL e.V., der FH Bielefeld und den Ministerien für Umwelt, Naturschutz und Verkehr sowie für Wirtschaft, Industrie, Klimaschutz und Energie des Landes Nordrhein-Westfalen. Gemeinsam berieten die Teilnehmenden, wie Elektronikkomponenten und deren Rohstoffe in Kreisläufe geführt werden können.

Bielefeld (fhb). Für einen großen Teil des weltweiten Müllberges ist mittlerweile Elektroschrott verantwortlich und er ist einer der am schnellsten wachsenden Fraktionen und gleichzeitig einer der umweltkritischsten. Die europäische Umweltbehörde hat berechnet, dass die Menge an Elektroschrott – jährlich nahezu 40 Millionen Tonnen – rund dreimal schneller wächst als jede andere Art von Hausmüll. Und nur 20 Prozent dieses Abfalls wird recycelt. Immer kürzere Produktzyklen und die Digitalisierung (Internet of Things) lassen die Anzahl der Elektrokomponenten und damit den Elektroschrottberg rasant anwachsen. Gleichzeitig stecken vielfältige Rohstoffe in den Elektroprodukten. Neben Edelmetallen wie Gold, Palladium und Silber spielen seltene und endliche Elemente eine immer wichtigere Rolle bei der Herstellung elektronischer Bauteile. Daher lohnt es sich und wird in Zukunft wahrscheinlich zwingend erforderlich, diese endlichen und knapper werdenden Rohstoffe in Kreisläufen zu halten.

Neu initiierte Austauschplattform

Eine Führung zwischen den Photovoltaik-Modulen der FH Bielefeld
Bei einer Führung wurden unter anderem Second Life Photovoltaik-Module vorgestellt.

Doch wie können Elektronikkomponenten und deren Rohstoffe tatsächlich in Kreisläufe geführt werden? Zu diesen Herausforderungen tauschten sich 25 Vertreterinnen und Vertreter von Elektronikherstellern, Entsorgern, Verbänden sowie Wissenschaft und Forschung im Rahmen einer neu initiierten Austauschplattform für zirkuläre Business2Business (B2B) Elektronik am 5. September 2022 in der Fachhochschule (FH) Bielefeld aus. Die Austauschplattform ist eine gemeinsame Initiative von InnoZent OWL e.V., der FH Bielefeld und den Ministerien für Umwelt, Naturschutz und Verkehr sowie für Wirtschaft, Industrie, Klimaschutz und Energie des Landes Nordrhein-Westfalen im Rahmen des Runden Tisches Zirkuläre Wertschöpfung NRW und CirQuality OWL.

Bei einer Führung im Vorfeld durch die Labore der Fachhochschule wurden Second Life Photovoltaik-Module und modulare nach dem Prinzip design for ease of maintenance and repair gestaltete LED Systeme vorgestellt, um erste Lösungsansätze aus der Forschung des Instituts für Technische Energie-Systeme (ITES) zu präsentieren.

Die Teilnehmer fertigen verschiedene Arbeitsmaterialien an
© S. Jonek/FH Bielefeld

Im Bereich Konsumelektronik gibt es bereits einige Initiativen wie beispielsweise die Circular Electronics Initiative oder The Electronics Program auf PACE, im Bereich der Industrieelektronik beziehungsweise der Business to Business (B2B) Elektronik sieht dies noch anders aus. Obwohl das Thema Elektronik eine große Rolle im Rahmen des Circular Economy Action Plans sowie in der erweiterten Ökodesign Verordnung für nachhaltige Produkte spielt, ist der Weg dorthin noch lang und mit vielen Stolperfallen versehen.

Transparenz durch Daten?

Eine wichtige Frage ist, wie Wert- und Schadstoffe in elektronischen Komponenten und Geräten transparent gemacht werden können. Abhilfe soll hier in Zukunft der Digitale Produktpass schaffen. Dessen genaue Gestaltung und Umsetzung ist jedoch in vielen Aspekten noch nicht hinreichend geklärt. Auf der anderen Seite gibt es bereits eine Vielzahl von Datenbanken wie zum Beispiel SCIP (Substances of Concern In articles as such or in complex objects / Products). Hier besteht aktuell noch Handlungsbedarf, denn trotz einer großen Datenfülle fehlen immer noch Daten, die wichtig für Entsorger und Recycler wären. Auf der anderen Seite führen die große Datenvielfalt und der enorme Bearbeitungsaufwand dazu, dass einige Hersteller dazu übergehen, die Inhaltsstoffe zugekaufter Bauteile und Materialien mit einer Röntgenspektralanalyse selbst zu untersuchen. Auf Entsorgerseite wurde darauf hingewiesen, dass zukünftig geplante Produkt- und Materialinformationen aktuell keine große Rolle spielen, da die Inhaltsstoffe über eigene Analysen durch Labore teilweise bekannt sind.

Recyclingrisiko langlebiger und verbauter Produkte

Die Teilnehmer sitzen an Tischen und hören einem Vortrag zu
25 Vertreterinnen und Vertreter von Elektronikherstellern, Entsorgern, Verbänden sowie Wissenschaft und Forschung nahmen am Auftakttreffen teil.

Eine besondere Problematik stellen langlebige Produkte dar. Inhaltsstoffe, die vor 10 bis 15 Jahren zugelassen waren, können nach heutigen Verordnungen zu Schadstoffen werden und nicht mehr recycelt werden. Dieses Risiko besteht gleichermaßen für die heutige Produktentwicklung – eine Lösung gibt es hierfür noch nicht. Während Hersteller an dieser Stelle für mehr Deregulierung des Stoffrechts plädieren, befürchten Entsorger eine Zunahme von Mischstoffen, die am Ende nur schwer recyclebar sind. Ein weiteres großes Problem stellen laut Entsorgern Geräte mit verbauten Akkus und Batterien dar, die nicht mehr entnehmbar beziehungsweise trennbar sind.

Weitere gesetzliche Hürden 

Weitere gesetzliche Hürden bestehen im Rahmen der bisherigen Abfallgesetzgebung (KrWG). So dürfen Produkte, die einmal die Abfalleigenschaft erhalten haben, nicht mehr ohne Weiteres in den Verkehr gebracht werden. Reparaturen oder Wiederaufarbeitung werden auf diese Weise verhindert. Auf der Wissenschafts- und Forschungsseite gibt es bislang zu wenige Informationen, wie Entwurfszielparameter zukünftig aussehen könnten. Wünschenswert wären weiterhin automatisierte Datenbanken und Tools, die nachhaltige Designs unterstützen.

Ein Blick in die Zukunft

Trotz all dieser teils derzeit nicht lösbar scheinenden Herausforderungen wurde während des Auftakttreffens deutlich, dass es wichtig ist, sich auf den Weg zu machen:

  • Hersteller haben ein großes Interesse daran, Partner für zukünftige Entwicklungen zu finden.
  • Auf die Entsorgungsbranche werden neue Anforderungen zukommen.
  • Der Gesetzgeber steht vor der Herausforderung, dass Landes-, Bundes- und EU-Recht aufeinander abgestimmt wird und Unternehmen neue Chancen eröffnet, statt sie zu blockieren.
  • Wissenschaft und Forschung kommt eine wichtige Rolle dabei zu, neue Materialien, Designverfahren und Geschäftsmodelle gemeinsam mit den beteiligten Partnern zu entwickeln und zu erforschen.

Vernetzung als Schlüssel zum Erfolg

Deutlich wurde im Rahmen des Treffens auch, dass der Schlüssel zum Erfolg, die Vernetzung aller Akteurinnen und Akteure ist: „Es ist gut, so viele unterschiedliche Perspektiven an den Tisch bekommen zu haben, um als Basis für nächste notwendige Schritte eine möglichst umfassende Anforderungsübersicht zu erhalten“, freuten sich Michael Kemkes und Ulrike Künnemann von InnoZent OWL sowie Prof. Dr. Eva Schwenzfeier-Hellkamp von der FH Bielefeld.

Verschiedene Gesprächssituationen auf der Veranstaltung
© S. Jonek/FH Bielefeld

Auch Cornelius Laaser vom Ministerium für Umwelt, Naturschutz und Verkehr des Landes Nordrhein-Westfalen bilanzierte: „Es zeigt sich immer wieder, dass die Vernetzung und ein gegenseitiges Verständnis aller Akteurinnen und Akteure ein Schlüsselelement zur Etablierung und Umsetzung der Circular Economy ist. Dazu war dieser Workshop ein hervorragender Auftakt.“

Das nächste Treffen, das sich insbesondere mit dem Design zirkulärer Elektronik befassen wird, ist für den 1. Dezember 2022 bei dem Unternehmen Weidmueller Interface GmbH & Co. KG in Detmold geplant.

Weitere Informationen

Zielsetzung der Austauschplattform zirkuläre B2B Elektronik ist es,

  1. die relevanten Akteursgruppen für den Bereich zirkuläre B2B Elektronik auf NRW-Ebene zu identifizieren, anzusprechen, ihre Themen sichtbar zu machen und sie zu vernetzen,
  2. zukünftige politische und gesetzliche Herausforderungen mit Blick auf die Circular Economy im industriellen Elektronikbereich zu identifizieren und zu „übersetzen“,
  3. Förder- und Beratungsmöglichkeiten transparent zu machen,
  4. sinnvolle nächste Schritte für und mit den betroffenen Partnern zu identifizieren sowie
  5. einen Aktionsplan für zirkuläre B2B Elektronik in NRW zu erarbeiten.

Die Austauschplattform ist eine gemeinsame Initiative von InnoZent OWL e.V., der Fachhochschule Bielefeld und den Ministerien für Umwelt, Naturschutz und Verkehr sowie für Wirtschaft, Industrie, Klimaschutz und Energie des Landes Nordrhein-Westfalen im Rahmen des Runden Tisches Zirkuläre Wertschöpfung NRW und CirQuality OWL. Das Vorhaben Cirquality OWL wird aus Mitteln des Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) sowie vom Land NRW gefördert.

Ansprechpartnerin: Ulrike Künnemann (ukuennemann@innozentowl.de)

Für weiteres Bildmaterial können Sie sich gerne an presse@fh-bielefeld.de wenden.