Die InCamS@BI-Forschungsgruppe Zirkuläre Wertschöpfung besteht aus einem interdisziplinären Team aus Ingenieur:innen, die schwerpunktmäßig aus den Bereichen Elektrotechnik, Regenerative Energien und Umweltwissenschaften kommen. Das Team ist am Institut für Technische Energie-Systeme (ITES) der HSBI angesiedelt. Die Kernkompetenz der Forschungsgruppe liegt in der Analyse von Produkten und Prozessen auf Grundlage des Konzepts der Circular Economy und in der Optimierung von Energiesystemen in Hinblick auf erneuerbare Energien und zirkuläre Wertschöpfung.
Circular Economy: von der Theorie in die Anwendung
Circular Economy ist bereits seit einigen Jahren Forschungsgegenstand der Wissenschaftler:innen am ITES. Das Forschungsfeld „Zirkuläre Wertschöpfung“ ist sehr komplex und bislang nur wenig untersucht. Deshalb beschäftigt sich die Gruppe unter anderem mit der Definition von Circular Economy-Strategien und dem Transfer der Theorie in die Praxis. Die Umsetzung in Unternehmen und Gesellschaft ist mit großen Herausforderungen auf vielen Ebenen verbunden, weshalb die Wissenschaft genau dort ansetzt.
Gut zu wissen: Circular Economy
Zirkuläre Wertschöpfung, Kreislaufwirtschaft und Circular Economy sind im Grunde genommen Synonyme, die alle dasselbe Ziel haben: gesunde, schadstofffreie Produkte, die in Kreisläufen geführt werden können. Das bedeutet: Bereits bei der Entwicklung der Produkte, beim Design, der Materialauswahl, im Produktionsprozess, während der Verwendung und schließlich natürlich am Ende des Lebenszyklus muss die Kreislaufführung berücksichtigt werden. Es kommt also darauf an, vom Produkt her zu denken, nicht vom „Abfall“. Bei der zirkulären Wertschöpfung handelt es sich um ein wirtschaftliches System, das auf einem ganzheitlichen und regenerativen Denken aufbaut. Mehr Informationen dazu gibt es beim ITES im Themenbereich Zirkuläre Wertschöpfung.
Gut zu wissen: R-Prinzipien
Die sogenannten R-Prinzipien sind Maßnahmen, die Unternehmen dabei helfen können, ihre Produkte und somit ihre Wertschöpfungskette zirkulär und damit nachhaltig zu gestalten. Sie dienen als Bindeglied zwischen der Theorie und der Umsetzung von Circular Economy. Sie lauten Refuse (Verzicht), Rethink (Überdenken), Reduce (Reduktion), Replace (Ersatz), Reuse (Wiederverwendung), Repair (Reparatur), Refurbish (Instandsetzung), Remanufacture (Aufarbeitung), Repurpose (Umnutzung), Recycle (Recycling) und Recover (energetische Verwertung).
Vorgehensweise der Forschungsgruppe
Schritt eins: Die Arbeit für die Forschungsgruppe beginnt bei der Sensibilisierung von Unternehmen. Das Team hält Vorträge, bringt sich in Expert:innen-Runden ein, macht Unternehmensbesuche und vieles mehr. Das Ziel: Die Region Ostwestfalen-Lippe auf das Konzept der Circular Economy hinzuweisen, es zu erklären und Vorteile aufzuzeigen.
CirQuality OWL (plus)
Erfolgreiches Projekt: Unter der Leitung von Prof. Eva Schwenzfeier-Hellkamp konnte das Team im Projekt CirQuality OWL die Region Ostwestfalen-Lippe für Circular Economy sensibilisieren. Im Anschlussprojekt CirQuality OWL plus wird die Arbeit weitergeführt. In dem Kontext ist es Aufgabe der HSBI, das Personal aus Unternehmen und Hochschulen zu qualifizieren. Weitere Informationen: https://www.cirqualityowl.de/
Schritt zwei: Die Wissenschaftler:innen analysieren Unternehmen und deren Produkte hinsichtlich ihrer Zirkularität und damit einhergehend ihrer Nachhaltigkeit. Forschung im Bereich Circular Economy beruht in vielen Fällen auf der Analyse des Ist-Zustands. Daten zu Produkten und Prozessen werden gesammelt und mit verschiedenen Methoden bewertet. Im Fokus steht hierbei der in der Forschungsgruppe entwickelte TechCheck, bei dem Wertverlustpunkte in der Wertschöpfungskette identifiziert und gemeinsam Lösungsansätze entwickelt werden. Darüber hinaus können auch Ergebnisse beispielsweise einer CO2-Bilanzierung ausgewertet werden. Aus einer solchen Untersuchung können anschließend Ansätze für ein zirkuläres Produktdesign abgeleitet werden. Der Schwerpunkt liegt dabei vor allem auf Strategien zur Verlängerung der Nutzungsdauer und dem Reduce-Ansatz. Wenn es noch keine Bewertungsmethoden für spezifische Fragen gibt, können mithilfe von Laborversuchen Daten gesammelt und bei Bedarf eine Methodik entwickelt werden. Die Forschungsgruppe kann beispielsweise zahlreiche elektrische Kenndaten erfassen oder Aufbauanalysen im Sinn des Revers Engineering durchführen. Alle Ansätze sind vielschichtig und interdisziplinär angelegt.
Schritt drei: Unternehmen werden dabei unterstützt, einen sinnvollen Lösungsansatz mit Mehrwert zu finden. Dabei wird zum einen die Komplexität des Konzeptes der zirkulären Wertschöpfung vermittelt, also der ganzheitliche Zusammenhang zwischen Produkten und Geschäftsmodellen. Gleichzeitig wird zusammen mit dem Unternehmen ein Fokus gesetzt, sodass ein zielbringender Ansatz forciert wird. Ergebnisse können beispielsweise QuickWins sein, also Ideen, die schnell und unkompliziert umgesetzt werden können. Darüber hinaus werden Ansätze und ein Verständnis für die Erarbeitung langfristiger Lösungen wie neue Geschäftsmodelle oder eine Optimierung der Wertschöpfungskette vermittelt. Der Aufwand lohnt sich: Wenn die Umsetzung der Circular Economy-Strategien gelingt, resultiert dies in vielen ökologischen, ökonomischen und sozialen Mehrwerten. Dazu gehören die Bindung von CO2, die Steigerung der Innovationsfähigkeit und eine höhere Lebensqualität.
Das ITES wirkt außerdem an zahlreichen Arbeitskreisen zur Entwicklung von Circular Economy-Ansätzen mit. Ein Beispiel: Die Etablierung der Austauschplattform „Zirkuläre B2B-Elektronik“. Hinzu kommt die Mitarbeit bei der Entwicklung von Normen: Mitglieder des ITES waren beispielsweise an der Entwicklung der „Normungsroadmap Circular Economy“ beteiligt. Und auch in der Lehre spielt die zirkuläre Wertschöpfung eine große Rolle. Dabei stehen immer praxisnahe Lösungen im Fokus.
Das InCamS@BI-Team Zirkuläre Wertschöpfung besteht aus zwei Arbeitsgruppen, die sich zum einen mit dem Energiesystem der Zukunft und zum anderen mit Photovoltaik und Leuchten beschäftigen.
Energiesystem der Zukunft
Die Energiewende ist ein elementarer Baustein auf dem Weg zum Erreichen der Klimaziele. Die Integration erneuerbarer Energien und auch neue Arten der Sektorenkopplung – wie zum Beispiel Wärmepumpen, Speicher, Power-to-Gas oder Elektrofahrzeuge – stellen das elektrische Netz jedoch vor herausfordernde Aufgaben. Ein Ausbau der elektrischen Energieversorgungsinfrastrukturen ist notwendig. Doch das ist sehr materialintensiv: Kupfer und Aluminium sind Beispiele für Leitermaterialien. Aber auch Keramik und Kunststoffe werden eingesetzt sowie spezielle Gase als Isolatoren. Gleichzeitig benötigen wir mehr Intelligenz im Netz. Prognosen, also Vorhersagen, spielen eine zentrale Rolle dabei, den Verbrauch bestmöglich an die Erzeugung anzupassen und den Anteil der erneuerbaren Energien zu maximieren. Damit wird auch die Gewährleistung eines sicheren und zuverlässigen Netzbetriebs zunehmend komplexer.
Seit 2018 forscht die Arbeitsgruppe Netze und Energiesysteme (AGNES) an Herangehensweisen und technischen Lösungen zur Beobachtung, Steuerung und Netzführung elektrischer Systeme. Das Team beschäftigt sich mit Fragen wie: Wie können regenerative Energien in das elektrische Netz integriert werden, um den Anteil an erneuerbaren Energien im Strom zum Beispiel bei Industrieunternehmen zu erhöhen und gleichzeitig Lastspitzen zu reduzieren?
Die Forschung hat einen starken Anwendungsbezug: Die Projekte der Arbeitsgruppe werden häufig mit Unternehmen aus der Region Ostwestfalen-Lippe durchgeführt. Die Vorgehensweise der Forscher:innen: Zunächst wird das Problem gemeinsam mit dem Praxispartner definiert und ein Lösungsansatz besprochen. Um diesen Ansatz überprüfen und optimieren zu können, wird anschließend das betrachtete System – meist ein Netzabschnitt oder ein Unternehmensanschluss – simuliert und anhand der Simulation überprüft, ob die Steuerung die erwarteten Ergebnisse erzielt. Danach validieren die Wissenschaftler:innen ihre Ergebnisse mit realen Testkomponenten im Labor. Ist diese Validierung erfolgreich, folgt die Überprüfung im Feld, bei der die Interaktion mit „echten“ Nutzer:innen final getestet wird. Erfolgreiche Feldtests haben zum Beispiel im Rahmen der Projekte KI-Grid und Power2 Load stattgefunden: Hier entwickelten das Team KI-Systeme zur Steuerung von Ladesäulen für E-Autos und E-Unternehmensflotten.
Photovoltaik und Leuchten
Hinter den Kulissen im Photovoltaik-Labor
Elektronische Komponenten wie Photovoltaikanlagen oder Leuchten sind die Expertise der Gruppe Smart Light. Die Wissenschaftler:innen entwickeln effiziente und zirkuläre Beleuchtungssysteme und untersuchen die Optimierung von Effizienz und Nachhaltigkeit in der Photovoltaik-Industrie. Sobald es in die Entwicklung von nachhaltigen Produkten und Prozessen geht, sind Simulationen und der Aufbau und Test von Demonstratoren elementar für die Forschung. So können beispielsweise PV-Anlagen simuliert oder Leuchten-Prototypen gebaut und analysiert werden. In ihrer Arbeit untersucht Katharina Schnatmann aktuell das Wiederverwendungspotenzial von Photovoltaik-Modulen und entwickelt und evaluiert kreisläuffähige PV-Module. Ihr Schwerpunkt ist dabei die zirkuläre kristalline Photovoltaik. Auch eine ungiftige und wiederverwendbare Solarzelle und zirkuläre Geschäftsmodelle im Sinne einer Circular Economy hat das Team schon hinsichtlich der R-Strategien Remanufacturing und Recycling untersucht.
Was die Forscher:innen schon erreicht haben: In immer mehr Forschungsprojekten wird Circular Economy mitgedacht. Die Gruppe hat unter anderem eine modular aufgebaute Leuchte für einen Milchviehstall entwickelt. Außerdem steht die zirkuläre Wertschöpfung in zahlreichen anderen Forschungsvorhaben im Fokus. Dabei rückt besonders das Design von zirkulären Produkten in den Fokus. In diesem Zusammenhang unerlässlich: die sogenannten R-Prinzipien, die dabei helfen, Produkte nachhaltiger zu gestalten.
#Einblicke: Das Photovoltaik-Labor
Woran die Forscher:innen im PV-Labor arbeiten, erklärt Katharina Schnatmann.
Forschungsschwerpunkte
Circular Economy: Übertragung des Konzepts der Circular Econonomy in die Praxis, Sensibilisierung von Unternhemen, Analyse (elektrotechnischer) Produkte hinsichtlich Zirkularität
Photovoltaik: Anlagenoptimierung, Reuse von Photovoltaikmodulen, Redesign von Photovoltaikmodulen - Entwicklung zirkulärer Zellen und Module; Agri-PV
Elektrische Netze: Integration von Arten der Sektorenkopplung (wie bspw. Elektrofahrzeugen) und erneuerbaren Energieanlagen in das elektrische Netz, Einbindung intelligenter Netz- und Messtechnik, Verwendung von KI-basierten Systemen für den Netzbetrieb
Brennstoffzellensysteme: Betrieb von stationären Brennstoffzellen und die Integration ins elektrische Netz
Lichttechnik: Entwicklung effizienter, reparierbarer und zirkulärer Beleuchtungssysteme
Labore und Ausstattung
Die exakte aktuelle Ausstattung der Labore finden Sie auf deren jeweiligen Webseiten - bitte klicken Sie auf den Namen des Labors, über das Sie mehr erfahren möchten.
Im Lichtlabor stehen uns unter anderem ein Nahfeld-Goriometer, Spektrometer, Photometer, diverse Leuchtdichtemessinstrumente und eine Integrationskugel zur Verfügung.
Industrieerfahrung Fa. Phoenix Contact GmbH in Blomberg im Bereich Elektromechanik
Promotion zum Dr.-Ing. an der Otto-von-Guericke Universität Magdeburg zum Thema Brennstoffzellen
Industrieerfahrung Fa. DUtrain GmbH in Duisburg im Bereich Simulation von Energieübertragungsnetze und -verteilnetze. Netzwiederaufbaukonzepte nach Großstörungen (Black-Outs)
Seit Wintersemester 2010/11 Professor an der Hochschule Bielefeld
Expertise
Fachwissen im Bereich Regenerative Energiesysteme, insbesodere zellularer Energiesysteme
Fachwissen im Bereich Betriebsführung elektrischer Netze
Fachwissen im Bereich der Brennstoffzellentechnologie
Forschungsschwerpunkte
Entwicklung technischer Lösungen zur Beobachtung, Steuerung und Netzführung elektrischer Netze
Integration von Elektrofahrzeugen und erneuerbaren Energieanlagen in das elektrische Netz
Einbindung intelligenter Netz- und Messtechnik
Verwendung von KI-basierten Systemen für den Netzbetrieb
Promotion zur Dr.-Ing. an der Universität Paderborn
Industrieerfahrung in den Unternehmen Ericsson Eurolab in Nürnberg, Siemens Medical Solutions in Erlangen und TÜV Nord Gruppe, Bereich Energie und Systeme, in Hannover
Industrieerfahrung von der Forschung über die Produktentwicklung bis hin zu Gutachtertätigkeit
Seit 2008 Professorin an der Hochschule Bielefeld
Expertise
Fachwissen im Bereich der Circular Economy (Theorie, Methodik und Umsetzung in Unternehmen)
Fachwissen im Bereich der Photovoltaik, u.a. Agri-Photovoltaik
Fachwissen im Bereich der Effizienten Lichttechnik mit Expertise der Umsetzung zirkulärer Ansätze im Demonstratoraufbau von LED-Leuchten und Erprobung im Feld
Hochschulübergreifende Erfahrung in interdiziplinärer Zusammenarbeit, z.B. mit Ethologen, Biologen
Forschungsschwerpunkte
Etablierung von Circular Economy in der Region OWL (Projekte: CirQualityOWL und CirQualityOWL plus)
Circular Economy in der Photovoltaik
Intelligente Beleuchtungssysteme in den Bereichen Tierhaltung, Stadtinfrastruktur und Sicherheit
Bachelorstudium Regenerative Energien an der HSBI (2017-2021)
Masterstudium Elektrotechnik an der HSBI (2021-2022)
Wissenschaftliche Mitarbeiterin an der HSBI im Projekt InCamS@BI (seit 2023)
Expertise
Interdisziplinäres technisches Fachwissen mit Schwerpunkt in den Bereichen Regenerative Energie und Elektrotechnik, aber auch im Bereich Chemie u.a. mit Bezug zu Kunststoffen
Fachwissen im Bereich Circular Economy (Theorie und Methodik)
Strukturierte Analyse von Sachverhalten und Problemstellungen
Forschungsschwerpunkte
Übertragung der Circular Econonomy Theorie in die Praxis