25 Jahre Wiedereröffnung des Bielefelder Bauernhausmuseums
Bei bestem Wetter und mit regem Treiben zeigte sich das Bielefelder Bauernhausmuseum am 28. August zum Tag der offenen Tür von seiner besten Seite. Das Datum war dabei nicht zufällig gewählt. Die Wiedereröffnung des Museums nach einem verheerenden Brand jährte sich an diesem Tag zum 25. Mal. Das Bauernhausmuseum Bielefeld widmet sich seit 1917 dem ländlichen Leben um 1850. Wie sah das Leben vor über 150 Jahren aus? Mit welchen Herausforderungen hatten es die Menschen in ihrem Alltag zu tun? Dass diese und andere Fragen nach dem Brand im Jahr 1995 weiterhin im Bauernhausmuseum beantwortet werden können, sei den zahlreichen Unterstützer:innen zu verdanken: „Das, was wir heute feiern, ist eine Erfolgsgeschichte der Zusammenarbeit“, fasst Franz Schaible, ehemaliger Vorsitzender der Stiftung Solidarität, die Ereignisse der vergangenen Jahrzehnte zusammen. Das heutige Erscheinungsbild des ältesten Freilichtmuseums Deutschlands sei das Ergebnis des unermüdlichen Einsatzes von Ehrenamtlichen, Vereinen, Stiftungen und dem Eingang regelmäßiger Spenden. Einer dieser Unterstützer war der kürzlich verstorbene ehrenamtlich vielfältig engagierte Bielefelder Eberhard Delius, dessen Einsatz für das Museum die heutige Geschäftsführerin Martina Kellner in ihrer Eröffnungsrede würdigte.
Am 28. August 1999 wurde das Museum zum zweiten Mal eingeweiht. Museumsleiter Dr. Lutz Volmer berichtete, dass seither rund 650.000 Gäste das Museum besucht und nahezu 12.000 Veranstaltungen stattgefunden haben. „Das Bauernhausmuseum ist ein Ort der Bildung, Begegnung und Kultur. Es ist ein Schatz, den es zu hüten gilt“, brachte es Bürgermeisterin Karin Schrader auf den Punkt.
Ein Museum für alle Generationen
„Wir möchten auch neue Generationen ansprechen und dabei die Geschichte um 1850 nicht außer Acht lassen. Damit uns das gelingt, haben wir uns Unterstützung von eben dieser neuen Generation geholt“, formulierte Martina Kellner und schlug damit den Bogen zu einem der aktuellen Studierendenprojekte der Hochschule Bielefeld. „Die Wissenschaft in Bielefeld ist gewachsen und das sollte sich auch an einem kulturträchtigen Ort wie diesem widerspiegeln“, begrüßt Prof. Dr. Andreas Beaugrand, Mitglied der Gesellschafterversammlung und neuer Vorsitzender der Stiftung Solidarität die Gäste, die sich „…an diesem wohl schönsten Ort Bielefelds“ eingefunden haben. Er als Kulturwissenschaftler sei stolz, die Präsidentin der Hochschule Bielefeld, seiner Wirkungsstätte, begrüßen zu können. Damit übergab er das Wort an Professorin Ingeborg Schramm-Wölk: „Dieser Ort hält über Generationen hinweg eine besondere Stimmung für seine Besucher:innen bereit. Als Hochschule für angewandte Wissenschaft ist es wichtig für uns, dass wir, wie hier geschehen, die Theorie in die Praxis bringen. Ich danke dem Kollegen Marc-Oliver Schierenberg, dass er den Staffelstab des Leonardo da Vinci-Projekts in die Zukunft trägt.“
Die HSBI stellt das Modell der Bockwindmühle vor
An dieser Stelle kommt das Projekt „Leonardo da Vinci Regional“ ins Spiel. „Offiziell startet dieses am 6. September mit der Eröffnung der Wissenswerkstadt“, verrät Prof. Dr. Marc Oliver Schierenberg, Projektleiter und Lehrender an der HSBI: „Wir möchten die Spuren von Leonardo da Vincis Erfindungen in der Region sichtbar machen. Dabei ist unser Motto: Begreifen durch Begreifen.“
Seit Beginn des Sommersemesters 2024 bearbeiteten fünf Studierende des Studiengangs Wirtschaftsingenieurwesen ein Projekt mit dem Ziel, die genialen Erfindungen Leonardos in Ostwestfalen/Lippe aufzuspüren. Welcher Ort eignet sich dafür besser als das geschichtsträchtige Gelände des Bielefelder Bauernhausmuseums? Erster Anhaltspunkt waren die Skizzen des Visionärs, in denen sich einige Windmühlen und Antriebselemente der in den Mühlen verwendeten Mahlsteine finden. Die Bockwindmühle auf dem Bielefelder Museumsgelände weist eine Vielzahl von Elementen auf, die auch in den Skizzen Da Vincis wiederzufinden sind. Neben den Antriebsrädern entdeckte die Projektgruppe eine Sperrklinke sowie Flaschenzüge zum Transport der Mehlsäcke.
Dank der Zusammenarbeit des Bielefelder Bauernhausmuseums mit dem Fachbereich Ingenieurwissenschaften und Mathematik wurde nun eine Verbindung zwischen dem Universalgelehrten Leonardo da Vinci und der Region Ostwestfalen Lippe geschaffen. Um die technischen Inhalte für Interessierte nachvollziehbar zu machen, hat es sich die Studierendengruppe zur Aufgabe gemacht, ein Mitmachmodell zu konstruieren und umzusetzen. Dies ist passend zum Tag der offenen Tür gelungen.
„Unsere Studierenden haben zwei Modelle der Mühle nachgebaut, die die Technik hinter der Mühle anschaulich erlebbar macht. Eines der Modelle wird im Bauernhausmuseum seinen Platz finden. Das Zweite in der Wissenswerkstadt“, weiß Schierenberg.
„Das Vorbild der großen Bockwindmühle vor Augen und die Zusammenarbeit mit dem Team des Bauernhausmuseum, das war schon toll“, erzählt Student Sascha Ansakov von der Projektarbeit. „Das theoretisch im Studium gelernte konnten wir hier wunderbar anwenden. Projektplanung mit externen Partnern von A bis Z. Wir mussten herausfinden, wer in unserer Gruppe welche Kompetenzen hat, die Deadlines im Blick behalten, handwerklich sorgfältig mit dem Material umgehen und gleichzeitig die Berechnungen der Übersetzung von Zahn- und Käfigrad im Blick behalten. Nach jedem Meilensteingespräch stellten sich uns neue Herausforderungen in den Weg, die es zu lösen galt. Umso schöner, dass das Ergebnis an so einem geschichtsträchtigen Tag wie heute vor uns steht und von den Besuchern genutzt wird “, ergänzt Kommilitone Niklas Köhne.
Blick in die Zukunft
„Mit einer handybasierten Schnitzeljagd mittels QR-Codes, basierend auf der Software Actionbound, möchten wir nicht nur junge Museumsgäste ansprechen. Der geplante Scan von den Innenräumen der Mühle sowie der anderen Einrichtungen macht das Museum barrierefrei. Die 4K Auflösung macht alle Details sichtbar. Wir planen die Umsetzung bis Ende September“, weiß Andreas Wollensak, Kurator der Da Vinci Ausstellung.
Für Besucher: innen, die den steilen und engen Aufstieg in der Mühle nicht bewältigen können, wird dessen Funktion am Mitmachmodell nachvollziehbar. Um die Barrierefreiheit weiter zu verbessern, wird zeitnah auch ein 3D-Scan der Innenräume der Mühle angefertigt, der dann auf dem eigenen Smartphone abgerufen werden kann.
„Auf diese Weise gelingt uns der Spagat, auf den ersten Blick ein historisches und auf den zweiten Blick gleichzeitig ein neues Museum zu sein“, resümiert Martina Kellner nach einer erfolgreichen Jubiläumsveranstaltung auf der Bielefelder Ochsenheide. (th)