Neue Erkenntnisse über die Bedeutung von Vielfalt für die Gestaltung der Digitalisierung
Am 30. Juni 2020 hat die Denkfabrik Digitalisierte Arbeitswelt zur Online-Veranstaltung „Digitalisierung braucht Vielfalt“ eingeladen. Die Veranstaltung fand im Rahmen des Projekts Diversity 4.0, einem Teilvorhaben des it’s OWL-Verbundprojekts AWARE statt. AWARE als Forschungs- und Transfervorhaben erforscht in insgesamt acht Teilprojekten die Gestaltung der Arbeitswelt der Zukunft in der Trilogie Mensch – Organisation – Technik. Neben technologischen Fragen rücken dabei der Mensch und die Transformation der Arbeit in den Fokus.
In dem einstündigen Format wurden die Ergebnisse einer Befragung (Teilnehmerzahl: 120) vorgestellt, die sich insbesondere an Unternehmen aus dem Raum OWL gerichtet hat. Neben Personaler(innen), Geschäftsführenden und Diversity-Verantwortlichen waren auch Führungskräfte gefragt, da sie als Führungspersonen eine besondere Rolle im Zuge der Gestaltung der Digitalisierung einnehmen.
Es gilt, die Beschäftigten aktiv einzubinden und ihre Fähigkeiten bewusst für den digitalen Wandel im Unternehmen zu nutzen. „Vielfalt und digitale Transformation gestalten sich nicht von selbst“, so die Projektleiterin, Prof. Dr. Swetlana Franken. Deshalb ist es von Bedeutung, Awareness, also ein Bewusstsein dafür zu schaffen, dass im Zuge der sich wandelnden Organisation alle Beschäftigten einen Beitrag zur digitalen Transformation leisten können. Können ist das Stichwort: Allzu häufig besteht eine Wahrnehmungslücke zwischen Beschäftigten und Führungskräften, wie die Ergebnisse der Befragung zeigen. Grundsätzlich besteht eine Zustimmung sowohl bei Fach- als auch bei Führungskräften. Dennoch unterscheiden sich die Aussagen im Durchschnitt. So denken Führungskräfte eher als Fachkräfte, dass die Organisationskultur von Fairness (3,39) und Wertschätzung geprägt ist (3,18) als die Beschäftigten (2,94 und 2,75). Gleichzeitig sind Fachkräfte eher davon überzeugt, dass Diversität ein wichtiger Erfolgsfaktor für die erfolgreiche Digitalisierung ist (3,09) als Führungskräfte (2,76). Eine solche Diskrepanz in der Wahrnehmung deckt sich auch mit den Erkenntnissen aus anderen Studien*.
Daher sollten diese Ergebnisse Anlass geben, das Thema Kultur verstärkt in den Fokus zu nehmen. Eine Kultur der Gleichstellung, die auch von allen Beschäftigten als solche erlebt wird, kann aber nur dann erreicht werden, wenn diese Lücke geschlossen wird und das Thema Kultur Führungspriorität erlangt.
Digitalisierung hat bei nahezu allen Unternehmen an Bedeutung gewonnen, was sich auch in den Ergebnissen der Befragung widerspiegelt. So stimmen 82,5% der Befragten zu, dass Digitalisierung strategisch im Unternehmen verankert ist und 86,5% stimmen zu, dass Geschäftsprozesse digitalisiert werden. Allerdings – gerade im Zusammenhang mit der Entwicklung neuer Produkte und neuer Geschäftsmodelle sinkt die Zustimmung auf drei Viertel und 63,9%.
Dabei wird unverkennbar, dass die digitalen Vorreiter auch diejenigen Unternehmen sind, die im Vergleich zum Durchschnitt Vielfalt in der Unternehmensstrategie verankert haben. Noch deutlicher wird der tendenzielle Zusammenhang mit Blick auf die Verankerung von Vielfalt in der Unternehmenskultur, hier teilen 69,4% der Befragten aus digitalen Vorreiter-Unternehmen mit, dass Vielfalt in der Unternehmenskultur gelebt werde. Die Ergebnisse sind ein Indikator dafür, dass Vielfalt und Digitalisierung positiv zusammenhängen und Anlass geben, Diversity und eine inklusive Unternehmenskultur im Rahmen der digitalen Transformation stärker zu verankern und strategisch zu berücksichtigen.
Aus den genannten Erkenntnissen – der Wahrnehmungslücke zwischen Fach- und Führungskräften und dem Zusammenhang von Digitalisierung und Vielfalt in Organisationsstrategie und -kultur – erschließen sich verschiedene Handlungsfelder, um die Digitalisierung besser gestalten zu können. Um die Beschäftigten aktiv einzubinden und ihre Potenziale zu nutzen, ist zunächst ein Bewusstsein für die Notwendigkeit von Vielfalt zu schaffen. Zudem ist eine Analyse der Beschäftigtenstruktur eine sinnvolle Ergänzung, um festzustellen, welche Gruppen innerhalb der Belegschaft über- oder unterrepräsentiert sind. So kann beispielsweise ermittelt werden, ob eine Belegschaft eher männlich geprägt ist, um schließlich mehr Frauen für das Unternehmen zu gewinnen. Denn Vielfalt entsteht durch verschiedene Sichtweisen, Kompetenzen, Hintergründe und Erfahrungen, die sowohl durch geschlechtliche Rollen, Nationalität, Alter als auch Berufs- und Lebenserfahrung geprägt werden.