29.10.2021

KI gegen Computerspiel

Studierende entwickeln am Campus Gütersloh eine künstliche Intelligenz für das Computerspiel StarCraft2.

Gütersloh (fhb). Deep Blue schlägt 1996 den amtierenden Weltmeister Kasparow im Schach, IBMs Watson gewinnt 2011 in „Jeopardy!“ gegen zwei Profis und Googles AlphaGo schlägt 2016 Lee Sedol, einen der weltbesten Go-Spieler. „Computerspiele stellen schon seit den Anfängen der Künstlichen Intelligenz (KI) eine spannende Herausforderung für die Entwicklung von Intelligenten Agenten dar“, erklärt Prof. Dr. Christian Schwede vom Campus Gütersloh der Fachhochschule (FH) Bielefeld. „Und genau da setzen wir mit unserer Forschung an.“ Gemeint ist das Projekt von Nico Rixe, Philip Scheidig und Viktor Görlitz, die es sich zum Ziel gesetzt haben, eine KI für das Echtzeitstrategiespiel „Starcraft2“ zu entwickeln.

Neuartiger Studiengang

Portrait von Prof. Dr. Christian Schwede.

Das Forschungsprojekt ist Teil des neuartigen, projektbasierten Forschungsmasters „Data Science“, in dessen Rahmen die Studierenden zu Data Scientists ausgebildet werden. „Data Science ist eine der wichtigsten Disziplinen des digitalen Zeitalters. Nahezu alle Objekte und Prozesse der physischen Welt werden nach und nach in der digitalen Welt abgebildet ­– Internet-der-Dinge, Industrie 4.0, Big Data und Soziale Medien sind nur einige von vielen Trends, die diesen Vorgang beschreiben“, berichtet Studiengangsleiter Prof. Dr. Schwede.

Die Studierenden bewerben sich vor Beginn des Studiums auf ein Forschungsprojekt und arbeiten an diesem in enger Betreuung durch ausgewiesene Expertinnen und Experten während des gesamten Masterstudiums. „So können sie erlerntes Grundlagenwissen direkt praktisch anwenden und verinnerlichen“, erläutert Schwede.

Den Alltag in die Forschung bringen

Das neuartige Studienmodell konnte auch bei Philip Scheidig punkten: „Ich habe mich für den Forschungsmaster entschieden, weil mich die Kombination von Praxisnähe und angewandter Forschung sehr interessiert. Außerdem finde ich das Feld Data Science spannend, da es sich sehr schnell weiterentwickelt und ein großes Potential bietet.“

Doch nicht nur der Studiengang, sondern auch das Projektthema konnte die drei Studenten begeistern. „Ich kannte das Spiel Starcraft2 bereits. Daher fiel mir dieses Projekt direkt ins Auge“, erzählt Görlitz, der zuvor Angewandte Mathematik an der FH Bielefeld studiert hat.

Student Nico Rixe arbeitet am Laptop.

„Videospiele bieten eine vollständig steuerbare Umgebung, welche direkt zur Forschung von neuen KI-Methoden verwendet werden kann. So konnte ich mich direkt auf die reine KI-Forschung fokussieren, die mich besonders interessiert“, ergänzt Scheidig.

Spielstrategien erkennen

Ein Laptop mit dem Spiel Starcraft2

Ziel des Projekts ist es, eine KI für das Computerspiel StarCraft2 zu entwickeln, welche dann anstelle eines Menschen das Spiel komplett spielen können soll. „Das Besondere daran ist, dass wir versuchen, Wissen in Form von Spielstrategien explizit darzustellen“, erläutert Rixe. „Gegenüber dem Black-Box Verhalten eines menschlichen Gehirns soll das den Vorteil haben, dass sich die Transparenz und Nachvollziehbarkeit der KI erhöht.“ Die Studenten wollen auf diese Weise erreichen, dass es leichter wird, die Schritte der KI nachzuvollziehen. „Allerdings nur für Eingeweihte und nicht für den Gegner, sonst wird es ja langweilig“, sagt Scheidig. „Außerdem können wir den KI-Agenten so auch besser überwachen, das ist insbesondere für andere Anwendungsgebiete außerhalb von Computerspielen relevant.“

Programmieren und experimentieren

Das Gesamtprojekt steckt noch in den Kinderschuhen: Die einzelnen Teilprojekte sind überwiegend in der Recherche- und Orientierungsphase. Sobald diese abgeschlossen ist, wollen die angehenden Data Scientists in die Entwicklungsphase übergehen. Hier werden verschiedene Ideen ausprobiert, um auf die Beantwortung der Forschungsfragen hinzuarbeiten. „Das heißt konkret: Viel programmieren und experimentieren“, erklärt Scheidig.

Erkenntnisse für autonomes Fahren

Zwei Studenten programmieren.

Die Methode des Projekts ist derzeit noch dadurch limitiert, dass sie versucht, eine festgelegte Menge an Strategien zu erkennen und nach diesen zu handeln, was die Anpassung an neue Situationen erschweren könnte. „Das heißt, wir könnten unsere Erkenntnisse auf Anwendungen wie autonomes Fahren oder Fliegen übertragen, wenn wir die Methode weiterentwickeln. Dabei ist insbesondere die erhöhte Transparenz interessant“, erklärt Rixe. Aber auch Robotersteuerungen oder die Entscheidungsunterstützung in Produktion und Logistik profitieren von den Erkenntnissen aus der Data Science. „Um unsere Methode anwenden zu können, ist jedoch eine Simulationsumgebung nötig, da viele Trainingsdaten generiert werden müssen.“ (bes)