Von ersten Entwurfsübungen bis zur umfassenden Bachelorarbeit, von filigranen Modellen bis zur Architekturtheorie: In der Ausstellung best of architecture zeigen Studierende die große Bandbreite des Architekturstudiums am Campus Minden der Fachhochschule Bielefeld. Die Arbeiten sind noch bis zum 10. November zu sehen.
Minden (fhb). Als die Studierenden nach ihrer Vorlesung aus dem Hörsaal treten, wundern sich einige: „Was ist denn hier los?“ Eine Traube Menschen drängt sich im Foyer des Hörsaalgebäudes auf dem Campus Minden der Fachhochschule (FH) Bielefeld um Stellwände, an denen auf großen Plakaten Entwürfe, Konstruktionspläne oder Zeichnungen von Gebäuden zu sehen sind. Modelle werden begutachtet, es wird erklärt, diskutiert, gefachsimpelt: Die Ausstellung „best of architecture“ wurde gerade eröffnet. Manche Studierende aus der Vorlesung nutzen die Gelegenheit und schauen sich gleich die Werke an.
Vielfalt des Architekturstudiums
Das ist genau im Sinn von Prof. Dipl.-Ing. Bettina Mons. „Wir wollen unseren Studierenden, insbesondere den neuen, die Möglichkeit geben, sich über die vielfältigen Inhalte, Arbeitsweisen, Themen und Herausforderungen des Architekturstudiums zu informieren“, erklärt die Studiengangsleiterin des Bachelorstudiengangs Architektur. „Die Werke können dabei auch eine Anregung sein für künftige Studienarbeiten.“ Zusammen mit ihren Kolleginnen und Kollegen Prof. Dipl.-Ing. Bettina Georg, Prof. Dipl.-Ing. Bernhard Niebuhr, Prof. Dipl.-Ing. Peter Sassenroth, Prof. Dipl.-Ing. Andreas Kopp und Prof. Dipl.-Ing. Georg Schönborn hat sie deshalb Arbeiten von Studierenden des vergangenen Semesters zusammengestellt. Weil derzeit wegen Umbauarbeiten in die Räumlichkeiten im Hauptgebäude am Campus Minden nicht zur Verfügung stehen, wird die Ausstellung jetzt erstmals im Foyer des Hörsaalgebäudes präsentiert. Bettina Mons freut sich, dass überhaupt wieder vor Ort etwas zu sehen ist. „Pandemiebedingt konnten wir in den vergangenen zwei Jahren keine Ausstellungen veranstalten. Aber Architektur ist ein visuelles Medium, eine digitale Präsentation allein reicht nicht.”
17 Arbeiten aus allen Semestern
26 Studierende des Bachelorstudiengangs Architektur und des Masterstudiengangs Integrales Bauen zeigen nun insgesamt 17 Arbeiten. „Die Auswahl aus den Studienarbeiten fiel sehr schwer, sie ist fast schon zufällig“, bekennt Andreas Kopp und spricht damit für alle Lehrenden. Wichtig war ihnen, dass Arbeiten aus allen Semestern vertreten sind, „damit man auch die Entwicklung der Kenntnisse und Fähigkeiten während des Studiums beobachten kann“, erklärt Bettina Mons.
Entwerfen: von den Grundlagen bis ins Detail
Die Entwicklung geht dabei offensichtlich schnell voran. Schon im 1. Semester lernten die Bachelorstudierenden im Modul Grundlagen des Entwerfens I, von einem natürlichen Objekt eine Gebäudestruktur abzuleiten und sie in eine schlichte, archaische Architektur für einen Ausstellungspavillon zu übersetzen. Im Folgemodul Grundlagen des Entwerfens II war es dann schon eine Baulücke am Bielefelder Oberntorwall, die zu schließen war. Und die Arbeiten aus dem Modul Baukonstruktion verdeutlichen, wie aus den Entwürfen echte Baupläne werden können. „Wir treiben die Entwürfe weiter bis ins Detail und stellen sicher, dass aus den Konzepten tragfähige und realisierbare Objekte werden“, sagt der Modulverantwortliche Peter Sassenroth.
Geschnitzt und gebastelt
Für den Test der Praxistauglichkeit sind reale Modelle nicht zu unterschätzen. Andreas Kopp hat aus seinem Entwurfs-Modul (3./4. Semester) gleich eine ganze Reihe mitgebracht. Einige sind fertig ausgestaltet, inklusive grünem Rasen und materiell definierter Fassadengestaltung, andere sind noch sozusagen im Rohbau, mit teils fehlenden Außenwänden. Es sind Arbeitsmodelle, zur Freude von Peter Sassenroth: „Hier sieht man die Handarbeit, dass geschnitzt und gebastelt wird. Vor allem wird der Prozess des Entwerfens deutlich, man erkennt, wie sich die Entwürfe bei der Überprüfung am realen Dreidimensionalen ändern.“ Denn auch die 3-D-Simulationen am Computer bieten letztlich nur Simulationen.
Neudenken eines „Lost Place“ in Brandenburg
Ein ausgefeiltes Modell zeigt Julian Blome, es ist schließlich Teil seiner Bachelorarbeit. Blome hat ein Empfangsgebäude für Beelitz Heilstätten entworfen und den Innenraum gestaltet. Das beliebte Ausflugsziel in der Nähe von Potsdam ist eine ehemalige Lungenheilstätte, das Empfangsgebäude soll den Besucherinnen und Besuchern als Eintritt und mit einem Ausstellungs- und Veranstaltungsbereich zur Information über die Geschichte des Areals dienen. „Mir gefiel der Lost-Place-Aspekt sofort, kein Projekt mitten in Berlin, sondern irgendwo in Brandenburg, bei dem sich Naturerlebnis und Geschichte des Ortes verbinden“, erzählt Blome. Auf einer Exkursion erkundete er das Areal, setzte sich intensiv mit dem Ort und seiner Geschichte auseinander und passte seinen Entwurf behutsam, aber deutlich akzentuiert in das bestehende Gebäudeensemble ein. Mit der Architektur hat Blome sein Thema gefunden. „Na klar, ich schließe das Masterstudium gleich an.“
Natur und Artefakt
Da sind Evgenija Reimer und Jannis Kresse schon angekommen. Ihr Ausstellungsbeitrag wirkt auf den ersten Blick unspektakulär, ein schmales Heft, das von einer Stellwand herunterbaumelt. Darin findet sich aber eine weitere Dimension der Architektur, nämlich die theoretische. „Wir haben uns mit dem Verhältnis von Artefakt und Landschaft auseinandergesetzt und verglichen, wie zwei verschiedene Architekten Natur und Bauwerk in Einklang bringen“, erklärt Jannis Kresse. Das Ergebnis der Analyse der Villa Savoye von Le Corbusier und der Therme Vals von Peter Zumthor: „Es gibt mehr Gemeinsamkeiten, als es zunächst scheint.“ Ihre Erkenntnisse transformierten die beiden Studierenden in Überlegungen für die Architektenarbeit der Zukunft und fordern eine nachhaltige Verbindung mit der Umwelt, „die über die Installation von Solaranlagen oder Bäumen auf Dächern hinausgehen sollte.“
Die Ausstellung best of architecture - SoSe2022 ist noch bis zum 10. November im Foyer des B-Gebäudes (vor dem Audimax im Hörsaalgebäude) auf dem Campus Minden der FH Bielefeld zu sehen, Artilleriestraße 9, montags bis freitags von 8 bis 18 Uhr. (uh)