Internationales Research Atelier 2.0 zur Dekarbonisierung von Industrie und Gesellschaft
Eine nachhaltige und zuverlässige Energieversorgung auf der ganzen Welt: Forschung und Industrie aus Deutschland, Brasilien, Bolivien und Nicaragua setzten sich genau mit dieser Herausforderung auseinander.
Die Arbeitsgruppe Netze und Energiesysteme (AGNES) des Institutes für Energie-Systeme ITES organisierte im Rahmen der Internationalen Woche der HSBI vom 08. bis 12. Mai bereits zum zweiten Mal ein internationales Forschungsatelier. Die Themen waren in diesem Jahr die internationale Forschung und Dekarbonisierungspfade für Stromnetzanwendungen. Referenten aus Brasilien, Bolivien und Nicaragua waren vertreten, genauso wie zahlreiche Gäste aus Industrie und Forschung, die einen Beitrag leisteten.
Internationale Forschungsarbeiten
Das erste Panel legte den Fokus auf die Forschungsarbeiten unserer internationalen Gäste. Die Herausforderung in Brasilien, Bolivien und Nicaragua besteht darin, dass nicht alle Gebiete der Länder mit dem nationalen Stromnetz verbunden sind. Für diese Gebiete sollen nachhaltige und zuverlässige Lösungen entwickelt werden. So stellte beispielsweise Prof. Iury Bessa, Professor an der Universidade Federal do Amazonas in Brasilien vor, wie in ihrer Forschungsgruppe in mehreren Projekten der Einsatz von Second-Life-Batterien untersucht wird. „In ein paar Jahren werden wir viele Batterien von Elektrofahrzeugen haben, und wenn wir nichts planen, werden wir ein Abfallproblem bekommen.“ schlussfolgert Prof. Iury Bessa. Die Batterien sollen als Speicher in Kombination mit PV-Anlagen in ländlichen Gebieten eingesetzt werden. Álvaro Christian Montaño Saavedra, ein Wissenschaftler an der Universidad Mayor de San Andres (UMSA) aus Bolivien, stellte das Energiesystem in Bolivien sowie aktuelle Forschungsthemen des Forschungsinstitutes IIIE an der UMSA vor. So untersuchen sie unter anderem Photovoltaikerzeugung und Energieeffizienz und wollen auch in Zukunft die Forschung in diesen Bereichen weiter ausbauen. Prof. Norman Reyes von der La Salle University of Technology aus Nicaragua stellte die Potentiale zur Nutzung von Geothermie in seinem Land vor. „Nicaragua liegt mitten im Ring of Fire“ erklärt er. Eine Region der Welt mit besonders vielen Vulkanen und die perfekte Gegebenheit zur Ausnutzung der regenerativen Energiequelle.
Dekarbonisierungspfade für Stromnetzanwendungen in Industrie und Gesellschaft Die Identifikation und Schaffung von Dekarbonisierungspfaden für Stromnetzanwendungen in Industrie und Gesellschaft stellt eine große Chance dar, die Energiewende weiter voranzutreiben. Volatile Energieerzeuger und neue Verbraucher mit hohen Leistungen, wie Ladesäulen für Elektrofahrzeuge, stellen das Netz vor neue Herausforderungen. Mit intelligenten Systemen und Steuerungen kann ein nachhaltiger, sicherer Netzbetrieb auch in Zukunft gewährleistet werden. Impressionen, wie Dekarbonisierungspfade in Industrie und Gesellschaft im Bezug zu Stromnetzanwendungen aussehen können, kamen unter anderen von den Stadtwerken Bielefeld. Dr. Michael Kelker erläutert in seinem Vortrag „Ein wichtiger Schritt zur Dekarbonisierung mittels Elektrofahrzeugen und Wärmepumpen stellt die Digitalisierung der Niederspannungsnetze dar“.
Weiter gab er einen Überblick über das gemeinsame Forschungsprojekt AI-flex zwischen den Stadtwerken und der HSBI, den Lars Quarkernack, wissenschaftlicher Mitarbeiter an der HSBI, weiter ausführte. In dem Projekt soll ein autonomer Steuerungsalgorithmus, basierend aus künstlicher Intelligenz, für zellulare Energiesysteme entwickelt werden, um mit Sektorenkopplung einen sicheren Netzbetrieb auch zukünftig zu ermöglichen. Katrin Schulte, wissenschaftliche Mitarbeiterin an der HSBI, präsentierte eine Steuerung zur Ladung von E-Flotten in Unternehmen, die den Anteil an erneuerbaren Energien im Ladestrom maximiert und so Unternehmensflotten dekarbonisiert.
Young Researchers Atelier
Die letzte Session war den zukünftigen Wissenschaftlern und Forschern gewidmet. Eine nachhaltige und zuverlässige Energieversorgung kann nur dann entstehen, wenn auch nachhaltig daran geforscht wird. Sie stellten ihre aktuellen Forschungsarbeiten vor, die sich von Hardware zu Software über die Lehre erstreckten. Steuerungen basierend auf linearer Optimierung für Batteriespeicher zur Vermeidung von Rückspeisungen im Netz und zur Erhöhung des lokalen Anteils an erneuerbaren Energien, vorgestellt von Katrin Handel, genauso wie zur Fahrplanerstellung für Blockheizkraftwerke, präsentiert von Julian Hövelmann, waren Thematik dieser Session. Der Aufbau eines HiL-Testbeds, vorgestellt von Felix Annen, schilderte die notwendige Hardware zum Testen und Validieren von ebensolchen Steuerungsalgorithmen. Fynn Liegmann legte den Fokus auf die Lehre: „Einen gute Ausbildung von Ingenieuren kann nur mit Praxisbezug erfolgen. Dieser ist, gerade in der Elektrotechnik, manchmal schwer zugänglich oder bietet Gefahren.“ Die Lösung: der Aufbau einer Umgebung in virtueller Realität (VR), um den Praxisbezug zu vermitteln. Von der Erkundung einer Schaltanlage bis zum Arbeiten unter Spannung konnten die Teilnehmer selbst in die VR-Welt eintauchen.
Das internationale Forschungsatelier wurde gefördert von dem gemeinnützigen Verein elektrische Netze und Energiesysteme (ENES e.V.) und von dem IEEE Student Branch Bielefeld unterstützt.