Kunststofftechnik und Werkstoffprüfung

Wissenschaftler am Instrument

Die Fachgruppe Kunststofftechnik und Werkstoffprüfung beschäftigt sich im Projekt InCamS@BI mit dem Thema Kunststoff aus der Sicht von Ingeneur:innen. Dazu gehören neben dem Ermitteln von Kennwerten zur Bauteilauslegung und Kunststoffverarbeitung, die kunststoffgerechte Konstruktion von Bauteilen, die Konstruktion und Auslegung der benötigten Werkzeuge sowie die Weiterentwicklung bzw. Optimierung der eingesetzten Fertigungsverfahren. Dabei werden auch Nachhaltigkeitsaspekte wie beispielsweise ein möglichst geringer Energie- und Materialverbrauch sowie die Wiederverwendbarkeit von Bauteilen und Materialien beachtet.

Einsparung von Ressourcen, Vermeidung von Emissionen und Rückführung verwendeter Kunststoffe in die Produktion

Kunststoffe sind aus unserer Welt nicht mehr wegzudenken: Drei Viertel aller weltweit produzierten Kunststoffe werden in langlebigen, funktionellen Bauteilen eingesetzt. Das sind meist hochwertige Produkte im Dauereisatz, für die auch in Zukunft Kunststoffe benötigt werden. Bei diesen Produkten gilt im Sinne der Circular Economy: die Herstellung möglichst ressourcenschonend zu gestalten, die Nutzung der Produkte möglichst langlebig zu gestalten und sie – wenn sie ihr Produktlebensende erreicht haben – klug wiederzuverwenden.

Eine Wiederverwendung des Materials kann beispielsweise erfolgen, indem die Kunststoffe recycelt werden. Doch Achtung: Hier sollte ein Downcycling, also Verschlechterung der Werkstoffqualität im Vergleich zum Ausgangsmaterial, wenn möglich vermieden werden. Außerdem wichtig zu wissen: Jedes Recycling verändert die Eigenschaften der Kunststoffe. Jedes erneute Aufschmelzen beim werkstofflichen Recycling des Kunststoffs verkürzen die langen Polymerketten, aus denen Kunststoffe bestehen, wodurch sich dessen Verarbeitungstemperatur oder Viskosität verändern. Auch mechanische Kennwerte wie die Zugfestigkeit oder Schlagzähigkeit ändern sich. All diese Eigenschaften sind jedoch enorm wichtig für die verschiedenen Produktionsprozesse, Bauteileigenschaften und Anwendungsbereiche.

Recycling ist wichtig für Ressourcen- und Klimaschutz, aber gleichzeitig nur eine von vielen Stellschrauben auf dem Weg zu einer nachhaltigen Produktion und einer zirkulären Wertschöpfung. Weiterlesen in der HSBI-Pressemitteilung zum Weltrecyclingtag 2024

Die AG Kunststofftechnik an der HSBI beschäftigt sich mit der Verarbeitung sowie der Analytik von Kunststoffen. Dazu gehören die physikalischen, mechanischen und optischen Eigenschaften von Kunststoffen. Für eine saubere und eindeutige Analytik braucht es oft verschiedenste Analysemethoden, deren einzelne Ergebnisse, ähnlich einem Puzzle, erst zum Schluss ein komplettes Bild abgeben. Die Verarbeitung selbst wird unter anderem mit einem Doppelschneckenextruder untersucht. Damit können sowohl neue Materialien entwickelt als auch vorhandene gezielt verändert werden, zum Beispiel indem neue Stoffe zugemischt oder andere abgebaut werden. Das Team experimentiert aktuell mit Additiven auf Pflanzenbasis, um nachhaltigere Kunststoffe zu erhalten.

Die Kunststoffproduktion benötigt klassischerweise enorm viele Ressourcen: Neben dem Material selbst ist es jede Menge Energie, die gefordert ist. An der HSBI untersuchen deshalb Forscher:innen, wie der Energieverbrauch bei der Verarbeitung von Kunststoff gesenkt werden kann. Mit einem intelligenten Wärmemanagement durch sogenannte Heatpipes kann 20 bis 30 Prozent der Energie bei der Herstellung von Kunststoffprodukten eingespart werden. Die Handhabung von Kunststoffen insbesondere bei der Produktion nachhaltiger zu gestalten, ist eines der Ziele des Teams.

 

Forschungsschwerpunkte

  • Prüfung und Bewertung polymerer Werkstoffe und daraus hergestellter Produkte
    • Schadensanalyse an Kunststoffbauteilen
    • Charakterisierung von Kunststoffen
  • Optimierung von Spritzgießwerkzeugen
    • Wärmestromsimulation instationärer Prozesse
    • Gestaltung von Kühlkanälen an Großwerkzeugen
  • Konstruieren mit Kunststoffen
    • Verzugssimulation und Geometrievariation zur Herstellung
    • spannungsarmer Bauteile
    • Ermittlung von Materialkennwerten für die Prozesssimulation
  • Faserverbundwerkstoffe
      • Gestaltung von Faserverbundbauteilen
      • Laminatberechnungen
      • Integrierte CFK-Formenheiztechnologie
      • CAD-CAM im Faserverbund-Werkzeugbau

 

Der Doppelschneckenextruder in der HSBI Experimentierhalle
Der Doppelschneckenextruder in der Experimentierhalle der Hochschule Bielefeld. © P. Pollmeier/HSBI

Labore und Ausstattung

Die aktuelle Ausstattung der Labore finden Sie auf deren jeweiligen Webseiten - bitte klicken Sie auf den Namen des Labors, über das Sie mehr erfahren möchten.

Labor für Kunststoffverarbeitung

In dem Labor, das Teil der Experimentierhalle der HSBI ist, befinden sich u.a. verschiedenen Spritzgießmaschinen, Extruder, eine Tiefziehmaschine sowie eine 200 kN-Präzisionslaborpresse. Prüfstände für die Kernfeldermittlung von Heatpipes und der Untersuchung von Wärmeströmen an Bauteilübergängen komplettieren die Ausstattung.

Labor für Kunststoffprüfung und -analytik

Thermogravimetrische Analyse
Bei der thermogravimetrischen Analyse wird die Masseänderung einer Probe in Abhängigkeit von Temperatur und Zeit gemessen.

Im Labor für Kunststoffprüfung und Analytik werden sowohl mechanische Verfahren (Prüfung von u.a. Zug, Druck, Biegung, Härte) und thermische Verfahren (Dynamische Differenzkalorimetrie, Thermogravimetrie, Thermomechanische Analyse und Thermomikroskopie), als auch optische Verfahren (Durchlichtmikroskopie, Mikrotom, Polarisationsoptische Einrichtung, Stereolupe, Fourier-Transform-Infrarot-Spektrometer (FTIR) mit Durchstrahlungs- und Reflexionseinrichtung mit zusätzlichem Infrarotmikroskop, Spektralphotometer, Wärmebildkamera und Kontaktwinkelmessgerät) genutzt. Dazu kommen verschiedene rheologische Prüfverfahren wie Hochdruck-Kapillarrheometer und ein Schmelzindexgerät. Auch weitere Geräte wie zur Messung der Restfeuchte, der Dichte, Werkzeuge für Probenkörper, dielektrische Analyse, ein Klimaschrank, Wärmeöfen und eine Vakuumgießanlage sind vorhanden.

Labor für Werkstoffprüfung

Im Labor für Werkstoffprüfung können mechanische sowie zerstörungsfreie Prüfungen durchgeführt werden, mikrostrukturelle Untersuchungen gemacht werden, Wärmebehandlungen, Metallografie und Korrosionsprüfung. Neben mehreren Lichtmikroskopen bietet ein modernes Rasterelektronenmikroskop nicht nur hochauflösende Abbildungen, sondern auch die ortsaufgelöste elementare Zusammensetzung mittels Energiedispersiver Röntgenspektroskopie.

Angebote im Rahmen von InCamS@BI

Die Forschungsgruppe arbeitet an folgenden Angeboten im Rahmen des Transferprojekts InCamS@BI mit:

Blick in das Labor für Kunststoffprüfung und -analytik
Einblick in das Labor für Kunststoffprüfung und -analytik.
Fragen

Die Kolleg:innen aus der InCamS@BI-Forschungsgruppe Kunststofftechnik und Werkstoffprüfung sind die richtigen Ansprechpartner:innen, wenn es um Fragen zu folgenden Themenbereichen geht:

  • Kunststoffverarbeitung
  • Kunststoffprüfung und -analytik
  • Simulationsrechnungen

Das Team

Die Kontaktdaten der InCamS@BI-Forschungsgruppe finden Sie hier: Team Kunststofftechnik und Werkstoffprüfung.

Prof. Dr.-Ing. Christoph Jaroschek

porträt Prof. Christoph Jaroschek
© K. Starodubskij/HSBI

Werdegang (Kurzfassung)

  • Studium Maschinenbau mit Schwerpunkt Kunststofftechnik an der RWTH Aachen
  • 12 Jahre Industrietätigkeit bei einem Hersteller von Spritzgießmaschinen, zuletzt als Leiter der Anwendungstechnik und Verfahrenstechnik
  • Seit 1998 Professor für Kunststoffverarbeitung der Hochschule-Bielefeld (ehemals FH Bielefeld)

Expertise

  • Kunststoffverarbeitungsverfahren, speziell Spritzgießen in allen Formen und Sonderformen
  • Spritzgießwerkzeugtechnik
  • Konstruieren von Spritzgussbauteilen
  • Werkstofftechnik von Metallen und Kunststoffen
  • Wärmeübertragung, speziell Energiemanagement in der Kunststoffverarbeitung, hier auch Wärmesimulation

Forschungsschwerpunkte

  • Temperierung von Spritzgießwerkzeugen
  • Werkzeugtechnik für Spritzguss Kleinserien

Publikationen

Dr. Matthias Pieper

Porträt Dr. Matthias Pieper
© P. Pollmeier/HSBI

Werdegang (Kurzfassung)

  • Ausbildung zum Chemielaborant bei der Elastogran GmbH, heute BASF Polyurethanes
  • Studium Chemie an der Universität Bielefeld, Promotion in der organischen Synthese (Nachhaltige Synthese pharmazeutisch aktiver Amine und Amide)
  • Seit 2023 Technologiescout im Projekt InCamS@BI

Expertise

  • Organische Synthesechemie
  • Kunststoffverarbeitung
  • Kunststoffanalytik
  • Chromatographie und Spektroskopie
Prof. Dr.-Ing. Angela Ries

Werdegang (Kurzfassung)

  • Maschinenbaustudium an der Universität Kassel und anschließende Tätigkeit dort als Wissenschaftliche Mitarbeiterin, Geschäftsführerin des Sonderforschungsbereiches Transregio 30 und Abteilungsleiterin der Arbeitsgruppe Thermoplastischer Leichtbau
  • Promotion zum Dr.-Ing. im Bereich der Eigenverstärkung / Kunststofftechnik
  • 4 Jahre Industrietätigkeit bei Volkswagen AG
  • 3 Jahre Junior-Professur und Fachgebietsleitung des FG Heterogene Werkstoffe an der Universität Kassel
  • Professorin an der Hochschule Bielefeld seit 2020

Expertise

  • Kunststoffverarbeitung
  • Kunststoffprüfung und -analytik
  • Werkstoffprüfung

Forschungsschwerpunkte

  • Kunststofftechnik und –analytik
  • Kunststoff-Metall-Hybridverbunde
  • Thermoplastische Faserverbundkunststoffe
  • Heißkompaktierung
  • Spritzguss
  • Nachhaltiger Einsatz von Kunststoffen

Publikationen

Eine Publikationsliste von Prof. Ries finden Sie hier.

Dr.-Ing. Martin Wortmann

Porträt Dr. Martin Wortmann
© P. Pollmeier/HSBI

Werdegang (Kurzfassung)

  • Maschinenbaustudium mit Vertiefung Kunststofftechnik an der Universität Paderborn
  • 5 Jahre Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Fachbereich Ingenieurwissenschaften und Mathematik der HSBI
  • Promotion zum Dr.-Ing. im Bereich Prototypenbau / Vakuumgießen bei Prof. Hüsgen (HSBI) und Prof. Moritzer (Universität Paderborn)
  • 3 Jahre Postdoc in der Experimentalphysik der Universität Bielefeld
  • Seit 2024 Technologiescout im Projekt InCamS@BI

Expertise

  • Kunststoffverarbeitung
  • Werkstoffprüfung und -analytik
  • Festkörperphysik

Forschungsschwerpunkte

  • Kunststoffverarbeitung (Vakuumgießen, 3D-Druck, …)
  • Nanomaterialien (Polymermembranen, Dünne Schichten, Nanofasern, …)
  • Materialanalytik (Röntgenphotoelektronenspektroskopie, Röntgenbeugung, …)

Publikationen

Eine Publikationsliste von Dr. Wortmann finden Sie hier.

Die Forschungsgruppe wird bei Bedarf unterstützt von: Prof. Dr.-Ing. Thomas Kordisch