Assistenz bei der Wundversorgung mittels Künstlicher Intelligenz zur Wundanalyse, -einschätzung und -versorgung

Assistenz-bei-der-Wundversorgung

 


Projektübersicht

Anzahl Studierende 1
Art Projekt mit externen Partnern
Projektverantwortung

Prof. Dr.-Ing. Wolfram Schenck, Björn Gorniak (Connext Communication GmbH), medizinische Unterstützung durch Prof. Dr. med. Annette Nauerth

Projektkontext

Projekt in Zusammenarbeit mit der Firma Connext Communication GmbH aus Paderborn sowie dem Center for Applied Data Science Gütersloh

Projektdurchführung

Julien Akay

 

Kurzbeschreibung

Das Ziel des Projekts Assistenz bei der Wundversorgung mittels Künstlicher Intelligenz zur Wundana- lyse, -einschätzung und -versorgung ist es, den Heilungsverlauf von Wunden mittels optimaler Behandlung sowie fachgerechter Therapie zu verbessern. Grundlage dafür ist die Wundversorgung in der Altenhilfe und -pflege.

In der Altenhilfe entstehen aufgrund veränderter Hautzustände und Druckbelastung sogenannte Druckgeschwüre (Dekubitus). Ein Dekubitus kann entstehen, wenn das (Haut-)Gewebe langfristig einem starken Druck und einer nicht mehr gewöhnlichen Belastung ausgesetzt ist. Durch das Zusammenpressen von Blutgefäßen werden die Zellen nicht mehr versorgt und sterben ab. Es entsteht eine Wunde, die im Alter in der Regel nicht mehr gut verheilt. Diese Wunden müssen nun professionell behandelt und versorgt werden.

Dabei besteht die Herausforderung, dass Wunden und deren Behandlung einen komplexen Arbeitsprozess darstellen. Besonders ausgebildete Mitarbeiter*innen übernehmen die Bewertung, Behandlungsbeschreibung und Einschätzung der Wunden in Pflegeeinrichtungen. Diese Arbeit ist vor allem durch eine Vielzahl an Erfahrungen und ‚community of practices‘ gekennzeichnet.

Oftmals stellen Abweichungen und besondere Situationen in der Wundveränderung für die behandelnden Pflegekräfte eine besondere Herausforderung dar. Ein assistierendes System soll den Mitarbeitenden in derPflege die Unterstützung bieten, die Einschätzung des Ist-Zustandes der Wunde korrekt vorzunehmen. Anschließend kann ein intelligentes System aus dieser Einschätzung eine Behandlungstherapie ableiten.

Grundlage für dieses Vorgehen ist die Analyse des Ist-Zustands der Wunde und eine Einschätzung des Wundverlaufs. Dabei steht das Foto der Wunde im Mittelpunkt der Analyse. Es wird – in der Regel – mittels eines Smartphones erfasst und in eine standardisierte Wunddokumentation nach Expertenstandard übernommen. Diese Datenbasis soll verwendet werden, um die gewonnenen Bilddateien durch Bildanalyse einzuschätzen.

Die dabei verwendeten Techniken werden bereits in anderen Wirtschaftszweigen angewendet, z.B. um auf Satellitenbildern eine Veränderung der Infrastruktur von Landflächen vorzunehmen und Strukturveränderungen zu erkennen.

Aufgabenstellung

Der / die Studierende soll im Rahmen des Projektes maschinelle Lernverfahren (ML) zur Bildanalyse auswählen, ggfs. anpassen und anwenden, die eine Wiedererkennung von Mustern und Strukturen in einem Bild einer Wunde ermöglichen. Verbunden mit den beschreibenden, strukturierten Daten von Wunden ist so ein System möglich, dass anhand eines Wundfotos eine erste Einschätzung zur Unterstützung der versorgenden Pflegekraft generiert.

Im weiteren Projektverlauf ist es sicherlich möglich, anhand des Clusterings von Wundverläufen eine umfassendere Bewertung von Behandlungssituationen mit ML-Techniken zu erreichen. Das System soll vor allem zur Entlastung und Unterstützung der Menschen in der täglichen Arbeit angewendet werden. Wenn es zeitlich möglich ist, ist es wünschenswert, dass dieses Verfahren in Form einer Service-Struktur implementiert wird und als Anwendung zur Verfügung steht.

Das Gesamtziel ist die Verbesserung der Wundheilung für Bewohner/Patienten in der Altenpflege. Da diese Branche von der Herausforderung des Fachkräftemangels besonders betroffen ist und die Versorgungssituation immer komplexer wird, soll entlastet und ein Teil der Aufgaben sinnvoll unterstützt werden. Im Fokus steht die Betrachtung von komplexen Wunden, die durch eine Vielzahl von Ausprägungen nichtalltäglich für die einzelnen Pflegekräfte sind. Durch spezialisiertes Personal wie pflegerische Wundmanager/-experten ist hier schon eine personelle Problemlösung angegangen worden, doch ist diesedurch die Vielzahl an Wundverläufen und -ausprägungen nicht zu beherrschen. Ein zentrales Element ist der Kostenfaktor, der sich aus den drei Bausteinen Hilfsmittel für die Wundtherapie, medizinische Beratungdurch Fachärzte und Personalaufwendungen in der täglichen Versorgung zusammensetzt.

Ethisch zielt die Fragestellung auf den Begriff der Pflegebedürftigkeit ab, denn das Entstehen von Wunden sorgt immer für eine Verschlechterung des Allgemeinzustandes. Dieser basiert v.a. auf dem erhöhten Betreuungs- und Versorgungsbedarf einer Person und den emotionalen Implikationen einer Wunde. Zudem entstehen indirekte Kosten wie die Schmerzbehandlung und -therapie, die als Folgen nicht immer berücksichtigt werden.

Von diesem Gesamtziel lassen sich einzelne Aufgabenpakete ableiten, die als Meilensteine bei derErreichung dienen sollten:

  • Analyse der vorhandenen, strukturierten Wund-Daten
  • Auswahl / Diskussion eines Analyse-Verfahrens / ML-Verfahrens zur abstrakten Wiedererkennung von Eigenschaften des Wundbildes
  • Anpassung / Justierung eines solchen Verfahrens und Optimierung auf die besonderen Ansprüche des Sozial- und Gesundheitswesens
  • Umsetzung und Integration in eine bestehende Micro-Service-Architektur

Um dieses zu erreichen, kann auf einen vorhandenen Datenbestand von Pflegedokumentationen zurückgegriffen werden. Diese Wunddaten wurden in den vergangenen Jahren erfasst und können historisch von Kunden der Connext Communication GmbH, die sich beteiligen, analysiert werden. Diese Daten können mittels einer API / Schnittstelle anonymisiert betrachtet werden.

Anhand dieser vorhandenen Daten sollen Mustern und Kenngrößen ermittelt werden, die wiederkehrend und gleichermaßen in der Bewertung durch die bisherigen Anwender vorgenommen wurden. DieseKenngrößen sollen fachlich evaluiert werden (nicht durch den / die Studierende/n zu erbringen). Dafür stehen Erkenntnisse und Fachansprechpartner aus diesem Bereich zur Verfügung.

Ähnlich gelagerte Projekte und Studien legen nahe, dass es bereits existierende Verfahren und ML- Instrumente gibt, die eine Einschätzung von Bildern / eine sinnvolle Bildanalyse ermöglichen. Hier ist es wünschenswert, wenn auf bestehenden Verfahren aufgesetzt werden kann und diese etablierten ML-Methoden verwendet werden.

 

Bezug zum Thema Data Science
Im Rahmen der Tätigkeit ist es dem Studierenden im Austausch mit den Mitarbeitern der Connext Communication GmbH möglich, die Daten systematisch auszuwerten. Die Versorgungsdaten werden dabei mittels REST-API aus den Kundensystemen bereitgestellt und durch Vorbehandlung in einheitliche Formate und anonyme Strukturen gewandelt. Im Rahmen der Nutzung einer Cloud-Plattform können diese Daten verarbeitet und analysiert werden. Als Kooperationspartner steht dabei u.a. die Microsoft Azure Plattform zur Verfügung. Andere Platt- formen, die eine sinnvollere Analyse und Bearbeitung ermöglichen, sind aber ebenfalls denkbar.

 

Verfügbare Ressourcen
Für die Bearbeitung des Projekts kann die Infrastruktur der Connext Communication GmbH genutzt werden.Diese basiert vor allem auf den Cloud-Strukturen der Microsoft Azure Plattform, wenn es um die Analyse geht.Dabei kann dort auf verschiedene Open-Source-KI-Frameworks zurückgegriffen werden [https://azure.microsoft.com/de-de/overview/ai-platform/]. Die Datengrundlage wird gemeinsam mit einem Modell-Anwender zu Beginn erarbeitet und gemeinsam mit der Connext Communication GmbH definiert.

 

Projektplan
Erstes Semester: 
Konkretisierung des Forschungsvorhabens und Analyse des Nutzungskontexts. Dies beinhaltet die fachliche Einarbeitung in die Thematik sowie in die technische Cloud-Infrastruktur der Connext Communication GmbH(Produktname Vivendi Assist Services), in der die Datenstrukturen und die fachlichen Prozesse dargestellt werden. Hinzu kommt eine Recherche nach vergleichbaren Ansätzen und Verfahren inklusive Modellbetrachtung anhand von Literaturquellen. Die Erarbeitung eines Forschungsexposés am Ende des Semesters ist Prüfungsleistung.

Zweites Semester: Entwicklung der Analyse und ggfs. Anpassung der benötigten Algorithmen, so dass eine erste Implementierung in Form eines Prototyps erfolgen kann. Verwendung von eingegrenzten Datenbeständen anhand eines Forschungskooperation mit einem Connext-Kunden. Die Erstellung eines Papers zum Stand der Forschung (Überblicküber das jeweilige Forschungsgebiet) ist Prüfungsleistung.

Drittes Semester: Erweiterung der Analyse auf weitere Datenbestände, um eine Evaluation des Verfahrens vorzunehmen. Fachliche Bewertung anhand eines Beta-Verfahrens in der Verwendung durch den Connext-Kunden. Die Erstellung einesPapers über das Benchmarking der eingesetzten ML-Verfahren ist Prüfungsleistung.

Viertes Semester: Umsetzung des assistierenden Systems in Form als Micro-Services-Architektur zur Analyse von Wundbildern.Gemeinsame Anbindung der Connext Software an diesen Service. Ein angepasstes Einsatzszenarios sowie dietechnische Lösung liegen vor. Die Masterarbeit inklusive Kolloquium ist Prüfungsleistung.

 

Eignungskriterien
Zwingend:

  • Bachelorabschluss in einer einschlägigen Fachrichtung (Informatik, Elektrotechnik, angewandte Mathematik, Kognitionswissenschaft o.ä.)
  • Umfassende Programmierkenntnisse in mindestens einer objektorientierten Programmiersprache
  • Gute mathematische Kenntnisse
  • Gute Englischkenntnisse
  • Teamfähigkeit und Interesse 

Optional:

  • Grundlegende Kenntnisse in der Bildverarbeitung
  • Grundlegende Kenntnisse im maschinellen Lernen
  • Erfahrung im Erstellen, Trainieren und Evaluieren von tiefen neuronalen Netzen

 

Erwerbbare Kompetenzen
Der / die Studierende ist nach Abschluss des Projekts in der Lage,

  • einen ML- und Cloud-basierten Datenanalyse-Workflow für die Bilderkennung aufzusetzen,
  • die für die Bildverarbeitung relevanten ML-Verfahren zielgerichtet anzuwenden und anwendungsbezogen anzupassen und ggf. weiterzuentwickeln,
  • Deep-Learning-Architekturen anwendungsspezifisch auszuwählen und zu designen,
  • die theoretischen Anforderungen von ML-Verfahren mit den Erfordernissen der Praxis in einer realen Anwendung in Einklang zu bringen,
  • die eigenen Forschungsergebnisse vor einem Fachpublikum zu präsentieren und wissenschaftliche Texte zu verfassen.