Professorin Ehrmann startet mit dem Forschungsprojekt „Vertikale Landwirtschaft“ / Unternehmenspartner ist die Strickerei BACHE.
„Impulse für Innovationen“ – so titelt das Zentrale Innovationsprogramm Mittelstand (ZIM) des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie in seiner Ausschreibung. Das ZIM fördert nicht nur kreative Unternehmen bei der Realisierung guter Ideen, sondern auch Kooperationsprojekte zwischen einem Unternehmen und einer Forschungseinrichtung mit passgenauen Förderprogrammen. Diese Möglichkeit hat das Team von Prof. Dr. Dr. Andrea Ehrmann, Lehrende des Fachbereichs Ingenieurwissenschaften und Mathematik (IuM) der FH Bielefeld, erfolgreich für ihre Vision im Bereich „Vertical Farming“ genutzt. Bewilligt wurde eine Projektförderung mit zweijähriger Laufzeit, die FH erhält rund 190.000 Euro. Ehrmann zum Projekt: „Stark vereinfacht gesagt: Wir lassen Grünes auf Textilien wachsen.“
Vertikale Landwirtschaft oder auch Vertical Farming hat das Ziel, innerhalb von Ballungszentren ganzjährig pflanzliche oder tierische Produkte der Landwirtschaft innerhalb mehrstöckiger Gebäude, so genannte Farmscrapers, zu erzeugen. „Der wesentliche Vorteil der vertikalen Landwirtschaft ist, dass sich die Energiekosten für den Transport vom Erzeuger bis zum Konsumenten stark reduzieren lassen“, so Ehrmann weiter. Um das realisieren zu können, braucht es mehrere Protagonisten. Unternehmerischer Projektpartner ist die Strickerei BACHE GmbH aus Rheinberg. „Gerne möchten wir perspektivisch über die Forschung hinaus in Produktion gehen. Textile Bepflanzung ist zukunftsreich“, äußert sich Inhaber Thorsten Bache zu dem langfristigen Ziel aus Unternehmenssicht.
Laut Hochrechnungen der UN wird die Weltbevölkerung in den kommenden 50 Jahren auf etwa 9 Milliarden Menschen anwachsen, von denen etwa 7 Milliarden in Ballungszentren leben werden. Für deren Versorgung werden voraussichtlich zusätzlich 10 Milliarden Hektar Ackerland erforderlich werden, was mit enormen beziehungsweise untragbaren Umweltbelastungen einhergeht. Neue Lösungen für diese praktisch unausweichliche Problematik seien derzeit Gegenstand vieler Forschungsprojekte weltweit, meint Andrea Ehrmann. So auch in diesem Projekt. Es diene der Entwicklung unterschiedlichster textiler Substrate auf Basis von Gestricken und Nanovliesen, auf denen zukünftig auf kleinstem Raum Nutzpflanzen von marinen Algen über Moose bis hin zu Obst- und Gemüsepflanzen wachsen sollen. Die Nutzpflanzen sollen unter anderem zur Massenproduktion von Lebensmitteln, Luftfilterung, Energieproduktion und zur Anwendung in anderen Branchen wie etwa Kosmetikindustrie oder Medizintechnik eingesetzt werden. Das Einsatzgebiet der Substrate ist die vertikale Landwirtschaft.
Seitens der FH Bielefeld arbeiten im Fachbereich IuM neben Projektleiterin Ehrmann die Masterstudenten Robin Böttjer und Jan Lukas Storck sowie Bennet Brockhagen, der sich als biologisch-technischer Assistent in erster Linie um die Algenkultivierung und Laborinstandhaltung kümmert, an dem Projekt. „Wir haben gleich mehrere Visionen und sind gespannt auf die ersten Forschungsergebnisse“, sagt Bennet Brockhagen. „Neben der alternativen Kultivierungsmethode können wir uns auch eine neue Form der Lebensmittelerzeugung mit ungiftigen Substanzen vorstellen“, meint Robin Böttjer. „Mit dieser völlig neuen Form der Landwirtschaft können wir nicht nur der entstehenden Platzproblematik entgegenwirken. Wir befinden uns noch in der Entdeckungsphase und probieren vieles aus. Wir wollen ein völlig isoliertes System gewinnen, in dessen Kreislauf nichts ins Grundwasser gerät“, ergänzt Jan Lukas Storck.
Prof. Dr. Andrea Ehrmann hebt hervor: „Das Projekt bietet über das vierköpfige Projektteam hinaus genügend Raum für Abschlussarbeiten und Praxisphasen.“ Kontakt für interessierte Studierende aus den Studiengängen ‚Regenerative Energien‘ und ‚Apparative Biotechnologie‘: andrea.ehrmann@fh-bielefeld.de