10.10.2022

Vielseitiger FH-Student erhält Engagement-Preis 2022

Basilikumkeimlinge wachsen auf einer Hanfmatte.
70 Prozent weniger Fläche, 90 Prozent weniger Wasser, kein Einsatz von Düngemitteln: Vertical Farming bietet im Unterschied zur traditionellen Landwirtschaft viele Vorteile. © S. Jonek/FH Bielefeld
Eine Hanfmatte wird in Wasser getränkt.
Ihre Kräuter- und Salatpflanzen bauen sie hydroponisch an: Die Sprossen wachsen auf biologisch abbaubaren Hanfmatten und erhalten ihre Nährstoffe aus einer wässrigen Nährstofflösung. Dadurch kann vollständig auf Erde verzichtet werden. © S. Jonek/FH Bielefeld
Senfsamen werden vorsichtig auf eine Hanfmatte gesäht.
Nachdem die Hanfmatten vollständig in Wasser getränkt wurden, werden die Samen sorgfältig verteilt. Hier wird gerade eine neue Sorte ausgesät: Senf. © S. Jonek/FH Bielefeld
Jannis Schröder besprüht Keimlinge mit einer Nährstofflösung
Innerhalb von zehn Tagen sind die ersten Kräuterkeimlinge soweit angewachsen, sodass sie an potentielle Kunden ausgeliefert werden könnten. © S. Jonek/FH Bielefeld
Auf dem Bildschirm eines Laptops ist eine Lateinübersetzungsseite eingeblendet. Neben den Laptop liegen zwei Lateinbücher
Gut besucht: In manchen Monaten wird die Lateinübersetzungsseite von Jannis Schröder bis zu 10.000 Mal aufgerufen. © S. Jonek/FH Bielefeld
Porträt von Jannis Schröder
Vielseitig und voller Tatendrang setzt sich der BWL-Student für die Umwelt und seine Mitmenschen ein. © S. Jonek/FH Bielefeld

Die Fördergesellschaft der FH Bielefeld zeichnet jedes Jahr Studierende für besondere gesellschaftliche Verdienste mit dem Engagement-Preis aus. Die tausend Euro Preisgeld erhält in diesem Jahr Jannis Schröder. Der BWL-Student tüftelt an einem Vertical-Farming-Startup, klärt ehrenamtlich über Aktieninvestments auf und betreibt eine kosten- und werbefreie Lateinübersetzungsseite im Internet.

Bielefeld (fhb). Die Zivilgesellschaft lebt davon, dass Menschen bereit sind, sich ehrenamtlich für das Gemeinwohl zu engagieren. Dass gesellschaftliches Engagement dabei gleichzeitig in mehreren teils ganz unterschiedlichen Feldern neben einem Vollzeitstudium möglich ist, beweist das Beispiel von Jannis Schröder. Für seinen vielseitigen Einsatz wurde der BWL-Student nun mit dem Engagement-Preis der Fördergesellschaft der Fachhochschule (FH) Bielefeld ausgezeichnet.

Jury-Mitglied Prof. Dr. Michael Stricker, Dekan des Fachbereich Sozialwesen, gratulierte dem 21-Jährigen: „In diesem Jahr haben sich insgesamt 21 Studierende auf den mit 1.000 Euro dotierten Preis beworben. Jannis Schröder stach durch seine vielfältige interdisziplinäre Ausrichtung hervor. Er betrachtet gesellschaftliche Probleme unter verschiedenen Gesichtspunkten und richtet sein ehrenamtliches Engagement entsprechend aus – sei es als Wahlhelfer im Dienst für die Demokratie oder als Nachhaltigkeitspionier in ganz unterschiedlichen Feldern.“

Preisträger schreibt Businessplan für Vertical Farming

Nahaufnahme von Basilikumkeimlingen
Nach rund zwei Wochen keimen bereits die ersten Basilikum- und Minze-Setzlinge in dem Vertical Farming-Projekt.

Ein Großteil der Freizeit des Preisträgers fließt zurzeit in die Gründung eines Startups für Vertical Farming, das Microgreens und Einzelpflanzen anbaut. Bei den Microgreens handelt es sich um Sprossen von Brokkoli, Senf oder Rettich. An Einzelpflanzen wird bereits Basilikum und Minze angebaut. Aber es gibt auch Versuche mit Salaten. Als „Labor“ dient ein kleines Büro des Center for Entrepreneurship der FH Bielefeld (CFE), in dem sich mehrere Regalsysteme befinden. Gründungspartner von Schröder ist Leon Diel, ein befreundeter FH-Absolvent und Biotechnologe. 

Jannis Schröder: „Wir haben erst einmal mit kleinen Einzelpflanzen wie Basilikum begonnen, um das Konzept zu testen. Währenddessen wollten wir uns überlegen, wie wir weitere Pflanzen anbauen können. Unser Ziel ist es, viele verschiedenen Sorten anzubauen, am liebsten auch Tomaten und Kartoffeln. Wir können uns ja nicht nur von Basilikum und Kresse ernähren. Das ist auch unser Alleinstellungsmerkmal – dass wir eben nicht nur dieses ,Grünzeug‘ anbauen, sondern auch ,richtiges‘ Gemüse und langfristig auch Obst. All das gerne zu normalen Supermarktpreisen, sodass es sich viele Menschen leisten können.“

Die 17 UN-Nachhaltigkeitsziele im Visier

Anstelle von herkömmlicher Blumenerde keimen und wachsen die Pflanzensamen auf Hanf- und Kokosmatten, sogenannten Substraten. Regenwasser wird durch ein Bewässerungssystem und Sonnenlicht durch eine LED-Beleuchtung künstlich ersetzt. „Kostengünstige Lebensmittel könnten so das ganze Jahr über regional und emissionsarm angebaut werden“, sagt Jannis Schröder.

Leon Diel und Jannis Schröder vor dem Hauptgebäude der FH Bielefeld
Leon Diel und Jannis Schröder (v.l.n.r.) tüfteln fleißig an ihrem Umwelt-Startup: Neben Kräutern sollen irgendwann auch Kartoffeln und Tomaten in großen Mengen vertikal angebaut, und zu normalen Supermarktpreisen angeboten werden, sodass es sich viele Menschen leisten können.

Auslöser für das Engagement war ein Studierendenworkshop am Fachbereich Wirtschaft der FH Bielefeld im vergangenen Sommersemester: „Wir sollten uns an einem der 17 UN-Nachhaltigkeitsziele versuchen und auf dessen Basis einen Geschäftsplan entwickeln. Vertical Farming hatte ich zwar schon immer im Hinterkopf, aber ich dachte, dass ich davon viel zu wenig Ahnung habe. Im Workshop lernte ich dann, dass auch wenig Wissen zu einem bestimmten Thema ausreicht, um darüber einen Business Plan zu schreiben – auch, weil man durch zielgerichtete Recherchen vieles lernen kann.“ Dabei stieß Schröder auf Leon Diel. Der frischgebackene Bachelorabsolvent der Apparativen Biotechnologie an der FH hatte im heimischen Gewächshaus bereits verschiedene Pflanzen getestet. Gemeinsam überlegten sie, wie ein Modul aussehen kann, welche Größe und welche Materialen geeignet sind, um einen einfachen und vor allem günstigen Prototypen zu bauen, denn zurzeit verfügen sie noch über wenig finanzielle Mittel. Ein Teil des Engagement-Preis-Geldes wandert daher in das gemeinsame Umwelt-Projekt. Anfang bis Mitte Oktober wird es die ersten pflanzlichen Erträge geben. Erste Gastronomen aus der Region interessieren sich bereits für das Projekt.

Börsenführerschein für junge Einsteiger entwickelt

Nicht nur im Vertical Farming ist Schröder aktiv, sondern seit Beginn dieses Jahres auch als Co-Vorstand beim Bielefelder Investmentverein e.V. Mit dem Ziel, eine junge Aktionärskultur in Bielefeld und Umgebung zu fördern, geben Wirtschaftsstudierende hier ihr Fachwissen an Studierende sämtlicher Fachrichtungen weiter. Workshops, Vorträge, Unternehmungen, aber auch ein Börsenführerschein für Einsteiger gehören zum Programm. Ein wertvolles Angebot angesichts der Tatsache, dass Investments in Aktien Risiken bergen können und bei vielen Investitionsangeboten zahlreiche Personen mitverdienen, was unerfahrene Anlegerinnen und Anleger oft nicht wissen. Schröders Hauptaufgabe ist das Verfassen und Versenden des monatlichen Newsletters, zusätzlich unterstützt er bei der Organisation von Veranstaltungen. „Wissen ist ein wichtiges Gut in der modernen Gesellschaft. Wenn ich zum Beispiel mit dem Börsenführerschein für Einsteiger verhindern kann, dass Menschen aus Unwissen heraus Fehler machen, freut mich das enorm“, so Jannis Schröder.

Von Müllsammeln über Latein-Website bis zur Hilfskraft am Wahltag

Sich neben seinem Studium der Betriebswirtschaftslehre freiwillig zu engagieren, ist für den Preisträger schon früh eine Selbstverständlichkeit gewesen. Er war dabei, wenn in der Schule eine Müllsammel-Aktion organisiert wurde, ebenso später beim „Putztag“ seiner Heimatstadt Rheda-Wiedenbrück. Neben den Müllsammel-Aktionen und Tätigkeiten als Wahlhelfer realisierte er bereits 2017 sein erstes eigenes Projekt: Er baute eine Übersetzungsseite für Latein. Der damals 17-jährige Schüler hatte sich über unübersichtliche Seiten im Internet geärgert, oft mit viel Werbung gespickt und meistens kostenpflichtig. „Meine Non-Profit-Seite soll anderen Schülern dabei helfen, ihre Übersetzungen kontrollieren zu können, ohne dass gleichzeitig der Lerneffekt durch störende Einblendungen behindert wird.“ Seine Familie und seine Lateinnachhilfelehrerin waren von seiner Idee begeistert, auch, weil sie hofften, er würde dabei etwas besser Latein lernen. Mittlerweile wird seine Latein-Webseite mit rund 230 übersetzten Texten und Reden bis zu 10.000 Mal im Monat aufgerufen. 

Jannis Schröder besprüht Keimlinge mit einer Nährstofflösung.
Um ihr Umwelt-Startup voranzutreiben, haben sich Jannis Schröder und Leon Diel vor kurzem auch für das Gründerstipendium NRW beworben. Mit einer monatlicher Fördersumme von 1.000 Euro werden hierbei Jungunternehmer ein Jahr lang gefördert.

Jungen Menschen, die sich gerne ehrenamtlich engagieren möchten, aber bislang noch scheuen, rät Jannis Schröder: „Einfach mal was machen! Es gibt so viele Möglichkeiten. In vielen Bereichen kann man richtig viel ausprobieren. Man kann ruhig auch mal Aufgaben angehen, bei denen man denkt: Davon habe ich keine Ahnung. Das lernt man. Die Gesellschaft um einen herum ein wenig zu bereichern – das gibt anderen und dir selbst ein gutes Gefühl!“ (nsc)

Engagement-Preis

Unsere Zivilgesellschaft lebt davon, dass Menschen bereit sind, sich freiwillig und ehrenamtlich für unser Gemeinwohl zu engagieren. Sie arbeiten in ganz unterschiedlichen Bereichen und mit vielfältigen Aktivitäten. So auch unsere Studierenden, die über ihr reines Studium hinaus in Vereinen, Verbänden oder sonstigen Initiativen gemeinwohlorientiert aktiv tätig sind.

Gemeinsam mit der Fördergesellschaft der Fachhochschule Bielefeld zeichnet die FH Studierende für besonders vorbildliches Engagement aus. Für die Auszeichnung kommen alle Studierende der Fachhochschule in Betracht, die ehrenamtliches Engagement vorweisen können. Es besteht keine Beschränkung, in welcher Art und Weise dies gelungen ist.

Weitere Informationen

Pressemitteilung: "Engagement-Preis: Vielseitiger persönlicher Einsatz beeindruckte die Jury"

  Für weiteres Bildmaterial können Sie sich gerne an presse@fh-bielefeld.de wenden.