Verfassen von Wikipedia-Artikel als Bestandteil des Studiums
Studierende des Campus Minden verfassen Wikipedia-Artikel zu Themen aus dem Bereich Wirtschaftsingenieurwesen
Minden (fhb). Wissenschaftliches Arbeiten und Wikipedia – zwei Begriffe, die eigentlich nicht zusammenzupassen scheinen, gilt die freie Enzyklopädie im Hochschulkontext doch als nicht zitierfähig. Dass Wikipedia jedoch sehr wohl wissenschaftlichen Kriterien folgt, konnten nun 27 Studierende des praxisintegrierten Studiengangs Wirtschaftsingenieurwesen auf dem Campus Minden der Fachhochschule (FH) Bielefeld erfahren. Unter der Leitung von Prof. Dr. Christoph von Uthmann recherchierten und verfassten sie im Rahmen des Moduls „Wissenschaftliches Arbeiten und Projektmanagement“ in Kleinteams sieben Wikipedia-Artikel zu von ihnen selbst gewählten Themen aus ihrem Studien- und Berufsfeld und stellten sich dem Review-Prozess der Wikipedia-Community. Einige der Artikel sind mittlerweile auf Wikipedia veröffentlicht.
Auf die Idee, Wikipedia-Projekte in die Lehre einzubinden, ist Prof. von Uthmann durch einen Bericht aus dem universitären Umfeld in Amerika gekommen. In Deutschland sei das Konzept seines Wissens nach bisher noch nicht sehr verbreitet. „Hier arbeiteten die Studierenden nicht wie üblich nur in der Hochschule unter Laborbedingungen, sondern stellen Wissen ‚real‘ in der bedeutendsten Online-Enzyklopädie der Welt zur Verfügung, die oft auch im akademischen Praxis die erste Recherche-Quelle ist“, so der Professor für Industriebetriebslehre.
In einem ersten Schritt recherchierten die Studierenden, bei welchen Themen Bedarf in der Online-Enzyklopädie bestand. „Bereits hier mussten wir uns in den Projektgruppen mit unseren Interessen auseinandersetzen und herausfinden, welche Themen eigentlich von Relevanz sind“, erläutert ein Student. Jedes Team erarbeitete anschließend in projektmäßiger Arbeitsteilung zunächst einen mehrseitigen Fachartikel, welcher anschließend nach Wikipedia-spezifischen Kriterien angepasst und der Wikipedia-Community zur sogenannten Relevanzanalyse zur Verfügung gestellt wurde.
Mitglieder der Wikipedia-Community überprüften den Artikel und wiesen auf Schwachstellen und Fehler hin, welche die Projektgruppen verbessern und sich so weiter mit ihren Themen auseinandersetzen mussten. Den Studierenden wurde klar, dass saubere Quellenarbeit hierbei unumgänglich ist: „Es hat sich ziemlich schnell herausgestellt, welche Quellen als vertrauenswürdig gelten, wie beispielsweise Publikationen des Vereins Deutscher Ingenieure oder einschlägige Standardwerke“, berichtet ein Student.
„Die Lernerfolge zeigen sich ganz deutlich bereits in den ersten Praxismodul-Arbeiten im 4. Semester, in dem die Studierenden in ihren Unternehmen technisch-wirtschaftliche Projekte bearbeiten müssen“, freut sich Prof. von Uthmann, der selbst langjähriges Mitglied der deutschen Wikimedia (Fördergesellschaft) ist. „Und über den Lernerfolg hinaus wird auch noch das deutschsprachige Wikipedia sinnvoll erweitert.“
Auch das Fazit der Studierenden fällt trotz der eher ungewohnten Arbeitsweise und des hohen Arbeitsaufwandes positiv aus. Neben dem Praxisbezug schätzen die Studierenden auch die Tatsache, dass das Endprodukt öffentlich zu sehen ist. „Besonders spannend fand ich die Kommunikation in der Kleingruppe, bei der verschiedene Arbeitsweisen aufeinandertrafen. Dabei war es auch interessant zu lernen, wie wir mit offener Kritik umgehen“, so ein Student. Viele der Studierenden planen nun im Verlauf des Studiums weiter an „ihren“ Wikipedia-Artikeln zu arbeiten – gemeinsam mit der Wikipedia-Community.