Umnutzung der Rochdale Kaserne: Architektur-Studentin der FH Bielefeld gestaltet Werkstatthalle um
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Das seit 2020 leerstehende Rochdale-Quartier soll künftig wieder von den Menschen in Bielefeld genutzt werden. Eine Idee, wie das aussehen könnte, hat FH-Architektur-Studentin Alena Ostrau: In ihrer Bachelorarbeit hat sie einen Entwurf entwickelt, wie die ehemalige Werkstatthalle zu einem Wohnquartier umgebaut werden könnte. Gezeigt wird die Arbeit ab 13. August im Rahmen des Festivals „TRANSURBAN Residency“ in den Rochdale Barracks.
Bielefeld (fhb). Es ist beeindruckend, das Rochdale-Quartier in Bielefeld Sieker. Früher lebten britische Soldaten auf dem Gelände, das so groß ist wie 12 Fußballfelder. Nach deren Abzug im Jahr 2020 standen die Rochdale Barracks leer. Das soll sich nun ändern: Im Rahmen des Festivals „TRANSURBAN Residency“ wird das Gelände zwischen dem 13. August und dem 11. September zum Schauplatz von über 50 Kulturschaffenden aus Bielefeld. Das Transurban-Team, die Fachhochschule (FH) Bielefeld und das Architektur-Kollektiv „orizzontale“ aus Rom haben ein diverses Kunst- und Kulturprogramm aus Konzerten, Lesungen, Kreativ-Workshops und Ausstellungen entwickelt. Ebenfalls dabei: rund 70 Studierende der FH Bielefeld, die das Gelände als Atelier- und Ausstellungsfläche für ihre Arbeiten nutzen wollen. Eine von ihnen ist Alena Ostrau. Im Rahmen ihrer Bachelorarbeit hat sie einen architektonischen Entwurf erstellt, wie die Werkstatthalle des Rochdale-Quartiers, in der früher Panzer repariert wurden, zu einem Wohnquartier umgestaltet werden könnte.
Professorin der FH Bielefeld Bettina Mons: „Konzeptionelle Entwicklung überzeugt“
Die Aufgabe von Architektur-Professorin Bettina Mons vom Campus Minden der FH Bielefeld für Alena Ostrau und ihre Mitstudierenden lautete: Entwicklung eines zukunftsweisenden und experimentellen Wohnkonzepts für eine langfristige neue Nutzung der Werkstatthalle. Dabei sollten 25-30 Wohneinheiten in unterschiedlichen Größen entstehen, um Singles, Familien sowie ältere Bewohnerinnen und Bewohner anzusprechen. „Ostraus Entwurf überzeugt sowohl in der konzeptionellen Entwicklung der gewählten Nutzungstypologien als auch in der Auseinandersetzung mit der bestehenden Industriehalle“, so Prof. Mons.
Das zentrale Element ihres Entwurfs: die Stahlkonstruktion mit Gitterträgern
„Die FH legt im Architektur-Studium viel Wert auf den praktischen Bezug und die technischen Fächer“, berichtet Ostrau. „Das ist mir bei der Arbeit an meinem Entwurf sehr zugutegekommen.“
Architektur-Absolventin Alena Ostrau
Das Besondere am Entwurf der 22-Jährigen: Die eindrucksvolle Stahlkonstruktion der Werkstatthalle bleibt erhalten. „Ansonsten habe ich aber kaum etwas stehengelassen von der Halle. Da Dachaufbau und Wände nicht mehr den heutigen Baustandards entsprechen, habe ich mich dazu entschieden, sie komplett abzureißen.“ Auch der eingeschossige Anbau auf der rechten Seite der Halle musste weichen.
Das neue Wohnquartier besteht nun aus 12 einzelnen Gebäuden mit Wohneinheiten für Jung und Alt sowie offenen und gemeinschaftlich genutzten Grünflächen. Ostrau hat gleichsam ein ganzes kleines Viertel in die Halle „hineingebaut“. An die Halle selbst erinnert nur noch die Stahlkonstruktion, die auf diese Weise das aus den einzelnen Gebäuden bestehende Ensemble weithin sichtbar zusammenhält. Ostrau war es wichtig, dass die geschlossenen Wohneinheiten sehr viel natürliches Licht bekommen. „Gleichzeitig wollte ich aber auch die Dimensionen des ursprünglichen Baus nach wie vor erkennbar machen. Die Stahlkonstruktion mit den Gitterträgern ist schon aus der Ferne gut zu sehen und bildet so das zentrale Element meines Entwurfs.“
Neue Interpretation durch die Verbindung aus Alt und Neu
Was ihr an der Arbeit am meisten gefallen hat? „Das Ausprobieren und Tüfteln, wie die einzelnen Baukörper unter und über der Stahlkonstruktion platziert werden können und welche verschiedenen Wohnformen entstehen sollen – das hat wirklich Spaß gemacht.“ Eine weitere Motivation für die angehende Architektin: Altes und Neues verbinden und neu zu interpretieren. Daher rührte auch ihre Idee, die Stahlkonstruktion als stilgebendes Element in ihren Entwurf einzuflechten und die Lage der Wohnhäuser an den Trägern auszurichten.
Praktischer Bezug und Fokus auf technische Fächer: das Architektur-Studium an der FH
Insgesamt hat Ostrau allein zwei Wochen täglich vier bis fünf Stunden an ihrem Modell gebaut, um die filigrane Stahlkonstruktion nachzubilden und die einzelnen Wohnblöcke und die Grünflächen maßstabsgetreu anzufertigen. Für das Entwerfen eines Konzepts, die Erstellung der Pläne, die Planung des Modells in der Architekten-Software ArchiCAD und das Bauen ihres Modells hatte sie insgesamt acht Wochen Zeit. Ein großes, sehr vielschichtiges Projekt, auf das sie während des Studiums gut vorbereitet wurde. „Die FH legt im Architektur-Studium viel Wert auf den praktischen Bezug und die technischen Fächer“, berichtet Ostrau. „Das ist mir bei der Arbeit an meinem Entwurf sehr zugutegekommen.“
Neben den Pfeilern und den Stahlträgern der Dachkonstruktion ließ Ostrau auch die vorhandenen Gruben innerhalb der Werkstatthalle bestehen – und verwandelte sie in Wassergräben. So könnten die Bewohnerinnen und Bewohner künftig im Sommer auf den Grünflächen spielen oder einfach nur relaxen und dann im Wasser plantschen und eine Abkühlung suchen.
Die Umnutzung der ehemaligen Kaserne begrüßt Ostrau sehr: „Die Idee einer Umnutzung einer ehemaligen Kaserne zu einem neuen Stadtquartier ist zwar nicht neu, aber es ist trotzdem spannend zu sehen, wie sich das Gelände entwickeln wird. Schließlich bringt jedes Quartier ganz individuelle Voraussetzungen mit sich, die bei Bebauungsplänen mitgedacht werden müssen oder, wie in meinem Entwurf, Inspiration für neue Ideen und ungewöhnliche Lösungen bieten.“
Integrales Bauen: Master-Studierende entwerfen Pläne für die Zwischennutzung
Neben der Aufgabe für die Bachelor-Studierenden beschäftigten sich auch FH-Master-Studierende des Studiengangs Integrales Bauen am Campus Minden mit der Nutzung der Rochdale Barracks. Im Gegensatz zur langfristigen Nutzung der Werkstatthalle erarbeiteten die Master-Studierenden Entwürfe für die geplante fünfjährige Zwischennutzungsphase des Geländes. Heraus kamen Pläne für Co-Working-Spaces und Ateliers sowie Marktplätze, Werkstätten und Sporteinrichtungen.
Insgesamt entwarfen die Master-Studierenden 12 Plakate zu ihren Ideen, die ebenfalls während der „TRANSURBAN Residency“ ab Samstag, den 13. August, um 14:00 Uhr gezeigt werden. Dann öffnet die TRANSURBAN Residency erstmalig die Tore zu der seit 1936 verschlossenen Kaserne. Auch die Besucherinnen und Besucher können sich in diversen Workshops und Mitmach-Aktionen austoben und dabei ebenfalls aktiv an der Gestaltung der Rochdale Barracks mitwirken. Weitere Informationen über das vierwöchige Kunst- und Kulturprogramm der TRANSURBAN Residency unter https://trans-urban.de/residency22/. (nhe)