04.04.2024

Informatik-Studierende am Campus Minden entwickeln 2D-Rollenspiel zum Lehren und Lernen

Ein Student spielt am Laptop das Spiel Dungeon
Über zwei Jahre haben Informatik-Studierende am Dungeon-Rollenspiel gearbeitet. Es funktioniert auf typischen Desktop-Betriebssystemen wie Windows, Linux oder macOS. © S. Jonek/HSBI
Das Projektteam sitzt zusammen vor dem Spiel das über einen Beamer übertragen wird
Am Projekt beteiligt waren neben Prof. Carsten Gips, hier am Laptop zugeschaltet, und Birgit Christina George (m.) auch diverse Informatik-Studierende vom Campus Minden. © S. Jonek/HSBI
Ein Mann steht vor einer Wand auf die das Dungeon Spiel per Beamer projiziert wird
André Matutat war als Wissenschaftlicher Mitarbeiter der HSBI am Projekt beteiligt. © S. Jonek/HSBI

Zocken und Lernen miteinander verbinden? Das geht! Ein Projektteam am Campus Minden der Hochschule Bielefeld (HSBI) um Informatikprofessor Carsten Gips hat in zwei Projektphasen über gut zwei Jahre mit Informatik-Studierenden ein Tool zur Gamifizierung in der Lehre entwickelt. Entstanden ist das „2D-Rogue-like“-Rollenspiel Dungeon, zu Deutsch: Verlies, das im Rahmen des Programms „Freiraum 2022“ der Stiftung Innovation in der Hochschullehre gefördert wurde.

Minden (hsbi). „Bei solchen Spielen handelt es sich um ein Subgenre von Role-Playing-Games (RPG). Man spielt einen Charakter, der verschiedene Aufgaben, sogenannte Quests, erfüllen muss, um weiterzukommen“, erläutert Carsten Gips vom Campus Minden. Das Vorbild war „Shattered Pixel Dungeon“, ein 2014 veröffentlichtes Videospiel. Nutzer und Nutzerinnen des Dungeons spielen einen Ritter, der durch zufällig generierte Räume läuft. In jedem Raum wartet eine Aufgabe: Die Frage „Welcher Planet gilt als der rote Planet?“ poppt auf dem Bildschirm auf. Der Ritter sammelt diverse Papierrollen ein, auf denen unterschiedliche Antwortmöglichkeiten stehen. Die richtige Papierrolle ist hier natürlich die, auf der „Mars“ steht. Eingesammelt und abgeliefert gibt es einen Punkt. Aufgabe erfolgreich abgeschlossen. Weiter geht es in den nächsten Raum. „Ordnen Sie die Tiere ihren Gattungen zu“. Auf Papierrollen befinden sich die Möglichkeiten Katze, Vogelspinne, Schlange, Krokodil und weitere Tiere, die den Kategorien Säugetier, Reptilien und Amphibien zuzuordnen werden sollen. Diese Fragen können je nach Fach und Schwierigkeitsgrad individuell angepasst werden.

Informatik-Studierende üben sich im Programmieren

Das Spiel beinhaltet zwei Ebenen: Zum einen liegt für Informatik-Studierende die Hauptaufgabe im Programmieren eigener Spielinhalte auf Basis des Dungeon-Frameworks. So können sie schrittweise über das Semester hinweg ein eigenes Spiel programmieren. „Weitere wichtige Ziele liegen in der Steigerung der Motivation der Studierenden. Das Ganze nennt sich ‚Game-based Learning‘, also Lernen während man spielt“, erklärt Gips.

Das Projektteam steht in einer Runde zusammen
Fast zweieinhalb Jahre hat das Projektteam an dem Rollenspiel gearbeitet. Das Framework gibt es zur freien Verfügung bei GitHub. © S. Jonek/HSBI

„Wir verfolgen den didaktischen Ansatz des 'Self-Paced Learnings'. Studierende können ihr eigenes Lerntempo bestimmen.“

Prof. Dr. Carsten Gips, Informatiker

Zum anderen können Lehrende ein Spiel für Studierende eines bestimmten Fachs aus ihren Aufgabenstellungen heraus generieren lassen. Die Fragen können individuell von Lehrenden konzipiert und auf das entsprechende Fach ausgerichtet werden. Um den typischen Spielcharakter nicht zu verlieren, gibt es auch immer mal Level, bei denen es darum geht, Gegner zu besiegen, indem man sie mit Feuerbällen trifft. Heiltränke oder Waffen gibt es auch. Die muss ein Spieler allerdings auf seinem Weg immer wieder einsammeln. Die Spiel-Level werden vom Framework zufallsgesteuert generiert, so dass kein Spiel einem andern gleicht. Dasselbe gilt für Aufgabentypen. Eine Multiple-Choice-Aufgabe kann ganz unterschiedlich umgesetzt werden.

Das Spiel passt sich an Lerntempo des jeweiligen Nutzers an

Mit „Dungeon“ können Lehrende auf die zunehmend stark heterogene Leistungsfähigkeit und das unterschiedliche Vorwissen der Studierenden eingehen. Sie selbst nehmen Einfluss darauf, wie das Spiel weitergeht. „Fortgeschrittene Studierende können komplexere Ideen realisieren und werden auf diese Weise gefördert“, sagt der wissenschaftliche Mitarbeiter André Matutat. Weniger erfahrene Studierende erhalten automatisch weitere Aufgaben zu den Bereichen, in denen sie nicht alle Punkte sammeln konnten. „Ein im Projekt verfolgter didaktischer Ansatz ist das sogenannte ‚Self-Paced Learning‘, bei dem Studierende in gewissen Grenzen sowohl den Umfang als auch den Zeitpunkt der zu bearbeitenden Aufgaben selbst bestimmen und so auf ihr individuelles Lerntempo eingehen können“, sagt Prof. Carsten Gips.

Auch für Schulen interessant, um für Informatik zu begeistern

Eine Frau lehnt an einer Wand und lächelt in die Kamera
Informatikerin Birgit Christina George hat das Projekt mit auf die Beine gestellt.

Für die Aufgabenspezifikation durch die Lehrenden ist eine einfache domänenspezifische Programmiersprache (DSL) entwickelt worden. So ist das Framework auch zugänglich für Lehrende ohne Vorkenntnisse im Programmieren. „Es könnte sogar in Schulen benutzt werden, um die Begeisterung von Schülern und Schülerinnen für Informatik zu wecken“, sagt André Matutat. „Das Spiel mit der Möglichkeit, Aufgaben zu integrieren, richtet sich explizit an alle Fachgebiete und Studiengänge.“

Das Framework finden Interessierte online auf der Plattform GitHub. Es ist dort als Open Educational Resource (OER) veröffentlicht und steht zur freien Nutzung, aber auch zur gemeinsamen Weiterentwicklung zur Verfügung. Dort finden sich alle wichtigen Informationen und Dokumentationen für einen einfachen Start ins Dungeon-Abenteuer. (sad)

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