18.01.2012

'Im Modus der Gabe'

Prof. Dr. Ingrid Hentschel stellt ein Buch vor, das den Autonomieanspruch und die soziale Wirksamkeit im kulturellen Austauschprozess thematisiert.

Bielefeld (fhb). 'Im Modus der Gabe', so lautet der Titel des Buches, das jetzt an der Fachhochschule Bielefeld vorgestellt wurde. Prof. Dr. Ingrid Hentschel vom Fachbereich Sozialwesen der FH zeichnet als Herausgeberin gemeinsam mit Klaus Hoffmann (Theaterwissenschaftler und –pädagoge, Arbeitskreis Kirche und Theater in der EKD) und Una H. Moehrke (Kunsthochschule Halle) verantwortlich für die 208 Seiten starke Publikation, die im Kerber-Verlag erschienen ist und sich an ein Publikum wendet, das bereit ist zur kritischen, theoretischen Reflexion: „Theater, Kunst, Performance in der Gegenwart“, präzisiert der Untertitel. Professorin Hentschel anlässlich der Buch-Präsentation: „Es geht um das Selbstverständnis aktueller künstlerischer Praxis, um das Geben und Nehmen und die Kultur der Gegenseitigkeit.“ Und auch um die Frage, „inwieweit Kunst weniger als Ware, denn als Gabe zu betrachten ist“. Oder, etwas zugespitzt: um die brisante Verflechtung von Ökonomie, Moral und Kunst.

Im Buch zusammengefasst werden Beiträge, die im Juni 2010 im Zentrum für interdisziplinäre Forschung (ZiF) der Uni Bielefeld anlässlich des internationalen Symposiums „Konzepte der Gabe in der Gegenwartskunst“ vorgestellt wurden. Etwa zur „Philosophie der Gabe – Gaben ohne Gegengabe?“, zur „Ökonomie der Gabe“, zu „unerbetenen Gaben – die Kunst des Einmischens in öffentliche Angelegenheiten“ oder zur „künstlerischen Schaffenskraft als Gabe – Religionsphilosophische Aspekte aus Buddhismus, Juden- und Christentum“. Professorin Hentschel, damals mitverantwortlich für das Symposium: „Wir wollen die aktuellen Entwicklungen der Künste beschreiben und nachvollziehen, ob und wo der Künstler sich hinauswagt ins soziale Feld.“

Zudem ging es damals und geht es heute um die Ökonomisierung von Kunst und Kultur, um ethische Herausforderungen und Anerkennungen, um die „Uneigennützigkeit der Gabenkunst“ (Hentschel) und um die künstlerische Selbstverpflichtung. Also, wenn man so will, grundsätzlich um die Standortbestimmung: Wie kann ich mein Talent, meine Begabung quasi als Gabe für die anderen einsetzen, um das Publikum anzusprechen, es zum Mitmachen einzuladen und – idealtypsich – eine Gabe vom Publikum als Gegenleistung zu erhalten. 

Der Kerber-Verlag hält in seiner Medieninformation fest: „Im Mittelpunkt des Buches stehen Modelle aus Theater, bildender Kunst und Performance, in denen Prozesse des Austauschs, des Transfers und der Reziprozität wirksam sind. Angesichts der performativen Entwicklung der Gegenwartskünste diskutieren die Beiträge, inwieweit die aus ethnologischer, philosophischer und sozialwissenschaftlicher Perspektive entfalteten Konzepte der Gabe sich als tragfähig erweisen, um das Selbstverständnis aktueller künstlerischer Praxis im Spannungsfeld von Autonomieanspruch und sozialer Wirksamkeit zu reflektieren und ethisch zu akzentuieren.“

Professorin Hentschel vertritt am Fachbereich Sozialwesen das Lehrgebiet ‚Ästhetik und Kommunikation‘ mit den Schwerpunkten Theater, Literatur, Kultur und Bildung. Sie leitet das Theater4 am Fachbereich und forscht in zahlreichen Projekten zur Theorie und Praxis des Theaterlebens. 'Im Modus der Gabe' ist reich bebildert, kann online bestellt oder im Buchhandel zum Preis von 25,90 Euro erworben werden.