Das Recht muss mit den technischen Entwicklungen Schritt halten
Forscherinnen und Forscher tagen zu juristischen Aspekten bei der Mensch-Technik-Interaktion an der FH Bielefeld.
Bielefeld (fhb). Eine elektronische Hilfe bei den kleinen und großen Problemen des Alltags zu bekommen – gerade für Menschen mit Erkrankungen oder Handicap wäre dies eine wichtige Unterstützung zur Erhaltung eines selbstbestimmten Lebens. Doch bei der Entwicklung und Anwendung solcher Assistenzsysteme ist zwangsläufig die Einbindung und Verarbeitung personenbezogener Daten erforderlich. Und diese rasante technische Entwicklung der vernetzten Digitalisierung betrifft nicht nur die zukünftigen Assistenzsysteme, sondern nahezu alle Gesellschaftsbereiche. Bereits heute ist nicht immer nachvollziehbar, was mit den Daten aus Fitness-Trackern oder Smartphone-Apps geschieht und wo sie überall gespeichert werden. „Nicht umsonst heißt es: Daten sind das neue Gold“, sagt Prof. Dr. Brunhilde Steckler von der Fachhochschule Bielefeld. Sie findet: „Das Recht muss mit den Innovationen Schritt halten, um den Schutz der Persönlichkeitssphäre und der Selbstbestimmung des Menschen zu gewährleisten.“
In der FH Bielefeld besprachen am Freitag, 18. November, rund 90 Teilnehmerinnen und Teilnehmer die rechtlichen Probleme bei der Entwicklung neuer Technologien. Sie alle arbeiten in Projekten des Forschungsprogramms „Mensch-Technik-Interaktion“ des Bundesministeriums für Bildung und Forschung, das die Konferenz gemeinsam mit dem Projektträger VDI/VDE-IT an der FH Bielefeld ausrichtete. Das Programm umfasst von einem interaktiven und emotionssensitiven Lernsystem für Geschäftsprozesse über ein interaktives Beleuchtungssystem zur Unterstützung des Schlaf-Wach-Rhythmus speziell für Menschen mit Demenzerkrankung bis hin zu einem Assistenzsystem zur Erkennung des emotionalen Zustandes von Werkstattmitarbeiterinnen und -mitarbeitern viele unterschiedliche Forschungsprojekte zur Mensch-Maschine-Interaktion. In Bielefeld ist „KOMPASS“ ein Teil des Forschungsprogramms. Unter Leitung des CITEC der Universität Bielefeld wird ein sozial kooperativer virtueller Assistent als Tagesbegleiter für Menschen mit Unterstützungsbedarf, wie Demenz oder Behinderungen, entwickelt. „Unser System soll ethisch und rechtlich akzeptabel sein. Deshalb war und ist von Anfang die Juristin Prof. Dr. Brunhilde Steckler von der FH Bielefeld mit ihrem Team in unsere Forschung eingebunden“, erklärte Projektleiter Prof. Dr. Stefan Kopp vom CITEC bei der Begrüßung. Die Vorträge hielten Christian Burkert (praemandatum GmbH), Prof. Dr. Iris Kirchner-Freis (MLS LEGAL), Prof. Dr. Beatrix Weber (Fachhochschule Hof), Prof. Dr. Wolfgang Schild (Uni Bielefeld) und Dr. Thilo Weichert, ehemaliger Datenschutzbeauftragter Schleswig-Holsteins.
Die Referenten waren sich einig, dass die ab Mai 2018 geltende EU-Datenschutzgrundverordnung ein großer Fortschritt im Datenschutz ist. „Die genauen Auswirkungen auf die deutsche Rechtsanwendung sind jedoch noch nicht genau abzusehen“, erklärte Steckler. Denn die Regelungen seien abstrakt und würden erst im Laufe der Jahre durch Gerichte und Praxis ausgestaltet und geformt. Deshalb sei es umso wichtiger, dass Innovation, Forschung und rechtliche Sichtweise Hand in Hand gehen: „Von der technischen Entwicklung über die Einbettung in Unternehmensstrukturen bis hin zur Nutzung durch den Menschen“, so Steckler. Diese Vernetzung erfordere auch die Entwicklung neuer Strategien der Zusammenarbeit unter den verschiedenen Fachdisziplinen. Interdisziplinärer Austausch und Verständnis entscheiden über rechtliche Zulässigkeit, positive Nutzer-Akzeptanz und letztlich auch den wirtschaftlichen Erfolg eines zukünftigen Assistenz-Produkts, führte die FH-Professorin aus.