25.07.2014

Mikroorganismen gegen Ernteschäden

An der FH Bielefeld entwickeltes Verfahren wurde in internationalem Workshop vorgestellt.

Bielefeld (fhb). 33 Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus elf Ländern sind am 14. und 15. Juli 2014 an die FH Bielefeld genommen, um sich über "Applikationstechniken von Endophyten" auszutauschen. Dabei geht es um die Entwicklung von Verfahren, mit denen nützliche Mikroorganismen gegen Schadinsekten und -pilze eingesetzt werden können.

Zu dem internationalen Workshop hatte die Arbeitsgruppe von Professor Dr. Anant Patel, Fachbereich Ingenieurwissenschaften und Mathematik, eingeladen.

Trotz der Verwendung chemischer Pestizide führen Pflanzenkrankheiten und Fraßschäden durch Schadinsekten aufgrund von Resistenzentwicklungen zu immensen Ernteverlusten an Kulturpflanzen wie Mais, Raps oder Getreide. Die sinkende Wirksamkeit und die negativen Auswirkungen auf Bienenpopulationen führten dazu, dass die europäische Politik eine nachhaltige Reduzierung des chemischen Pflanzenschutzmitteleinsatzes fordert. Zudem ist die Verwendung von chemischen Düngern zur Steigerung des Pflanzenwachstums aufgrund der Salzbelastung von Gewässern umstritten.

Eine mögliche Alternative stellen Mikroorganismen dar, welche in der Lage sind, ohne schädliche Auswirkungen im Inneren einer Pflanze, das heißt endophytisch, zu leben und je nach Art des verwendeten Endophyten eine Reihe positiver Effekte auf die Pflanzen auszuüben. Heutzutage sind Endophyten bekannt, die das Wachstum der Pflanze und damit den Ertrag durch die Produktion von Phytohormonen steigern, die in der Lage sind Stickstoff und Kohlenstoffdioxid zu fixieren und damit für die Pflanzen zugänglich zu machen und die Schutz vor erhöhten Salzkonzentrationen im Boden, Pflanzenkrankheiten und Schädlingsfraß bieten.
Damit die Endophyten auch unter Feldbedingungen in der Lage sind, Pflanzen zu besiedeln, ist eine anwendungsorientierte Formulierung in Form eines Saatgutcoatings, einer Spritzbrühe, Granulaten oder Kapseln unabdingbar, wobei die richtige Art der Formulierung für jede Anwendung neu evaluiert werden muss. Dabei sollte eine geeignete Formulierung die Etablierung des Endophyten im Boden beziehungsweise nahe der Pflanze verbessern, die Penetration und letztendlich die Besiedlung der ganzen Pflanze erlauben sowie die Applikationsdosis und folglich die Kosten senken.

In Kooperation mit dem Entomologen Professor Dr. Stefan Vidal von der Georg-August-Universität Göttingen forscht die anwendungsorientierte Arbeitsgruppe "Fermentation und Formulierung von Zellen und Wirkstoffen" unter der Leitung von Professor Dr. Anant Patel an der Umsetzung einer solchen völlig neuen Pflanzenschutzstrategie.
Ziel ist, einen insektenabtötenden und zudem endophytischen Nutzpilz in Massen zu vermehren und im Anschluss so zu formulieren, dass er Raps, Tomaten und Kartoffeln sowie andere Kulturpflanzen endophytisch durchwächst und somit über einen langen Zeitraum auch im Freiland vor Insektenbefall schützt. Dabei war schon bei Projektstart klar, dass die Umsetzung dieser zukunftsorientierten Idee sehr stark von der Zusammenarbeit verschiedenster Forschungsgebiete wie der Entomologie, Molekularbiologie, Fermentationstechnologie, Formulierungswissenschaft und Applikationstechnik abhängt und folglich ein reger Austausch mit den verschiedenen Fachdisziplinen stattfinden muss.

Nach der Teilnahme an einer Konferenz der europäischen "COST Action FA1103 Endophytes in Biotechnology and Agriculture" und der Präsentation der eigenen Forschungsergebnisse wurde deutlich, dass zwischen der Grundlagenforschung, welche sich mit der Suche nach neuen Endophyten beschäftigt, und der eigentlichen Anwendung ein enormer Forschungsbedarf besteht. "Diese Lücke kann dadurch geschlossen werden, dass wir als Fermentationstechnologen und Formulierungswissenschaftler schon früh in das Screening nach neuen Biopestiziden und Biodüngern eingebunden werden und je nach der Art der späteren Applikation eine passende Fermentations- und Formulierungsstrategie entwickeln können, die auch im Freiland zu einer Besiedlung von Pflanzen mit den Endophyten führt und folglich eine wirkliche Alternative zu herkömmlichen chemischen Pestiziden und Düngern darstellt", so Professor Patel.

Um zunächst einen Austausch zum aktuellen Forschungsstand auf dem Gebiet der Endophyten als Pflanzenschutz- und Stärkungsmittel zu erreichen, veranstaltete die Arbeitsgruppe von Professor Patel unter dem Schirm der COST Action FA1103 einen internationalen Workshop zum Thema "Application Techniques of Endophytes". Im Rahmen des zweitägigen Workshops, welcher im Juli 2014 an der FH Bielefeld stattfand, wurden Vorträge zu aktuellen Forschungsaktivitäten präsentiert, die im Anschluss unter der Moderation von Professor Patel vom Fachpublikum rege diskutiert wurden und sicher zu der einen oder anderen Idee oder Kooperation geführt haben.
Der Workshop endete mit einer Diskussion zu verschiedenen offenen Fragen, zum Beispiel:  "Wie sieht die optimale Pflanzenschutz- bzw. Pflanzenstärkungsmaßnahme unter der Verwendung von Endophyten aus?" und "Wie erreichen wir dieses Ziel auch in Hinblick auf die spätere Zulassung?". Um einige dieser Fragen in naher Zukunft zu klären und die Ideen in die Tat umzusetzen, wurden die Ergebnisse der Diskussionsrunde zusammengefasst und werden als Schlusswort zusammen mit den Kurzbeiträgen zu den präsentierten Vorträgen im Verlag der FH Bielefeld veröffentlicht und sind somit weltweit zu erwerben und zitierbar.