10.12.1999
Weisheitszähne - Ziehen ohne Ängste
Durch eigenes traumatisches Erleben bei der Extraktion eines retinierten Weisheitszahnes im Unterkiefer entstand bei Professor Dr.-Ing. Horst Langer, Fachbereich Mathematik und Technik, die Idee zur Entwicklung eines neuen kieferchirurgischen Werkzeuges.
"Retiniert" heißt dabei, daß der Zahn noch nicht aus dem Kiefer herausgewachsen ist, meist horizontal im Kieferbett liegt und gegen die Wurzel des letzten Backenzahnes drückt. In der Regel wird der Zahn nach Öffnen des Kiefers und Aufbohren durch gewaltsames Hebeln in der Zahnhöhle zerlegt, um stückchenweise entfernt zu werden. Die Hebelkräfte sind erheblich und führen zu Hämatomen im Halsbereich, zu brutalen Knack- und Knochenberstgeräuschen, die bei lokaler Anästhesie vom Patienten voll wahrgenommen werden, und nicht selten zu Brüchen des Unterkiefers im Bereich der Schwächung.
Da es in der Technik ähnliche Aufgabenstellungen mit dem Ziel ein Bauteil zu zerlegen gibt, die aber ohne Hebel - d.h. ohne Querkraft und Biegemoment - auskommen, entstand der Plan, im Rahmen einer Diplomarbeit zu versuchen, die Übertragbarkeit der bekannten Prinzipien auf diese kieferchirurgische Aufgabenstellung nachzuweisen, und - bei Gelingen - ein entsprechendes Werkzeug zu entwickeln. Iris Bohnenkamp bearbeitet zur Zeit diese Themenstellung. Für ihre Diplomarbeit musste sie sich natürlich erst tief in zahnmedizinische Terminologie und Grundlagen einarbeiten. Bei den zahlreichen Gesprächen mit Kieferchirurgen wurde sehr schnell deutlich, dass mit dieser Aufgabe tatsächlich eine bisher völlig vernachlässigte Fragestellung angegangen wurde und ein erhebliches Entwicklungsdefizit besteht. In Zusammenarbeit mit den beiden Kieferchirurgen Dr. Leonhard und Dr. Dietrich Stute aus Paderborn und dem Leiter der kieferchirurgischen Universitätsklinik in Münster Professor Dr. Joos wurde das gesamte operative und medizinische Umfeld diskutiert und damit der Rahmen präzisiert. Die Fertigung der kleinen komplexen Teile gelang nur mit großzügiger Hilfe von "Aesculap", einem erfahrenen Hersteller medizintechnischer Werkzeuge.
Da die Versuchsergebnisse so überzeugend waren, wurde inzwischen auch das komplette Zangenwerkzeug entwickelt und mit drei Gebrauchsmustern patentrechtlich geschützt.
Kontakt
Fachhochschule Bielefeld
Fachbereich Mathematik und Technik
Professor Dr.-Ing. Horst Langer
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33602 Bielefeld
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