ISGT 2023 in Grenoble – Conference on Innovative Smart Grid Technologies
Die IEEE PES ISGT (Innovative Smart Grid Technologies) Europe 2023 Konferenz ist eine IEEE PES Flaggschiff-Veranstaltung. Das diesjährige Thema lautete "Powering solutions for decarbonized and resilient future smart grids". Sie wurde von der Universität Grenoble, Frankreich, organisiert und fand vom 23. bis 26. September 2023 statt.
Die Konferenz umfasste Keynotes, Panels, Industrieausstellungen, Paper- und Poster-Präsentationen von weltweiten Expert*innen für intelligente Stromnetze und verwandte Fachgebiete.
Aufbruch zum Wandel
Die ISGT Europe 2023 wurde mit einer Keynote-Sitzung aus der Industrie eröffnet und begann mit einem allgemeinen Überblick über die Herausforderungen, die die Energie- und Klimakrise in den kommenden Jahren an das Stromsystem stellen wird. "Wir brauchen einen Wandel im Stromsystem", so die Kernaussage von Gabriel Bareux, Direktor für Forschung und Entwicklung bei RTE. Die Versorgungssicherheit und die Systemsicherheit sind nach wie vor die Kernaufgaben der Elektroingenieure. "Der Zugang zu Energie sollte ein Menschenrecht sein", ergänzte Schneider Electric. Ein Wandel ist auf jeden Fall notwendig, aber wie das Energiesystem der Zukunft aussehen wird, ist noch vage. Dies liegt nun in den Händen der Ingenieure von heute und morgen.
Forschung aus Bielefeld
Mitglieder der Arbeitsgruppe Netze und Energiesysteme (AGNES) des Instituts für Technische Energie-Systeme (ITES) der Hochschule Bielefeld (HSBI) sowie der Arbeitsgruppe Kognitronik und Sensorik der Universität Bielefeld nahmen an dieser Veranstaltung teil und haben ihre aktuelle Forschung in Form von Postern, Vorträgen und Panels vorgestellt. Katrin Handel, Mitglied der AGNES, präsentierte einen intelligenten Regelungsalgorithmus für Batteriespeichersysteme zur Reduzierung der durch Photovoltaikanlagen verursachten Rückspeisespitzen. Die Ergebnisse wurden im Rahmen des deutsch-französischen Forschungsprojekts AI4DG erarbeitet. Lars Quakernack, ein weiteres Mitglied der AGNES, stellte eine gemeinsame Arbeit mit der Universität Bielefeld zur Fehlerkorrektur bei fehlerhaften Messdaten vor.
Podiumsdiskussion: aktuelle und zukünftige Herausforderungen in Europa
Prof. Jens Haubrock moderierte die Podiumsdiskussion "Digitalisierung der Verteilnetze: aktuelle und zukünftige Herausforderungen in Europa". Die Podiumsteilnehmer waren Verteilnetzbetreiber (VNB) aus verschiedenen Ländern (Deutschland, Frankreich, Schweiz und Slowenien) und Forschende von Hochschulen. Ziel dieser Session war es, die fehlenden Aspekte für eine erfolgreiche Energiewende aus der Sicht der VNB zu identifizieren. Besonders interessant war der unterschiedliche Grad der Digitalisierung in den einzelnen Ländern, der zu unterschiedlichen Herausforderungen führt.
Dr. Michael Kelker, VNB Stadtwerke Bielefeld, beleuchtete die Herausforderungen aus deutscher Sicht. Die Zunahme dezentraler Energiequellen (DER), insbesondere die Photovoltaik, sowie das Ziel der Dekarbonisierung aller Sektoren von Strom, Wärme und Mobilität belasten das Netz. Eine schnelle und notwendige Lösung sei die Digitalisierung, wie Kelker zusammenfasste. Die Schweiz hingegen hat bereits einen hohen Digitalisierungsgrad. Dennoch stehen auch sie vor Herausforderungen wie der zunehmende Anteil DER und dem Ziel, den Stromimport in der Wintersaison zu reduzieren. Yamshid Farhat, Head of Technology & AI bei der BKW Energie AG, Schweiz, sagte, die Lösung liege in der Digitalisierung, Dekarbonisierung und Demokratisierung. Das Ziel sei es, "die Prozesse so einfach wie möglich zu halten".
In Frankreich herrschen andere Bedingungen, wie Sébastien Julien, Leiter der Abteilung Netzbetrieb bei GreenAlp, Frankreich, erwähnte. Die Elektrifizierung des Wärmesektors stellt in Frankreich keine große Herausforderung dar, da dieser Sektor bereits größtenteils elektrifiziert ist und der Anteil an intelligenten Zählern im Nieder- und Hochspannungsbereich nahezu 100% beträgt. Die Herausforderungen konzentrieren sich auf den Ersatz von umweltschädlichen Materialien und die Nutzung des Internet der Dinge, um die Beobachtbarkeit des Netzes zu verbessern. Letzteres ist auch ein relevantes Thema in Slowenien, wo die Genauigkeit der Zustandsabschätzung im Niederspannungsbereich eine Herausforderung darstellt, wie Dr. Sreten Davidov, DNO Elektro Ljubljana d.d., Slowenien, ausführte.
Ein weiterer Impulsgeber für Problemlösungen ist die Forschung. Katrin Handel, Doktorandin an der HSBI, stellte Ergebnisse aus dem deutsch-französischen Forschungsprojekt AI4DG vor, in dem die Digitalisierung sowie künstliche Intelligenz genutzt werden, um der Herausforderung des zunehmenden Anteils DER zu begegnen. Bastian Steinhagen, Doktorand an der Universität Bielefeld, gab einen Überblick über das Themenfeld Energie 4.0, die Kombination aus Industrie 4.0 und Digitalisierung für den Energiesektor. Seine Arbeitsgruppe beschäftigt sich mit den notwendigen Hardware- und Kommunikationssystemen, die den Herausforderungen der Skalierbarkeit, des Datenvolumens, der Cybersicherheit, der Kommunikation sowie der DER und Flexibilitäten gerecht werden.
Im Anschluss wurden alle Vortragenden zu einer Podiumsdiskussion eingeladen. Prof. Jens Haubrock, Leiter der Session, eröffnete die Diskussion mit einer direkten Frage an die VNB.
"Was ist der wichtigste Bedarf für das zukünftige Netz?"
Alle VNB waren sich einig, dass die nächsten Schritte darin bestehen, die Beobachtbarkeit des Netzes zu erhöhen und zu verstehen, wie zukünftige Netze aussehen werden. Zu diesem Zweck ist es wichtig, die Standardisierung und Zusammenarbeit innerhalb Europas zu verstärken.
Prof. Jens Haubrock wandte sich an die Doktoranden mit der Frage: "Was sind die notwendigen Kompetenzen für einen Doktoranden? Ist es notwendig, Kenntnisse über Energiesysteme in den Computerwissenschaften zu haben und umgekehrt?"
Beide Doktoranden kommen zu dem Schluss, dass Grundkenntnisse auf dem jeweils anderen Gebiet nützlich sind. Dennoch ist es wichtig, Experten zu haben und den regelmäßigen Austausch zu fördern.
Vernetzt bleiben
Neben dem wissenschaftlichen Austausch ist es ein wesentliches Ziel der IEEE-Konferenzen das Knüpfen von Netzwerken und das Fördern von Kontakten mit alten und neuen Freunden. Dazu gab es verschiedene Gelegenheiten, wie Kaffeepausen oder das große Galadinner am Mittwochnachmittag.
Die auf der ISGT Europe vorgestellten und diskutierten Themen reichten von Künstlicher Intelligenz bis Energiegemeinschaften und bezogen sich alle auf Stromversorgungslösungen für dekarbonisierte und widerstandsfähige zukünftige intelligente Stromnetze. Die Kernaussage der ISGT Europe 2023 war, dass die Energiewende und die Dekarbonisierung ein globales Thema sind, das nur in Zusammenarbeit gelöst werden kann, und dass ein Schlüsselfaktor die Elektrifizierung sowie die Digitalisierung unserer Gesellschaft ist.