R-Prinzipien

In der Literatur sind unterschiedliche Eingrenzungen der sogenannten R-Prinzipien zu finden. Hinzukommen unterschiedliche Detaildefinitionen und eine schwammige Verwendung der einzelnen Begrifflichkeiten. Unteranderem wird in deutscher Literatur auch häufig der Begriff R-Strategien als Synonym für die R-Prinzipien verwendet. Das aktuell am häufigsten verwendete Konzept ist das 9R-Framework nach Kirchherr et al. [1]. Dieses Grundgerüst wird im Nachfolgenden beschrieben und dabei die Definitionen unterschiedlicher Literatur miteinander in Einklang gebracht sowie um neue Aspekte ergänzt. Außerdem werden die Prinzipien mit anschaulichen Beispielen verdeutlicht. Weitere Praxisbeispiele sind außerdem  bei CirQuality zu finden.

Im Rahmen der Normenrecherche des Deutschen Instituts für Normung zur Circular Economy wurden zur Einordnung aller Normen die R-Prinzipien verwendet und wie folgt formuliert: „Alle R-Strategien haben zum Ziel, den Verbrauch von natürlichen Ressourcen zu reduzieren sowie die Kreislaufführung von Materialien zu unterstützen. Sie systematisieren verschiedene Verwertungsstrategien in einer Hierarchie, ergänzen sich gegenseitig und koexistieren.“ [2]. Die R-Prinzipien beschreiben somit Mechanismen über den gesamten Lebenszyklus des Produktes, mit dem Ziel den Einsatz von Ressourcen zu minimieren, die Nutzungszeit zu verlängern und die Materialkreisläufe zu schließen.

Außerdem lassen sich die R-Prinzipien in die drei Lebensphasen

  1. Entwicklung und Herstellung
  2. Nutzung
  3. Produkt-/Teil-Lebensende

unterteilen. Das Level an Circular Economy steigt hierbei von rechts nach links. Gleichzeitig verändert sich jedoch auch der Innovationsbedarf von inkrementell zu radikal.

Eigene Darstellung zu den Zielen der R-Prinzipien in den drei Lebensphasen eines Produkts „Entwicklung und Herstellung“, „Nutzung“ und „Lebensende des Produkts oder einzelner Teile“.
Eigene Darstellung zu den Zielen der R-Prinzipien in den drei Lebensphasen eines Produkts „Entwicklung und Herstellung“, „Nutzung“ und „Lebensende des Produkts oder einzelner Teile“.

Strategien oder Prinzipien?

Betrachtet man die Begrifflichkeiten R-Prinzipien und R-Strategien im Detail, stellt sich die Frage, ob die „R-Prinzipien“ per Definition überhaupt als R-Strategien bezeichnet werden sollten. Kirchherr et al. [1] sprechen in ihren Ausführungen von „R principles“ (Grundsatz, Prinzip, Leitsatz) bzw. „R framework“ (Rahmen, Gerüst, Struktur). Nur in der Abbildung 1 der Veröffentlichung wird das Wort „strategies“ (Strategie, Planung) benutzt.

Es gibt keinen allgemein gültigen Begriff von Strategie [3]. Henry Mintzberg, ein bekannter Management-Theoretiker, hat jedoch fünf Dimensionen definiert. Diese sind neben „plan – eine bewusst geplante Handlung zur Erreichung eines bestimmten Ziels“, auch „ploy – mit einer Taktik jemanden zu überlisten“, „pattern – Routinehandlungen“, „position – Positionieren in einem bestimmten Umfeld“ und „perspective – Sichtweise einer Person oder Organisation auf die Umwelt“ [4].

Insgesamt legt der Ansatz nahe, dass Strategien mehrdimensional und dynamisch sind und nicht nur als ein fester Plan zur Erreichung eines festgelegten Ziels verstanden werden sollte. Diese Beschreibungen lassen darauf schließen, dass die „R-Prinzipien“ Prinzipien, Grundsätze und Strukturen für Produkte- bzw. Geschäftsmodellentwicklungsprinzipien beschreiben. Um die Prinzipien entsprechend in die Praxis umsetzten zu können, bedarf es weiterer mehrdimensionaler Details.

Quellen

[1] Kirchherr, J.; Reike, D.; Hekkert, M. Conceptualizing the circular economy: An analysis of 114 definitions. Resources, Conservation and Recycling 2017, 127, 221–232. DOI: 10.1016/j.resconrec.2017.09.005.

[2] DIN e. V. Modell der R-Strategien - Normenrecherche Circular Economy - DIN. https://​www.din.de​/​de/​forschung-​und-​innovation/​themen/​circular-​economy/​normenrecherche/​modell-​der-​r-​strategien (zuletzt geprüft am 06.08.24).

[3] Graf-Schlattmann, M.; Meister, D.; Oevel, G.; Wilde, M. Hochschulstrategie als Prozess. Zum allgemeinen und hochschulspezifischen Begriff der Strategie. Arbeitspapier des Projekts QuaSiD, Universität Paderborn, Paderborn, 2018.

[4] Mintzberg, H. The Structuring of Organization. A Synthesis of Research; Englewood Cliffs NJ: Prentice-Hall, 1979.

 

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