Architekten vom Campus Minden richten in Kooperation mit der Stadt Minden und der Architektenkammer NRW Fachtagung zu Wohnmodellen der Zukunft aus.
Wie wollen wir in Zukunft wohnen und wie können die künftigen Bewohner an der Planung beteiligt werden? Zu diesen Kernfragen hat Dr. Andreas Uffelmann, Architekturprofessor am Campus Minden der Fachhochschule (FH) Bielefeld, Experten von Architekturbüros aus Wien, Berlin, München und Wuppertal eingeladen. Sie referierten bei der Tagung „Wohnen für Alle“ am 25. Januar 2018 im Audimax des Campus Minden über ungewohntes, „radikales“ und nachhaltiges Bauen und Wohnen.
Uffelmann richtete die Tagung gemeinsam mit der Architektenkammer NRW und der Stadt Minden aus. Bürgermeister Michael Jäcke, selbst Absolvent des Mindener Campus, ist grundsätzlich immer für die Zusammenarbeit mit der Hochschule zu haben. Von der Tagung erhoffe er sich „Inspirationen für das aktuell aufgestellte Handlungskonzept Wohnen der Stadt Minden“, sagte er bei seiner Begrüßung. Minden sei in den letzten Jahren auf rund 84.000 Einwohner gewachsen, Wohnraum sei knapper und somit teurer geworden. Lars Bursian, Beigeordneter für Städtebau und Feuerschutz der Stadt Minden, erklärte zum Handlungskonzept: „Bislang hatten wir in Minden einen relativ entspannten Wohnraum, was auch nicht nur ein Vorteil war. Doch nun müssen wir aktiv werden und haben zunächst analysiert, in welchen Teilsegmenten des Wohnungsmarktes es Probleme gibt und wie alle Bevölkerungsgruppen quantitativ und qualitativ zu vernünftigen Preisen Wohnraum zur Verfügung gestellt werden kann.“ Es sei absehbar, dass der Anteil preisgebundener Wohnungen sinke und so stelle sich beispielsweise die Frage, ob bei den Planungen bis 2035 genügend kleinere, günstige und auch barrierefreie Wohnungen dabei seien. In einigen Quartieren Mindens stünden zudem Generationenwechsel an, die berücksichtigt werden sollen. Für die Baulandstrategie habe die Stadt verschiedene Zielgruppen definiert, wie zum Beispiel Senioren, die vom Einfamilienhaus aus dem Umland in eine zentrale Wohnung in der Stadt ziehen möchten. Als weitere Querschnittsfragen, die im Konzept eine Rolle spielen, nannte Bursian Integration, Inklusion, Zusammenhalt der Gesellschaft, die Vermeidung von Segregation, Heimatgefühl, Begegnung, nachhaltige Stadt und Urbanität.
Urbane Wohnprojekte, in denen Gemeinschaft, Begegnung und Durchmischung eine große Rolle spielen, stellte Franz Sumnitsch, Geschäftsführer des Architekturbüros BKK-3 aus Wien, in seinem Vortrag „Wohnen ungewohnt“ vor. Auf dem Gelände einer ehemaligen Sargfabrik in Wien hat das „Baukünstlerkollektiv“ BKK in einem Gebäudekomplex in einer Art Genossenschaftsmodell für 200 Bewohner verschiedene Ziele vereint: Gemeinschaft, Kommunikation, Wohnen und Arbeiten, Startwohnungen und Mehrgenerationen. „Überrascht hat uns beispielsweise, dass kleine Dreizimmerwohnungen mit rund 50 Quadratmetern von alleinerziehenden Müttern stark nachgefragt waren“, erwähnte Sumnitsch. Neben den Wohnungen gibt es in der Sargfabrik Gemeinschaftsbereiche wie eine Dachterrasse, einen Waschsalon, eine Spiellandschaft, einen Jugendclub, eine Gemeinschaftsküche und öffentliche Flächen wie ein Restaurant, ein Schwimmbad und einen Kindergarten.
Im Referat von Florian Köhl vom Berliner Architekturbüro fatkoehl ging es um den „supermix“, ein vom Architekten Frei Otto inspiriertes Wohnprojekt, bei dem die Eigentümer der einzelnen Wohnungen großen Freiraum bei der Gestaltung hatten.
Weitere Referenten waren Rainer Hofmann von bogevischs buero aus München mit dem Vortragstitel „Radikal wohnen!“ und Olaf Scheinpflug vom Architektur Contor Müller Schlüter aus Wuppertal, der über „Nachhaltige Wohnraumqualität heute und morgen. Flexibilität trotz Serialität“ referierte.
Rund 200 Zuhörerinnen und Zuhörer waren der Einladung gefolgt, darunter Architekten aus der Umgebung, Studierende und interessierte Bürgerinnen und Bürger. In der abschließenden Podiumsdiskussion, die von Bursian und Uffelmann moderiert wurde, wurden Fragen erörtert, die die Integration der gebauten Projekte in ihr direktes und städtebauliches Umfeld behandelten. Die Begleitung von Kooperationen mit Bewohnern von Baugruppen durch die planenden Architekten, deren zeitlicher Aufwand und die notwendigen sozialen Kompetenzen waren ebenso Thema wie die Akzeptanz von Gemeinschaftseinrichtungen durch ihre Bewohner und Benutzer. Weiterhin wurde über die Möglichkeiten zur Kostendämpfung durch serielle Vorfertigung diskutiert. Beim abschließenden Kaffee tauschen sich die Teilnehmerinnen und Teilnehmer im direkten Gespräch mit den Vortragenden aus. Die Gespräche wurden anschließend weitergeführt „Viele Beiträge aus dem Publikum ergänzten die Podiumsdiskussion, so dass der Eindruck einer hochinteressanten und informativen Veranstaltung mit einer engagierten Zuhörerschaft bleibt“, resümierte Andreas Uffelmann.