Zwölf ehemalige Studierende besuchen den Campus Minden ein halbes Jahrhundert nach ihrem Abschluss.
Sie haben ihre Abschlüsse in Architektur oder Bauingenieurwesen 1972 oder 1973 gemacht: Zwölf ehemalige Studierende sind nun zu einem Semestertreffen an ihre Studienstätte Campus Minden zurückgekehrt. Auch damals befanden sich die Hörsäle und Seminarräume schon in den Räumen der ehemaligen Kaserne in der Artilleriestraße, deren Charme bis heute erhalten blieb. Doch natürlich gab es auch einige Veränderungen, wie die Ehemaligen bei einer Campusführung erfuhren: Die ehemalige Artilleriekaserne, in der sich Seminarräume, Hörsäle, Labore, Büros und eine Mensa befinden, wurde von 1996 bis 2002 vollständig unter den Gesichtspunkten des Denkmalschutzes saniert und renoviert. Im Juli 2015 wurde ein Neubau auf dem Campus in Betrieb genommen, in dem die Campus-Bibliothek, die Mensa, sowie Seminarräume, Labore und Büros untergebracht sind. Aktuell laufen weitere umfassende Umbau- und Sanierungsarbeiten im Hauptgebäude. Nicht zuletzt ist auch die Studierendenzahl von damals etwa 500 auf heute über 1.800 angestiegen, was vor allem durch die neuen praxisintegrierten Ingenieursstudiengänge und Informatik zu begründen ist.
Über die Lehre den Weg ins Studium gefunden
Der Organisator des Treffens, Gerd Otten, hat damals in einer WG in Friedewalde über einer Brüterei gewohnt. „In der Gaststätte Heinrich Ötting in Warmsen haben wir uns häufig getroffen“, so Otten. An einen Spruch von damals erinnert er sich auch noch gut: „Jeder Bäcker und Friseur wird in Minden Ingenieur.“ Dass das nicht stimmte, ließe sich an den Lebensgeschichten der ehemaligen Studierenden ersehen, meint Otten. Schlosser, Maurer bis hin zur Bauzeichnerin: eine Berufsausbildung haben nahezu alle der zwölf Studentinnen und Studenten absolviert, ehe sie sich weiterbildeten und 1972 bzw. 1973 ein Ingenieursstudium in Minden aufnahmen. „In unserem Jahrgang gab es nur einen Abiturienten, alle anderen sind über die mittlere Reife und eine abgeschlossene Lehre zum Studium gekommen. Erst die Bildungsreform in den 1970er Jahren, unter anderem die BAföG-Einführung, sorgte dafür, dass viel mehr junge Leute studieren konnten“, erzählt Detlev Sönnichsen, Geschäftsführer eines Ingenieurbüros und Experte für Hochwasserschutz und Gewässer. Viele von ihnen arbeiteten später in ihrem tatsächlichen Beruf, als Bauleiter oder Kalkulator, einige nahmen ein zweites Studium auf und unterrichteten an Berufsschulen.
Erste Frau unter Hochschulabsolventen
Unter den Ehemaligen befindet sich auch die erste weibliche Absolventin des Fachhochschulstandorts Minden. Nach einer abgeschlossenen Lehre zur Bauzeichnerin begann Carola Bank 1972, Baubetrieb in Minden zu studieren. „Das Studium selbst war kein Problem. Ich bin gut durchgekommen. Auch die Akzeptanz der Jungs im Seminar stellte keine Schwierigkeit da. Ich habe schnell das Biertrinken gelernt. Schwer war dagegen, einen Job nach dem Studium und mit 21 Jahren den Weg ins Arbeitsleben zu finden“, so Carola Bank. Gerd Otten stimmt ihr zu: „Nicht nur für Frauen und Ingenieure, sondern für Absolventen fast aller Studiengänge war der Jobeinstieg 1975 schwierig. Es war eine sehr flaue Zeit. Viele mussten nach dem Studienabschluss zunächst einmal Arbeitslosengeld beantragen.“
Auf das Studium und die gemeinsame Zeit blicken die Ehemaligen sehr gerne zurück. „Wir saßen oft nur zu dritt oder zu viert im Seminar und hatten einen sehr familiären Kontakt zu den Professoren. Auch, weil viele von ihnen sehr jung und der Altersunterschied zu uns somit sehr gering war“, berichtet Gerd Otten und fügt hinzu: „So kam es auch schon mal vor, dass man das Fahrrad des Professors ins eigene Auto packte und ihn in die nächste Kneipe fuhr.“
Jahrgang entwickelte bewährtes Party-Konzept
In der Studienzeit durften Studentenpartys natürlich nicht fehlen. So verwandelten die ehemaligen Studentinnen und Studenten kurzer Hand den Keller der Alten Mindener Molkerei (heute Modehaus Dittrich) in eine selbstverwaltete Kneipe. „Es gab wilde Partys mit Persiko, Fußballfernsehabende und Rock-Palast-Nächte, inklusive eigenem Clubausweis. Der Studentenkeller war stets gut besucht, entwickelte sich mit 2.000 D-Mark Leergut-Schulden aber auch schnell ins Minus“, erinnert sich Horst Spreckelmeier. „Eine finanzielle Lösung musste zügig her und so organisierten wir die allererste FH-Party – mit Essen und Getränken sowie Stempel und Eintrittsgebühr von 99 Pfennig.“ Das Konzept hat sich bewährt: Eine selbstverwaltete Keller-Kneipe befindet sich heute auf dem Campus selbst – gefeiert wird dort weiterhin. (nsc/vku )