03.11.2023

Iranische Frauenrechtlerin, Buchautorin, Eventmanagerin: HSBI-Alumna Maja Zakeri betreibt Kunstcafé Anar

Das Kunstcafé Anar von außen
„Anar“ heißt aus dem Persischen übersetzt „Granatapfel“ und ist in der persischen Küche ein sehr wertvolles Obst, denn es kommt der Erzählung nach direkt aus dem Paradies. © P. Pollmeier/HSBI
Eine Kleingartenanlage in der Nähe des Kunstcafés Anar.
Kleingarten an Kleingarten reihen sich in dieser Dortmunder Gartenanlage aneinander, und irgendwo dazwischen befindet sich auf einmal ein persisches Café. Ein starker Kontrast, der aber funktioniert. © P. Pollmeier/HSBI
Nahaufnahme eines Gemäldes einer Frau
Klare Linien, kraftvolle Farben und Formen sowie Detailreichtum sind typische Kennzeichen der persischen Kunst. So auch zu sehen bei diesem Frauenporträt im Kunstcafér Anar, das von dem iranischen Künstler Mostafa Hosseini, kurz Mossi, stammt. © P. Pollmeier/HSBI
Ein Regalbrett mit Büchern und kleiner Büsten persischer Dichter
Büsten berühmter und bedeutender persischer Dichter aus dem 14. Jahrhundert wie Hafis, Saadi und Ferdowsi (v.r.n.l.) sind im Café Anar ebenfalls zu finden. Zugleich sind sie Gegenstände, die Zakeri helfen, ihren Gästen ihre Kultur näher zu bringen. © P. Pollmeier/HSBI
Maja Zakeri deckt einen Tisch für eine Hochzeitsfeier im Kunstcafé Anar ein.
Neben Kulturveranstaltungen werden auch Hochzeiten, Geburtstage und Firmenfeiern im Kunstcafé Anar ausgerichtet. Ein großer Saal steht dafür zur Verfügung, in dem bis zu 80 Menschen Platz finden. © P. Pollmeier/HSBI
Maja Zakeri beim Fotografieren in einer Kleingartenanlage.
Ihr Bachelorstudium am Fachbereich Gestaltung in der Studienrichtung „Fotografie und Bildmedien“ schloss Maja Zakeri 2020 an der HSBI ab. © P. Pollmeier/HSBI
Maja Zakeri macht Fotos in einer Kleingartenanlage.
Maja Zakeri war schon immer von der Fotografie fasziniert, weil sie zeigt, wie besonders die Welt und die Menschen sind. © P. Pollmeier/HSBI
Ein persisches Café mitten in einer Dortmunder Kleingartenanlage. Ein starker Kontrast, der aber funktioniert – zumindest für Mahboobeh Zakeri Khoob. Die Perserin kam 2016 als Flüchtling aus dem Iran nach Deutschland, studierte an der HSBI Fotografie und Mediengestaltung und eröffnete während ihres Masterstudiums das Kunstcafé Anar. Eventmanagerin, Frauenrechtlerin, Buchautorin und Hochzeitsfotografin: Zakeris viele Interessen vereinen sich in der Location.

Bielefeld/Dortmund (hsbi). Die Dortmunder Kleingartenanlage ist verlassen an diesem verregneten Mittwochnachmittag. In einem Glaskasten hängen Schilder mit Hinweisen zur Einhaltung der Mittagsruhe und der maximal zulässigen Heckenhöhe. Daneben, bunt und auffällig, Poster des Kunstcafés Anar. Sie werben für ein Sommerfest mit Kinderschminken und DJ-Nacht – und für eine Fotoausstellung von Mahboobeh Zakeri Khoob, genannt Maja, Inhaberin des Kunstcafés, und ehemalige Fotografiestudentin der Hochschule Bielefeld (HSBI).

Das 2022 gegründete Kunstcafé hat ein offenes Konzept: „Egal mit welcher Idee, alle Künstler*innen sind willkommen“, erklärt Zakeri. Ob modern, alltäglich oder abstrakt – Kunstschaffende können die Galerie des Cafés kostenlos mieten, um sich und ihre Arbeiten zu präsentieren. Zusätzlich dürfen Bands aus der Umgebung das Café als Proberaum nutzen. Daraus hat sich sogar ein neues Veranstaltungsformat entwickelt: das Jazzfrühstück. „Gäste können hier ab und zu samstags frühstücken, und lokale Bands spielen Jazzmusik als Begleitung dazu“, berichtet Zakeri.

Ein Gastrowettbewerb macht Zakeri zur Caféinhaberin

Innenraum des Kunstcafé Anars
Ein Stück Persien in Dortmund: Das können Gäste im Kunstcafé Anar erleben.

„Ich bin durch Zufall auf die Räume hier in der Kleingartenanlage gestoßen“, erzählt Zakeri. Für ihr Studium „Professional Media Creation“ an der Folkwang Universität der Künste Essen entwickelte sie im Sommer 2022 ein Gastronomiekonzept und bat einen damaligen Dozenten, das Projekt zu bewerten. Der machte sie dann auf den Gründungswettbewerb „Geschmackstalent“ der Stadt Dortmund aufmerksam. Der Wettbewerb unterstützt Unternehmerinnen und Unternehmer, die die Dortmunder Gastro-Szene mit frischen Ideen bereichern möchten. „Der Bewerbungsschluss war noch am selben Abend. Ich musste mich also beeilen, um mein Konzept noch einzureichen“, erinnert sich Zakeri mit einem Lachen. Ihr Businessplan wurde als einer von zehn ausgezeichnet. Zakeri gewann neben einem Geldpreis auch ein professionelles Coaching für die Umsetzung von Gastronomiekonzepten. Wenige Monate später setzte sie ihr Konzept um und eröffnete das Kunstcafé Anar.

Das Verbot ihres regimekritischen Buches motiviert Zakeri zur Flucht aus dem Iran

Die Urkunde des Dortmunder Wettbewerbs präsentiert Zakeri stolz in einem Bücherregal, das über einem gemütlichen Sofa gegenüber der Bar im Café hängt. Der Blick in das Regal verrät viel über Zakeris Geschichte, es ist Trophäenschrank und Mahnmal zugleich: Neben einem Zeitungsartikel über Zakeris Fotoausstellung in Bielefeld-Brackwede und ihrem Abschlusszeugnis von der HSBI stehen hier Bücher in persischer Sprache Seite an Seite mit einem Duden und einem Magazin mit dem Titel „Für dieses Heft würde man im Iran einen Kopf kürzer gemacht“. Zakeri selbst stand 2016 vor der Entscheidung, aus dem Iran zu fliehen oder sich den Repressionen im Land zu beugen. Sie entschied sich für Ersteres. Das Bücherregal im Kunstcafé präsentiert auch einen der Gründe für Zakeris Flucht: Ein Buch mit dem Titel „Frauen: Freiheit oder Zwang“. Das feministische und regimekritische Buch wurde von der iranischen Regierung indiziert.

Maja Zakeri hängt mehre Bilder in der Galerie im Kunstcafé Anar auf.
Werke des iranischen Künstlers Mostafa Hosseini, kurz Mossi, zieren derzeit die Galerie im persischen Café.

Zakeri verfolgt die Geschehnisse in ihrem Heimatland weiterhin. Auf ihren linken Arm hat sie sich das Motto der iranischen Frauenbewegung tätowieren lassen: Jin, Jiyan, Azabi (übersetzt: Frau, Leben, Freiheit). Auch aus der Ferne versucht Zakeri, die Bewegung so gut wie möglich zu unterstützen: „Ich spende immer einen Teil meiner Einnahmen aus Veranstaltungen an die Frauenbewegung.“

Studium an der HSBI: „In Bielefeld wurde mein Traum wahr“

Maja Zakeri richtet eine Blume. Auf ihrem linken Arm hat sie ein Tattoo mit dem Motto der iraniscen Frauenbewegung (übersetzt: \
Die tiefe Verbundenheit mit der iranischen Frauenbewegung spiegelt sich auch in ihrem Tattoo wieder. In Farsi stehen dort die drei Wörter "Jin, Jiyan, Azabi", die übersetzt "Frau, Leben, Freiheit" bedeuten.

Angekommen in Deutschland brachte sich Zakeri die Sprache zum Teil selber bei und bestand die Sprachprüfung, die Voraussetzung für ein Studium an einer deutschen Hochschule ist. Von 2017 bis 2020 studierte Zakeri den Bachelor am Fachbereich Gestaltung der damaligen FH in der Studienrichtung „Fotografie und Bildmedien“. Zakeri: „Im Iran musste ich ein Ingenieurstudium belegen, obwohl ich viel lieber etwas Künstlerisches studiert hätte. In Bielefeld konnte ich meinen Traum dann wahrwerden lassen.“ Während ihres Studiums erhielt Zakeri zweimal ein Jahresstipendium des Deutschen Akademischen Austauschdienstes (DAAD), mit dem sie sich den Lebensunterhalt finanzierte. Für sie war der größte Unterschied zwischen einem Kunststudium in Deutschland und im Iran die Herausforderung, im Iran mit der Zensur umgehen zu müssen.

Schon als Grundschülerin organisierte Zakeri Schulveranstaltungen

Vor dem Caféeingang liegt eine kleine, weinumrankte Terrasse mit vier Tischen, davor eine große Grünfläche. Sogar eine kleine Sektbar gibt es, in einer offenen Holzhütte. „Die nutze ich für größere Feiern wie Geburtstage und Hochzeiten“, erklärt Zakeri. Im Café gibt es einen großen Saal, der bereits für eine Hochzeit dekoriert ist. Bis zu 80 Menschen finden hier Platz. Zakeri bietet ein Rundumpaket für Feiern an: „Ich stelle die Räume, organisiere alles von den Einladungen bis hin zur Musik, bereite ein Buffet vor und begleite die Feier auf Wunsch auch als Fotografin.“

Maja Zakeri gießt Blumen mit Wasser in ihrem Café.
Anfang 2016 beschloss Maja Zakeri aus ihrer Heimat zu fliehen. Zu Fuß und ohne Reisepass, den dieser lag bei der iranischen Polizei, flüchtete sie zunächst aus dem Norden Irans durch die Berge in die Türkei. Von dort ging es mit einem kleinen Boot weiter nach Griechenland. Hier konnte sie sich einen neuen Reisepass und ein Flugticket nach Hamburg kaufen. © P. Pollmeier/HSBI

In Zukunft will Zakeri sich noch stärker auf das Eventmanagement konzentrieren: „Das Kunstcafé soll weiter hier bestehen, aber für die Firmenfeiern und Hochzeiten, die ich organisiere, brauche ich größere Räume.“ Schon in der dritten Klasse zeigte sich Zakeris Leidenschaft für das Eventmanagement, als sie Theatervorführungen und andere Schulveranstaltungen plante. „Mit 21 habe ich mich dann als Hochzeitsplanerin selbstständig gemacht und ein Geschäft für Hochzeitsdekorationen eröffnet. Im Iran ist die Brautkrone zentral für eine Hochzeit. Also habe ich diese Kronen in meinem Geschäft auch selber hergestellt.“ (cwi)

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