17.06.2024

Erster Diversity-Tag an der HSBI: Vielfältige Sichtweisen, kritische Reflexion

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Der Diversity-Tag bot den Teilnehmer:innen mit seinen verschiedenen workshopartigen Programmpunkten einen geschützten Raum zum Austausch. © S. Jonek/HSBI
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Prof. Dr. Paul Mecheril, Bildungswissenschaftler vom Institut für Erziehungswissenschaft der Uni Bielefeld, warf einen kritischen Blick auf die Thematisierung von Diversity sowie auf Macht- und Herrschaftsverhältnisse, in denen Hochschulen agieren und diese reproduzieren. © S. Jonek/HSBI
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In Gesprächsrunden konnten die Teilnehmenden eigene Gedanken, Positionen und Fragen zu den Themen Zugehörigkeit und Vielfalt einbringen und diskutieren. © S. Jonek/HSBI
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Der Präsidentin nahm an mehreren Gruppenarbeiten teil und brachte ihre persönlichen Erfahrungen und Gedanken ein. © S. Jonek/HSBI
Eine Person beugt sich über einen Tisch an dem deri Personen sitzen
In Gesprächsrunden konnten die Teilnehmer:innen eigene Gedanken, Positionen und Fragen zu den Themen Zugehörigkeit und Vielfalt einbringen und diskutieren. © S. Jonek/HSBI
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Der Diversity-Tag bot den Teilnehmer:innen mit seinen verschiedenen workshopartigen Programmpunkten einen geschützten Raum zum Austausch. © S. Jonek/HSBI
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In Gesprächsrunden konnten die Teilnehmer:innen eigene Gedanken, Positionen und Fragen zu den Themen Zugehörigkeit und Vielfalt einbringen und diskutieren. © S. Jonek/HSBI

Studierende, Lehrende und Mitarbeiter:innen aus Technik und Verwaltung erhielten auf dem ersten Diversity-Tag der HSBI kritischen „Input“ und tauschten sich über die Themen Vielfalt und Zugehörigkeit aus.

Bielefeld (hsbi). Dass Diversity ein brandaktuelles Thema ist, wurde gleich zu Beginn des Tages im Konferenzraum der Hochschule Bielefeld (HSBI) deutlich: Sabine Demoliner, Personalrätin der wissenschaftlich Beschäftigten, zitierte aus einem aktuellen Beschwerdebrief des AStAs, der auf diskriminierende Aussagen eines Lehrenden aufmerksam gemacht hatte. Demoliner unterstrich in diesem Zusammenhang, dass für solche verbale Gewalt an der HSBI kein Platz und Diversity nur dann möglich sei, wenn es geschützte Räume gibt, in denen offen und angstfrei über diskriminierende Erfahrungen und das eigene Denken gesprochen werden könne. Sie versicherte den Teilnehmenden des ersten Diversity-Tages der HSBI, zu dem am 7. Juni dieses Jahres annähernd 70 Studierende, Lehrende und Mitarbeiter:innen aus Technik und Verwaltung zusammenkamen, dass dieser Tag mit seinen verschiedenen workshopartigen Programmpunkten einen solchen geschützten Raum biete.

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In Gesprächsrunden konnten die Teilnehmer:innen eigene Gedanken, Positionen und Fragen zu den Themen Zugehörigkeit und Vielfalt einbringen und diskutieren.

Zu Beginn hob HSBI-Präsidentin Prof. Dr. Ingeborg Schramm-Wölk in ihrem Grußwort hervor, dass die Hochschule Diversity seit langem als zentrales Thema identifiziert habe und bereits einige Erfolge vorweisen könne, beispielsweise in der Gleichstellung und bei der Verabschiedung und Umsetzung der Antidiskriminierungsrichtlinie. Gleichwohl befinde man sich noch mitten in einem Lernprozess, zu dem das Audit nach den Kriterien des Stifterverbandes ebenso zähle wie die Entwicklung einer Strategie und der Aufbau von Kompetenzen bei den Mitarbeiter:innen. Der Präsidentin war es damit auch in Bezug auf die eigene Person ernst, und so nahm sie im Verlauf des Tages an mehreren Gruppenarbeiten teil und brachte ihre persönlichen Erfahrungen und Gedanken ein.

Kritische Haltung gefordert: Verdecken Diversity-Bestrebungen strukturelle Gewalt?

Bevor es mit den Kleingruppen losging, warf Prof. Dr. Paul Mecheril, Bildungswissenschaftler vom Institut für Erziehungswissenschaft der Universität Bielefeld und Experte für Migrationspädagogik, in seinem Eröffnungsvortrag einen kritischen Blick auf die Thematisierung von Diversity sowie auf Macht- und Herrschaftsverhältnisse, in denen Hochschulen agieren und diese reproduzieren. Seine Forderung lautete: Die kritische selbstreflexive Analyse solle Grundlage für das Sprechen über Möglichkeiten und Herausforderungen beim Thema Vielfalt/Diversity sein. Diversity werde zu oft nur inszeniert – Mecheril sprach von „Oberflächenkosmetik“. Diversity-Aktivitäten würden so nicht selten zur Stabilisierung von Strukturen beitragen, die „echte“ Vielfalt erschweren oder gar unmöglich machen. Er mahnte an, dass eine vereinfachende Sicht auf Themen wie Rassismus und Diskriminierung („Wir sind die Guten, die anderen sind die Bösen“) weder der Realität entspreche noch zielführend sei, weil auch diejenigen, die sich für Vielfalt einsetzen würden, immer wieder Gefahr laufen, ihre eigene interessengeleitete Involviertheit aus dem Blick zu verlieren. Zudem problematisierte Mecheril, dass im Bestreben, eine Gleichstellung von Gruppen zu erreichen, diese häufig erst konstituiert und damit manchmal überhaupt erst Objekt von Aus- und Abgrenzung werden könnten. Ganz im Geist der „Kritischen Theorie“ machte er darauf aufmerksam, dass Hochschulen nicht davor gefeit seien, im Zusammenhang mit ihrem Streben für Diversity und Toleranz gleichzeitig bei der Verdeckung struktureller Gewalt mitzuwirken. Mecherils Vortrag bot den Teilnehmenden eine fundierte Grundlage und regte im Folgenden zum Nachdenken und Diskutieren an.

Reflexion und neues Denken für eine inklusive und vielfältige Hochschulkultur

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Sabine Gressel-Soeder von der Beratungsfirma CoCreativeFlow führte durch den Tag und leitete die verschiedenen Formate an.

„Ihr Vortrag hat mein Weltbild ins Wanken gebracht“, räumte denn auch Sabine Gressel-Soeder unumwunden ein. Die Beraterin für co-kreative Prozesse, Kopf hinter der Beratungsfirma CoCreativeFlow aus Kronberg bei Frankfurt, führte durch den Tag und leitete auch die verschiedenen Formate an: In sogenannten „World Cafés“ konnten die Teilnehmenden eigene Gedanken, Positionen und Fragen zu den Themen Zugehörigkeit und Vielfalt einbringen und diskutieren. In den Gesprächsrunden ging es vor allem darum, was die Teilnehmenden unter Vielfalt verstehen, welche Wünsche sie für ein gutes Studieren und Arbeiten an der HSBI haben und wie sie Zugehörigkeit erlebt haben. Der Austausch war lebhaft und zeigte, dass es viele verschiedene Perspektiven und Erfahrungen von positiver Zugehörigkeit, aber auch von Diskriminierung gibt, die alle wertvoll für die Weiterentwicklung der HSBI sein können und in die Arbeit der Diversity-Kommission einfließen werden. Deren Aktivitäten und den hierbei zentralen Diversity-Audit-Prozess präsentierten Arzu Şahin und Jonas Hoff von kompetenzz, dem Kompetenzzentrum Technik-Diversity-Chancengleichheit e. V.

Miriam Sprengel, Mitarbeiterin im Büro der Gleichstellungs- und Diversitybeauftragten Prof. Dr. Yüksel Ekinci, zog eine positive Bilanz des ersten Diversity-Tages an der HSBI: „Die gute Resonanz und die vielen konstruktiven Beiträge machten deutlich, dass neben dem schon Gelungenen noch einiges zu tun ist. Viele Themen müssen weiter reflektiert und neu gedacht werden, um eine wirklich inklusive und vielfältige Hochschulkultur zu schaffen.“ Für sie und die Mitglieder der Diversity-Kommission war der Tag somit ein wichtiger Zwischenschritt in einem langfristigen Prozess.

Abgerundet wurde der Diversity-Tag von einer Vorstellung kreativer Arbeiten des Fachbereichs Gestaltung zum Thema Barrierefreiheit und Vielfalt in der Magistrale sowie von einer Fotoausstellung der renommierten Fotografin Maryam Majd, die unter dem Titel „Fighting beyond the Lense“ die Gewalt gegen Frauen im Iran thematisiert und zum Abschluss in ihrem Feedback zur Veranstaltung auf den Wert der „Freedom of Speech“ hinwies. (ms/cm/lk)