Von Energy-Communities bis Ethikrat: HSBI-Projekt InCamS@BI und ITES bringen Unternehmensverter:innen und Wissenschaft für eine Circular Economy in der Energieversorgung zusammen
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Zu seinem zweiten Barcamp lädt das HSBI-Transferprojekt InCamS@BI in Kooperation mit dem ITES Vertreter:innen von Stadtwerken, Unternehmen der Energiebranche, Netzbetreibern und Studierende ein. Gemeinsam diskutieren die Teilnehmer:innen über aktuelle Fragen der Energiewirtschaft und die Potenziale von Circular Economy in der Energieversorgung. Der partizipative Ansatz bringt spannende Ideen und Potenzial für zukünftige gemeinsame Kooperationen hervor.
Bielefeld (hsbi). Die erste Hürde ist genommen: „Die Anmeldung hat schon mal funktioniert“, sagt Katrin Handel und räumt lächelnd die letzten Unterlagen von ihrem Tisch im Konferenzbereich der Hochschule Bielefeld (HSBI), der eben noch die Registrierung des Barcamps 2024 war. Die 24-Jährige arbeitet als wissenschaftliche Mitarbeiterin im ITES, dem Institut für Technische Energie-Systeme, und ist in dieser Funktion heute Teil des Organisationsteams der zweiten Mitmachkonferenz, die das Transferprojekt InCamS@BI zusammen mit dem ITES ausrichtet. „Meine erste Assoziation war natürlich, dass es dabei wie in einer ‚Bar‘ um einen ungezwungenen Rahmen geht“, berichtet Handel von ihren ersten Gedanken zu dem neuen Veranstaltungsformat, das sich InCamS@BI jährlich zu einem neuen Thema vornimmt.
Informeller Rahmen schafft Raum des Mitmachens und der offenen Rede
Und beim Anblick des Konferenzsaals scheint sich dieser erste Eindruck zu bestätigen: Anstelle der üblichen Bestuhlung prägen gemütliche Liegestühle den Raum, anstelle von Keynotes und Vorträgen bringen die 45 Teilnehmer:innen des Barcamps ihre eigenen Fragen und Gedanken zum Tagesthema „Circular Economy in der Energieversorgung“ mit und diskutieren sie im Lauf der Veranstaltung an verschiedenen Stationen. Begleitet und koordiniert wird dieses partizipative Format neben dem ITES-Team von der InCamS@BI-Forschungsgruppe Zirkuläre Wertschöpfung rund um Melina Gurcke, die zusammen mit Professor Dr.-Ing. Jens Haubrock heute als Veranstalterin auftritt: „Mit dem Barcamp schaffen wir einen Raum, in dem wir vor allem zum offenen Reden einladen. Im Fokus stehen Praxisthemen, die die Teilnehmenden aktuell beschäftigen“, berichtet die Ingenieurin, die zugleich als Technologiescout im Transferprojekt InCamS@BI arbeitet.
Barcamp bedeutet: ‚Transfer ist keine Einbahnstraße‘
„Das Barcamp ist das Format zur Redewendung, ‚Transfer ist keine Einbahnstraße‘. Hier erhalten wir direkten Anschluss an die Themen aus der Unternehmenswelt und können anschließend mit unserem Know-how zu Lösungen beitragen“ Professor Dr. Jens Haubrock, stellvertretender Leiter ITES
Diesen Aspekt macht auch Professor Dr.-Ing. Jens Haubrock in seiner gemeinsamen Begrüßung und Einführung mit Prof. Dr.-Ing. Eva Schwenzfeier-Hellkamp deutlich: „Das Barcamp ist das Format zur Redewendung, ‚Transfer ist keine Einbahnstraße, sondern vollzieht sich zu gleichen Teilen aus der Hochschule heraus wie in sie hinein‘. Hier erhalten wir direkten Anschluss an die Themen aus der Unternehmenswelt und können anschließend mit unserem Know-how zu Lösungen beitragen“. Die Themen dafür kommen von den rund 20 Vertreter:innen regionaler Unternehmen, die sich für das Barcamp angemeldet haben. Mit der Darstellung eines Projekts zur Überholung eines Leistungstransformators macht Peter Offers von den Stadtwerken Bielefeld in einem Impulsvortrag den Anfang. Schon hier wird das Ziel der gesamten Veranstaltung abgesteckt: Es geht um Herausforderungen der Praxis und gemeinsame Lösungen zwischen Wissenschaft und Wirtschaft.
Herausforderungen aus der Praxis strukturieren den Bar Camp-Nachmittag
Genau diese Fragen stehen im Mittelpunkt der anschließenden Sessions. Nach einer offenen Fragerunde sortiert und ordnet das Organisationsteam den bunten Themenstrauß und bildet vier räumlich getrennte Sessions. Durch die Einteilung in eine erste und eine zweite Runde ergeben sich so insgesamt acht Themenblöcke: An einer Pinnwand wird zu Netznutzung und Energiegemeinschaften diskutiert, die nächste widmet sich der Lebensdauerverlängerung von elektrischen Betriebsmitteln und zwei weitere Sessions beschäftigen sich mit Versorgungssicherheit und Effizienz sowie dem zirkulären Design von Energiegeräten und -netzen. Zwischen den einzelnen Sessions können die Teilnehmer:innen selbstbestimmt wechseln und sich in die Diskussion einbringen oder einfach nur zuhören.
Acht Sessions eröffnen eine beeindruckende Bandbreite an Energiethemen
In Katrin Handels Session geht es um die Netznutzung und „Energy Communitys“. Welche Anreize können für den Einsatz von Batteriespeichern in einzelnen Quartieren gesetzt werden? Das ist eine der Fragen, die Handels Gruppe diskutiert. Weil es momentan noch an gesetzlichen Rahmenbedingungen für diese Brücke zu einem regenerativen und dezentraleren Netz mangele, stünden auch Geschäftsmodelle dazu noch auf zu wackeliger Grundlage. Um dieses Manko zu beheben, müsste gesetzgeberisch nachgebessert werden, lautet hier die Erkenntnis. Handel und ihre Kollegin notieren die eingebrachten Argumente auf Moderationskarten und pinnen sie an die Stellwand vor ihnen: „Für mich war die Session interessant, weil ich mich mit den rechtlichen Rahmenbedingungen von Batteriespeichern bisher kaum beschäftigt habe. Durch die Verbindung mit unseren Forschungsthemen ergeben sich aber ganz schnell interessante neue Perspektiven“, bilanziert sie den Verlauf ihrer ersten Diskussionsrunde.
Aus den Anstößen des Barcamps sollen neue Forschungsprojekte entstehen
Das Themenspektrum in den Sessions reicht von kleinteilig-technisch bis gesamtgesellschaftlich-ethisch: Können biobasierte Kunststoffe eine nachhaltige Lösung für Kabelisolierung sein? Welche Anlagen eignen sich für Nutzungszeitverlängerungen? Oder sollte es für künftige Versorgungskonflikte einen Energieethikrat geben? Das sind nur einige der Fragen, mit denen sich die Teilnehmer:innen im Verlauf der Veranstaltung beschäftigen. Damit aus den vielen Anstößen des Barcamps tatsächlich etwas entsteht, können die Teilnehmer:innen ihren Namen an Fragen hinterlassen, die sie besonders interessieren: „Wir haben eine beeindruckende Bandbreite an Themen diskutiert, damit ist das Hauptziel des Barcamps eigentlich schon erreicht“, zieht Melina Gurcke ein zufriedenes Fazit in ihrem Wrap Up am Ende des Tages. „Aber die Arbeit endet hier noch nicht. Auf Basis unserer Auswertung und Ihrer Kontakte möchten wir zusammen möglichst konkrete Projekte starten“, blickt die Veranstaltungsorganisatorin auf die Nachbearbeitungsphase des Barcamps. Dem positiven Resümee kann auch Katrin Handel nicht widersprechen: „Wir hatten hier eine tolle Möglichkeit, über den Tellerrand des eigenen Forschungsbereichs hinauszublicken und uns in ganz praktische Probleme hineinzuversetzen. Meine Hoffnung ist, dass wir aus den Inputs möglichst viele neue Forschungsprojekte gewinnen können.“ (mkl)
Über InCamS@BI
Mit InCamS@BI, dem Innovation Campus for Sustainable Solutions, positioniert sich die HSBI als innovative Transferakteurin im Feld der Kreislaufwirtschaft. In dem fächerübergreifenden Projekt werden Ideen generiert und Lösungen entwickelt, um Kunststoffe und deren Handhabung für eine Kreislaufwirtschaft zu optimieren. Mit innovativen Formaten und einem interdisziplinären Team gestaltet InCamS@BI den Austausch zwischen Wissenschaft, Wirtschaft und Gesellschaft. In dem Projekt werden forschungsbasierte Transferstrukturen systematisch entwickelt, aufgebaut und erprobt.
InCamS@BI wird im Rahmen der Bund-Länder-Initiative „Innovative Hochschule” von 2023 bis 2027 gefördert.