Campus Minden: Studierende entwickeln zukunftsweisende Entwürfe für Markthalle im neuen Hamburger Stadtteil Oberbillwerder
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In einem interdisziplinären Studienseminar stellen Masterstudierende der FH Bielefeld das Konzept der Markthalle auf den Kopf – weg von einer einfachen Verkaufsfläche hin zu einem Zentrum des Zusammenlebens.
Minden (fhb). Markthallen: Relikte alter Zeiten oder Handelsorte der Zukunft? Dieser Frage sind 36 Masterstudierende des Studiengangs „Integrales Bauen“ vom Campus Minden der Fachhochschule (FH) Bielefeld nachgegangen. In einem praxisbezogenen Studienseminar entwickelten die Studierenden innovative Konzepte für eine Markthalle in Hamburgs neuem Stadtteil Oberbillwerder. Auf die Beine gestellt wurde das Seminar von Prof. Dr. Matthias Kathmann, Professor für interdisziplinäre Projekte im Hochbau am Campus Minden, in Kooperation mit der städtischen Entwicklungsgesellschaft IBA Hamburg. „Die Studierenden sollten mit ihren Entwürfen die Frage beantworten, ob Markthallen heute mehr sein können als reine Verkaufsstätten, nämlich Mittelpunkt des Stadtteillebens“, erläutert Prof. Dr. Kathmann.
Interdisziplinarität verwoben mit Praxis
Um eine Antwort auf diese Frage zu finden, schlossen sich sechs interdisziplinäre Gruppen zusammen, die aus Studierenden der Studienrichtungen „Architektur“, „Bauingenieurwesen“ und „Projektmanagement Bau“ bestanden. Kathmann: „Mein Ziel war es, dass die Studierenden lernen, wie die Planung eines Bauvorhabens funktioniert, bei der unterschiedliche Fachrichtungen von Beginn an gemeinsam an einem Projekt arbeiten. Es handelt sich dabei um wichtiges Know-how, das in ihrem späteren Berufsalltag immer wieder Anwendung finden wird.“
„Dieser umfangreiche und realitätsnahe Überblick über alle Aufgabenfelder des Bauwesens ist unbezahlbar und kaum an einer anderen Fachhochschule in Deutschland zu finden.“
Carina Hoves, Masterstudentin am Campus Minden
Diese Auffassung teilt Seminarteilnehmerin Katharina Lange: „Das Seminar hat drei Fachrichtungen verbunden, die in der Praxis immer aufeinandertreffen werden. Man lernt auf diese Weise, sein Projekt auch aus den Blickwinkeln der anderen Disziplinen zu betrachten, und eignet sich ganz nebenbei einen Teil ihrer Kenntnisse an.“ Das Projekt bereichert ihr Architekturstudium, ergänzt Masterstudentin Carina Hoves: „Dieser umfangreiche und realitätsnahe Überblick über alle Aufgabenfelder des Bauwesens ist unbezahlbar und kaum an einer anderen Fachhochschule in Deutschland zu finden. Es ermöglicht mir, nach meinem Abschluss mit breit gefächerten Kenntnissen in mein Berufsleben als Architektin zu starten.“
Doch nicht nur die Interdisziplinarität machte das Seminar so besonders: Kathmann, der seit vier Jahren am Campus Minden lehrt, ist jedes Semesters aufs Neue auf der Suche nach realen Bauvorhaben, in die seine Studierenden ihre Ideen einfließen lassen können. Denn: Seinen Seminarteilnehmenden handfeste Praxiserfahrungen zu ermöglichen, hat bei ihm höchste Priorität. „Es gibt kaum eine bessere Übung, als an einem echten Bauvorhaben zu arbeiten. Die Studierenden müssen dabei mit konkreten Auftraggeberinnen oder Auftraggebern zusammenarbeiten, die ihnen ihre Wünsche und Anforderungen formulieren und erwarten, dass die Studierenden daraus ihre eigenen Herangehensweisen ableiten.“
Stadtentwicklungsprojekt Oberbillwerder
So auch in dem aktuellen Beispiel: Bei dem Bauvorhaben, in das die Seminarteilnehmenden ihre Entwürfe einer Markthalle einbringen durften, handelt es sich um Hamburgs zweitgrößtes Stadtentwicklungsprojekt nach der HafenCity: Die Entwicklung des neuen Stadtteils Oberbillwerder im Osten der Hansestadt, mit mehr als 100 Hektar Fläche. Eine organisatorische und architektonische Mammutaufgabe, die durch die städtische Entwicklungsgesellschaft IBA Hamburg übernommen wird. Den Auftakt für die Entwicklung des neuen Quartiers soll die Markthalle bilden.
Konkrete Vorgaben und kreative Freiräume produktiv vereinen
Für die Aufgabenbearbeitung wurden die Studierenden zunächst von Britta Arends, Projektmanagerin der IBA Hamburg, mit den Voraussetzungen und Anforderungen vertraut gemacht: „Die Planungen für die Markthalle sind Teil unseres städtebaulichen Masterplans für den neuen Stadtteil. Dementsprechend sollten sich die Entwürfe in die bisherige Konzeption einfügen. Zugleich sollten sie aber auch architektonisch maßgebend für den restlichen Stadtteil sein, da die Markthalle den Mittelpunkt des Quartiers darstellen wird.“
Eine klar definierte Aufgabe, die den Studierenden dennoch viele kreative Freiräumen ließ. Seminarteilenehmer Stephan Blienert, angehender Projektmanager: „Da es nicht galt, ein bestehendes Gebäude zu überplanen, sondern ein gänzlich neues Objekt zu erschaffen, konnten wir unserer Kreativität freien Lauf lassen und der IBA zeigen, was auf der vorgegebenen Baufläche alles möglich sein könnte. Sich dabei von altbekannten Mustern zu lösen und das Konzept ‚Markthalle‘ neu zu denken, hat mir besonders viel Spaß gemacht.“
15 Wochen feilten die interdisziplinären Teams an ihren Entwürfen. Unterstützung erhielten sie von ihrem Seminarleiter Prof. Dr. Kathmann, aber auch durch Feedbackrunden innerhalb der gesamten Semestergruppe. Eine zeitintensive Arbeit, die sich jedoch gelohnt hat: In ihrer Abschlusspräsentation stellten die Studierenden den Zuschauerinnen und Zuschauern sechs kreative Entwürfe vor, in denen die Begebenheiten vor Ort mit visionärer Architektur vereint wurden, um das Konzept „Markthalle“ zukunftsfähig werden zu lassen.
Ergebnisse, die überzeugen
Dementsprechend positiv fiel auch das Fazit der städtischen Entwicklungsgesellschaft aus: „Wir sind begeistert, mit welchem Einfallsreichtum und Fachwissen die Studierenden die Aufgabe gelöst haben“, freut sich Britta Arends. „Man merkt den Konzepten an, dass eine intensive Teamarbeit zwischen den verschiedenen Fachrichtungen stattgefunden hat, um den Entwürfen die notwendige Tiefe zu verleihen. Es handelt sich um sechs einmalige Lösungsansätze, die wir auf jeden Fall in unsere weiteren Planungen für das Großprojekt einfließen lassen werden.“
Ein Feedback, das auch Seminarleiter Kathmann teilt: „Es hat mich sehr gefreut zu sehen, mit wie viel Engagement die Gruppen an die Aufgabe herangegangen sind und wie unterschiedlich sich die einzelnen Entwürfe entwickelt haben, trotz einheitlicher Ausgangslage. Einige Studierende haben die Markthalle eher als kleinteiligen Treffpunkt im neuen Stadtteil gesehen, andere als großstädtisches Versorgungszentrum. Alle Entwürfe eint jedoch, dass sie überzeugend darstellen, dass eine Markthalle weit mehr sein kann, als ein Ort für den schnellen Einkauf – nämlich Stadtteilmittelpunkt und Zentrum des Zusammenlebens.“ (abo)