22.06.2018

Bessere Vorsorge bei Menschen mit geistiger Behinderung

Innovationsfonds fördert Projekt: Pflegeexpertinnen und -experten beraten zu Medikamenten und Vorsorgeuntersuchungen bei Menschen mit Behinderung. Die FH Bielefeld erhält 780.000 Euro.

Bielefeld (fhb). Menschen mit einer geistigen Behinderung sind medizinisch häufig nicht gut versorgt. Die Folge: Krankheiten werden oft nicht angemessen behandelt, Medikamente sind nicht abgestimmt, Vorsorgeuntersuchungen werden nicht wahrgenommen. In einem gemeinsamen Projekt wollen die Fachhochschule Bielefeld, die Hochschule für Angewandte Wissenschaften Hamburg (HAW Hamburg), das Sengelmann Institut für Medizin und Inklusion der Evangelischen Stiftung Alsterdorf (SIMI) und das Deutsche Krankenhausinstitut (DKI) die Situation der betroffenen Erwachsenen durch gezielte Beratung und Hausbesuche verbessern. Der Innovationsfonds des Gemeinsamen Bundesausschusses fördert das Projekt mit 1,8 Millionen Euro in den kommenden drei Jahren. An der Fachhochschule (FH) Bielefeld ist Prof. Dr. Änne-Dörte Latteck vom Fachbereich Wirtschaft und Gesundheit in das Projekt involviert, die die Antragstellung während ihres Forschungssemesters vorbereitet hat: „Es ist toll, dass die FH mit dem Forschungssemester ermöglicht, so umfangreiche Projekte anzugehen“, freut sich die Professorin. Die FH Bielefeld erhält für das Projekt rund 780.000 Euro aus dem Fördertopf. Die Mittel für den Fonds werden von den gesetzlichen Krankenkassen und dem Gesundheitsfonds bereitgestellt.

Die Leitung des Projektes „Medikamentenmanagement und Gesundheitsvorsorge bei Menschen mit einer geistigen Behinderung“ (MGMB) liegt bei Prof. Petra Weber vom Department Pflege und Management der HAW Hamburg: „Grundlegend besteht für Menschen mit geistiger Behinderung ein erschwerter Zugang zu Versorgungsleistungen. Außerdem treten einander überlagernde Gesundheitsprobleme und Erkrankungsrisiken auf, in deren Folge viele verschiedene Medikamente verordnet werden, deren Wirkungen und Nebenwirkungen nicht aufeinander abgestimmt sind.“ Im Rahmen des Projektes sollen Pflegeexpertinnen und –experten bei Teilnehmenden beratende Hausbesuche durchführen, in enger Abstimmung mit niedergelassenen Ärzten und Pharmazeuten sowie dem SIMI. „Menschen mit Behinderung brauchen häufig die Expertise von verschiedenen Fachärzten“, weiß Dr. Georg Poppele, Chefarzt des SIMI. „Dabei gerät manchmal aus dem Blick, wie viele Medikamente ein Patient bereits nimmt und ob diese Kombination noch sinnvoll ist. Wir möchten mit dem Projekt das Medikamentenmanagement verbessern mit dem Ziel, dass die Menschen mit Behinderung so wenig Medikamente wie möglich erhalten, aber so viele wie nötig.“

Das Team von Prof. Dr. Änne-Dörte Latteck an der FH Bielefeld untersucht, ob die Hausbesuche – kombiniert mit einer kritischen Überprüfung der Medikation sowie fachübergreifenden Fallberatungen – dieses Ziel erreichen. Zusätzlich wird evaluiert, wie solche Hausbesuche die gesundheitsbezogene Lebensqualität, den Gesundheitszustand und die Inanspruchnahme von Vorsorgeuntersuchungen beeinflussen. Matthias Offermanns vom DKI komplettiert die Untersuchung mit einer systematischen Kosten-Wirksamkeitsanalyse. Als Kooperationspartner werden Leben mit Behinderung Hamburg, die alsterdorf assistenz west, die alsterdorf assistenz ost, die Lebenshilfe Bielefeld, die Lebenshilfe Detmold, die Lebenshilfe Brakel, sowie die Krankenkasse BKK Nordwest mit zum Gelingen des Projektes beitragen.