Auf den Spuren der Fürst Leopold-Akademie für Verwaltungswissenschaften
Prof. Dr. Carsten Doerfert von der FH Bielefeld hat die Geschichte der ersten Hochschule in Ostwestfalen-Lippe untersucht.
Bielefeld (fhb). Eine Hochschule in Ostwestfalen-Lippe mit Angeboten aus den Bereichen Wirtschaft und Recht, Technik sowie Soziales und Gesundheit? Da fällt dem heutigen Beobachter natürlich sofort die Fachhochschule (FH) Bielefeld ein. Aber vor einhundert Jahren wurde Ähnliches schon einmal konzipiert; an der 1916 gegründeten Fürst Leopold-Akademie für Verwaltungswissenschaften in Detmold. Schon 1924 musste die Akademie wieder schließen und seitdem lagen ihre Akten unbearbeitet im Landesarchiv. Dr. Carsten Doerfert, Rechtshistoriker und Professor am Fachbereich Wirtschaft und Gesundheit der FH Bielefeld, wurde darauf aufmerksam und hat die Geschichte der ersten Hochschule in Ostwestfalen-Lippe untersucht. Sein Buch „Die Fürst Leopold-Akademie für Verwaltungswissenschaften. Versuch und Scheitern einer Hochschule (1916-1924)“ ist im Bielefelder Verlag für Regionalgeschichte erschienen.
„Einiges war in der Fürst Leopold-Akademie für Verwaltungswissenschaften bereits sehr modern: es sollte praxisnah und zugleich wissenschaftlich zugehen, seminaristischer Unterricht ersetzte die Vorlesung, Exkursionen fanden statt, Fremdsprachen wurden gelehrt und Drittmittel eingeworben“, so Doerfert. Zur Aufnahme des Studiums war das Abitur keine Voraussetzung, je nach schulischer und praktischer Vorbildung gab es gestufte Prüfungen. Andere Innovationen blieben im Ansatz stecken, etwa eine Ausbildung im Pressewesen. „Fast wäre in Detmold Deutschlands erste Professorin berufen worden, aber eben nur fast“, berichtet Doerfert. Woran ist die Einrichtung gescheitert? Prof. Dr. Carsten Doerfert macht dafür finanzielle und strukturelle Gründe verantwortlich: „Die Akademie wurde mit Stiftungsgeld finanziert, in der Inflationszeit schmolz ihr das Vermögen weg.“ Aber das sei nur ein Problem der Akademie gewesen. „Sie wollte sich ab 1920 dezidiert als Hochschule positionieren, bekam das Habilitationsrecht und das Promotionsrecht, stieß damit aber auf den Widerstand der etablierten Universitäten“, erklärt der Rechtshistoriker der FH Bielefeld. Außerdem habe es an Rückhalt in der Landespolitik gefehlt.
Macht es die FH Bielefeld denn besser als die verschwundene Detmolder Akademie? „Wir haben es heute leichter als die Altvorderen in Kriegs- und Nachkriegszeiten. In mancher Hinsicht verfolgten sie damals bildungspolitische Ziele, die erst fünfzig Jahre später durchsetzbar waren“, so das Fazit Doerferts. Aber es gehe weiterhin um Akzeptanz in Wissenschaft und Praxis, und diese müsse sich auch die FH Bielefeld stets aufs Neue verdienen.