Bielefeld (fhb). 350 Kilogramm, so schwer ist ein Krankhausbett in der Regel inklusive Patient. Bei Fahrten von Station zu Station, hat das Pflegepersonal einiges an Kraft aufzubringen. Das kann im wahrsten Sinne auf den Rücken gehen und sogar zu chronischen Krankheiten führen. Professor Dr.-Ing. Ralf Hörstmeier von der FH Bielefeld hat deshalb zusammen mit 15 Projektpartnern, hauptsächlich Herstellerfirmen und Kliniken, ein Forschungsprojekt ins Leben gerufen, das die leichtere Handhabung von Krankenbetten zum Ziel hat. In über 1.000 Messungen wurde untersucht, wie sich unterschiedliche Bodenbeläge, Rollen und die Bettkonstrunktion auf die Kraft auswirkt, die nötig ist, um ein Bett zu bewegen. Die Ergebnisse lassen auf körperliche Entlastung für das Pflegepersonal hoffen. Seit Ende der erfolgreichen Zusammenarbeit im Juli, sind laut Professor Hörstmeier Folgeprojekte mit den Herstellerfirmen und Kliniken im Gespräch. Geplant sei eine Matrix, die zeigt, welche Rollen und Bodenbeläge zu dem jeweiligen Einsatzgebiet am besten passen.
Mit der "Bewegungsanalyse und Nutzungsprofil von Krankenbetten - Ergonomische Symbiose von Mensch und Technik" hat Hörstmeier forscherisches Neuland betreten. Weder lagen bisher Daten zu den technischen Gegebenheiten an Krankenbetten vor, noch gab es ein gemeinsames Forschungsvorhaben mit so vielen Projektpartnern. Hersteller von Krankenbetten, Rädern, Rollen und Bodenbelägen sowie Kliniken und Gesundheitsnetzwerken sind mit von der Partie. "Das Projekt ist besonders praxisnah und anwendungsorientiert, weil die Partner und Kliniken ihre Produkte und Erfahrungen der Arbeitsbedingungen direkt einfließen lassen", erklärt Professor Hörstmeier.
Die Forschungsarbeit gliedert sich in drei Abschnitte: Der Bewegungswiderstand vom Bett an sich, wie sich unterschiedliche Räder und Bodenbeläge darauf auswirken und welche Kraft vom schiebenden Personal aufgebracht werden muss. Im Rollsimulator im Kompetenzzentrum für Bewegungsvorgänge (KfB) am Fachbereich Ingenieurwissenschaft und Mathematik (IuM), wurden Roadmaps erstellt. Mit denen lassen sich programmierte Strecken, Bewegungen und Geschwindigkeiten der Betten oft und exakt wiederholen. Außerdem wurden sie mit verschiedenen Rollentypen über einen Stahlboden, einen Linoleum- und einen PVC-Boden gefahren. Dabei zeigte sich, dass Einzelrollen den geringsten Widerstand auf hartem Boden haben. Doppelrollen hingegen fahren am leichtesten auf weichem Untergrund. "So können wir sagen, welche Materialien am besten zusammenpassen und die Bewegung leichter machen", sagt Dipl.-Ing. Tassilo Pech-Larisch, wissenschaftlicher Mitarbeiter im KfB. Das Forscherteam schätzt das Verbesserungspotential im Bereich der Bewegungswiderstände auf über 50 Prozent ein.
Zusätzlich wurde eine mobile Messvorrichtung entwickelt, die in den Kliniken zum Einsatz kommt. Sie wird direkt an den Krankenbetten angebracht und misst über einen längeren Zeitraum wie viel Kraft bei der Geradeausfahrt, dem Schwenken oder beim Drehen gebraucht wird. "Die Kooperationspartner haben ein großes Interesse an dieser Langzeitmessung. Bisher gibt es keine Untersuchung dazu wie viel Kraft benötigt wird, um ein Klinikbett anzuschieben", meint Ralf Hörstmeier.
Auch mehrere Studierendengruppen haben an einzelnen Projektthemen mitgearbeitet. Eine Gruppe beschäftigte sich beispielsweise mit der "Hygiene, Reinigung und Desinfektion" an Klinikbetten, eine anderen mit dem "Kurvenverhalten von Rollen". Beim ersten Projekt haben die Studierenden herausgearbeitet, ob die häufige Desinfektion die Oberflächen oder die elektrischen Funktionen am Bett beschädigt. Im zweiten Projekt untersuchten die Studierenden die Rollenbewegung einer 90 Grad Kurve des Krankenbettes. Dabei stellte sich heraus, dass sich sowohl der Kraftaufwand als auch der Kurvenradius verändern, wenn eine der vier Rollen mit einer Lenksperre fixiert wird.
Das Forschungsprojekt "Bewegungsanalyse und Nutzungsprofil von Krankenbetten - Ergonomische Symbiose von Mensch und Technik" wird vom Land Nordrhein Westfalen und der Europäischen Union mit dem Programm "Ziel2.NRW 2007-2013" gefördert. Dieses Programm versucht durch technische und wirtschaftliche Innovationen die Wettbewerbsfähigkeit der Regionen in NRW neu auszurichten. Von der FH Bielefeld war der Fachbereich Ingenieurwissenschaften und Mathematik sowie der Fachbereich Architektur auf dem Campus Minden beteiligt. Auch dabei, das Zentrum für Innovation in der Gesundheitswirtschafts OWL e.V.. Auf der Klinikenseite beteiligten sich das Evangelische Krankenhaus Bielefeld, das Städtische Krankenhaus Mitte und das Klinikum Lippe. Aus den Reihen der Hersteller nahmen acht Firmen teil: Anker Teppichboden aus Düren, Ecra - European Carpet & Rug Association aus Brüssel, TFI Teppich-Forschung-International, Steinco Rollen GMbH aus Wermelskirchen, Armstrong Floor Products Europe aus Bietigheim, Tente - Rollen GmbH aus Wermelskirchen, sowie Forbo Flooring GmbH aus Paderborn und die Joh. Stiegelmeyer GmbH & Co. KG aus Herford.