Wissenschaftler der Francis Marion University sind zu Gast an der Fachhochschule Bielefeld.
Die Nanotechnologie erschließt die Welt der kleinsten Dinge. Superschnelle Speicherbausteine, winzige Magnet-Schalter, in magnetische Moleküle eingekapselte Medikamente, die ihre Wirkstoffe gezielt im kranken Gewebe freigeben - viele zukünftige Anwendungen erscheinen denkbar. Wissenschaftler der Francis Marion University, Florence, South Carolina/USA und der Fachhochschule (FH) Bielefeld haben jetzt gemeinsam die Methoden verfeinert, mit denen Forscher den physikalischen Eigenschaften der nanomagnetischen Moleküle nachspüren können. Dr. Larry Engelhardt, Assistent Professor of Physics an der Francis Marion University, Florence, South Carolina/USA, ist ein international renommierter Nachwuchswissenschaftler auf dem Gebiet "Nanomagnetische Moleküle". Auf diesem Gebiet forschen auch Professor Dr. Christian Schröder und Dipl.-Ing. Thomas Hilbig an der FH Bielefeld. Mit Spinhenge@home (http://spin.fh-bielefeld.de) haben die beiden Bielefelder Wissenschaftler eine Plattform entwickelt, auf der Computerbesitzer in aller Welt freie Rechnerkapazitäten zur Verfügung stellen, damit Forscher die umfangreichen numerischen Simulationen zu den physikalischen Eigenschaften nanomagnetischer Moleküle durchführen können. Mehrere Monate hat Physikstudent Cameron Rainey, betreut von seinem Mentor Dr. Larry Engelhardt, in den USA eine Erweiterung der Spinhenge@home-Technologie um die Quanten-Monte-Carlo-Methode (QMC) vorbereitet. Gemeinsam haben die Kooperationspartner den neuen Algorithmus jetzt in Bielefeld in das System integriert. Die QMC-Methode erlaubt es, vereinfacht dargestellt, die physikalischen Eigenschaften magnetischer Moleküle, die durch komplexe quantenmechanische Wechselwirkungen der Spins zustande kommen, effektiv zu berechnen. Als Spin bezeichnen die Physiker das jedem Elektron innewohnende magnetische Moment. "Mit Hilfe dieser Erweiterung können Fragen in physikalischen Bereichen beantwortet werden, die uns vorher nicht zugänglich waren", würdigt Professor Schröder die erfolgreiche Zusammenarbeit.
Die Nanotechnolgie gilt als eine der Schlüsseltechnologien dieses Jahrhunderts. Insbesondere für die Elektronik der Zukunft erhofft man sich bahnbrechende Innovationen. Chemiker können heute schon maßgeschneiderte nanomagnetische Moleküle herstellen, aus denen in Zukunft hochintegrierte Speicherbausteine oder winzige magnetische Schalter entwickelt werden können. Auch Anwendungen in der Medizin und der Biotechnologie sind denkbar. Die Synthese dieser Moleküle und die Beobachtung ihrer magnetischen Eigenschaften mit verschiedenen experimentellen Techniken sind aber nur ein Teil der Aufgabe. "Um die physikalischen Mechanismen zu verstehen, die zu den beobachteten magnetischen Eigenschaften führen, müssen wir theoretische Modelle entwickeln, mit denen wir die Eigenschaften solcher Moleküle und Nanostrukturen berechnen und die beobachteten Daten erklären können", erläutert Schröder. Mit dem Ziel, die Eigenschaften neuer Moleküle und Strukturen, die die Chemiker im Labor noch gar nicht herstellt haben, vorhersagen zu können.
Um solche Theorie-Modelle zu entwickeln und das Verhalten magnetischer Moleküle zu simulieren, brauchen die Wissenschaftler gigantische Rechnerkapazitäten. Diese stellen Computerbesitzer aus aller Welt zur Verfügung; über Spinhenge@home, eine Plattform, die Thomas Hilbig im Rahmen seiner Diplomarbeit bei Professor Schröder aufgebaut hat und seitdem als wissenschaftlicher Mitarbeiter ständig weiterentwickelt und optim iert. In Zusammenarbeit mit den Universitäten Osnabrück und Bielefeld und dem Ames Laboratory in Ames, Iowa/USA, werden mit Hilfe von Spinhenge@home umfangreiche Simulationen zu magnetischen Nanostrukturen berechnet. Bis heute haben sich bei dem 2006 gestarteten Projekt 55 000 Teilnehmer aus aller Welt mit mehr als 121 000 Rechnern angemeldet. Ein Erfolg, der alle Erwartungen übertroffen hat. "Unser Projekt gehört jetzt schon zu den weltweit größten und beliebtesten seiner Art", so Hilbig.
Für die beiden Gäste war dies zudem ihr erster Besuch in Deutschland. "Der Aufenthalt hier in Bielefeld war eine tolle Erfahrung! Die Arbeit mit Thomas Hilbig und Professor Schröder hat viel Spaß gemacht, ich habe viel dazu gelernt und viele nette Leute kennengelernt ", erklärt Cameron Rainey. Dr. Engelhardt ergänzt: "Mit der Integration unserer Quanten-Monte-Carlo-Methode in Spinhenge@home steht uns nun nicht nur eine gewaltige Rechenleistung zur Verfügung. Wir haben darüber hinaus die notwendige Basis für weitere gemeinsame Projekte geschaffen."