Klimaschutz an der HSBI: „Der größte Stellhebel sind die Gebäude“
Ihre Stelle wird gefördert vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz: Masoumeh Abadi ist die neue Klimaschutzmanagerin der HSBI.
Bielefeld (hsbi). Masoumeh Abadi, die neue Klimaschutzmanagerin der HSBI, traf sich bei einem Rundgang durch die „Maschinenräume“ des HSBI-Hauptgebäudes mit Prof. Dr. Natalie Bartholomäus, Vizepräsidentin für Nachhaltigkeit und strategisches Human Ressource Management, und Stefan Plöger, stellvertretender Leiter des Dezernats Gebäudemanagement. Hierbei gaben die drei Einblick in ihre Zusammenarbeit und den strategischen Rahmen der Aktivitäten für mehr Klimaschutz an der HSBI.
Frau Abadi, was macht eine Klimaschutzmanagerin an einer Hochschule?
Masoumeh Abadi: Mit meiner Einstellung verbindet die HSBI das Ziel, die volle Verantwortung für den ökologischen Fußabdruck der Hochschule zu übernehmen und konkrete Maßnahmen zu seiner Verkleinerung umzusetzen. Zu diesem Zweck erstelle ich zurzeit ein Klimaschutzkonzept. Dabei geht es zunächst einmal um die Analyse und Bewertung der Energiebilanz und die Bilanzierung der Treibhausgase, für die die HSBI verantwortlich ist. Wir wollen so die Bereiche definieren, die einen besonders hohen CO2-Ausstoß aufweisen. Dann werden Ziele zur Reduzierung festgelegt. Schon heute kann ich sagen, dass wir künftig mehr erneuerbare Energien einsetzen wollen. Hier sind wir in Gesprächen mit dem Liegenschaftsbetrieb des Landes NRW über die weitere Installation von Photovoltaikanlagen. Außerdem wollen wir die Hochschulgemeinschaft für den Klimaschutz sensibilisieren.
Prof. Bartholomäus, Apropos Sensibilisierung: Wie gliedern sich die Aktivitäten der neuen Klimaschutzmanagerin ein in die von Ihnen initiierte Nachhaltigkeitsstrategie der HSBI?
Prof. Dr. Natalie Bartholomäus: Das Klimaschutzkonzept ist integraler Bestandteil der Nachhaltigkeitsstrategie. Sie findet ihren Ausdruck zurzeit allerdings zunächst nur im Act2Sustain-Programm, an dem Mitarbeitende aus allen Bereichen der Hochschule mitarbeiten. Die Fixierung der Nachhaltigkeitsstrategie in einem klassischen Strategiepapier wird voraussichtlich erst im Herbst dieses Jahres erfolgen. Die Entwicklung der Strategie ist dabei integraler Bestandteil von Act2Sustain. Zurzeit werden hier fünf strategische Handlungsfelder ausgearbeitet: „Studium und Lehre“, Forschung und Transfer“, „Verwaltung und Governance“, „Campus Leben“ sowie „Gebäudelebenszyklus“. Der größte Stellhebel, der uns unter Klimaschutzgesichtspunkten zur Verfügung steht, ist die Optimierung des Gebäudelebenszyklus‘. Es geht dabei im Wesentlichen um eine weitere Reduzierung der Treibhausgase und um ein intelligentes Flächenmanagement. Zu beiden Themen haben sich im Zuge von Act2Sustain bereits Subteams gebildet.
Herr Plöger, Flächenmanagement ist auch Ihr „Beritt“. Wie ist die Lage?
Stefan Plöger: Es liegt auf der Hand, dass der größte Energiebedarf der Hochschule durch den Bau und Betrieb der Liegenschaften entsteht. Hier müssen wir also ganz genau hinschauen, wenn wir nachhaltiger werden wollen. Wir erarbeiten zurzeit hochschulweit ein verbessertes Raummanagementsystem, um unsere Räume noch effizienter nutzen zu können. In Kombination mit dem Roomsharing-Konzept, das zurzeit in der Verwaltung eingeführt wird und mit einer Kombination aus Homeoffice und neutralen Büroarbeitsplätzen arbeitet, sind wir in der Lage, unsere dringend benötigten Neubauten konzeptionell exakt am Bedarf auszurichten. Weil die Gebäude und ihre Nutzung das größte Potenzial darstellen, unseren Beitrag zum Klimaschutz zu steigern, ist die Stelle von Frau Abadi auch im Dezernat Gebäudemanagement angesiedelt.
Frau Abadi, was haben Sie seit Ihrem Amtsantritt bereits erreicht?
Masoumeh Abadi: Kurz nach meiner Einstellung hat sich die Hochschule entschieden, am Projekt Klimaneutrale Landesverwaltung teilzunehmen. Das verpflichtet uns zu einer genauen Berichterstattung über die von uns verursachten CO2-Emissionen. Hierfür habe ich bereits eine Bestandsaufnahme gemacht und erarbeite die Treibhausgasbilanz der vergangenen Jahre. Das ist zurzeit mein Hauptjob. Darüber hinaus habe ich festgestellt, dass die HSBI in vielen Bereichen bereits vorbildlich aufgestellt ist: Im Zuge der Stromausschreibung für 2024 und 2025 haben wir uns dazu verpflichtet, dass unser Strom zu 100 Prozent aus erneuerbaren Energien stammt und wir höchste Anforderungen an die Lieferanten stellen. Am Hauptstandort der HSBI in Bielefeld betreiben wir eine Geothermieanlage, um Erdwärme im Winter zum Heizen und im Sommer zum Kühlen zu nutzen. So decken wir immerhin einen beachtlichen Anteil unseres Energiebedarfs.
Stefan Plöger: Außerdem können wir uns glücklich schätzen, dass unser Gebäude im Fernwärme-Versorgungsbereich der Stadtwerke Bielefeld liegt und so daran angeschlossen ist. Die Heizenergie wird hier durch Kraft-Wärme-Kopplung erzeugt. Das ist eine sehr ökologische Form des Heizens und hat nur sehr niedrige CO2-Emissionen. Darüber hinaus gibt es an der HSBI viele kleinere und mittelgroße Maßnahmen, um Energie zu sparen: außenliegender Sonnenschutz an den Gebäuden, um die Erhitzung im Sommer zu senken und Kühlleistungen einzusparen, Umrüstung auf LED-Beleuchtung und Einsatz von Präsenzmeldern bei der Steuerung der Beleuchtung sind solche Beispiele. Der Energiebedarf von Wärme, Kälte und Strom ist ein extrem wichtiger Stellhebel. Hier wollen wir ein Energiemanagementsystem entwickeln. Dazu gehören angepasste Zählerstrukturen, Monitoring Systeme und Auswertungsmöglichkeiten, die künftig KI-basiert sein können.
Frau Prof. Bartholomäus, welche Bedeutung hat das Thema Nachhaltigkeit für die Hochschulen im allgemeinen und die HSBI im Speziellen?
Prof. Dr. Natalie Bartholomäus: Eine enorm große Bedeutung! Hochschulen haben die Möglichkeit – ich würde sogar sagen: die Pflicht –, das Nachhaltigkeitsthema in alle ihre Studienprogramme zu integrieren. Auf diese Weise können sie den Fach- und Führungskräften von morgen unverzichtbare Kompetenzen für die Gestaltung der Zukunft mit auf den Weg geben. Hier stehe ich in engem Austausch mit Prof. Dr. Michaela Hoke, unserer Vizepräsidentin für Studium und Lehre, die das Thema an der HSBI gemeinsam mit den Fachbereichen vorantreibt. Außerdem sind Hochschulen große Organisationen, deren Agieren unter Nachhaltigkeitsaspekten auf den Prüfstand gestellt werden muss. Auch aus diesem Grund hat unsere Präsidentin zum Beginn ihrer aktuellen Amtszeit ein Nachhaltigkeitsressort auf Präsidiumsebene geschaffen und mich gefragt, ob ich die Aufgabe – gemeinsam mit der Verantwortung für das strategische Human Ressource Management – übernehmen möchte.
Frau Abadi, soweit Sie das heute schon beurteilen können: Was ist die größte Herausforderung auf dem Weg zur klimaneutralen Hochschule?
Masoumeh Abadi: Da es eine Gruppe von über 11.000 Menschen betrifft und wir eine Hochschule in einem ziemlich zersiedelten und vielfach ländlich geprägten Raum sind, dürfte es am schwierigsten sein, die Fahrten der Hochschulangehörigen zur HSBI und von dort wieder nach Hause klimaneutral zu gestalten. Es ist außerdem ganz und gar nicht einfach, die Mobilität der Angehörigen der Hochschule und die damit verbundene Belastung des Klimas erst einmal exakt zu beziffern. Damit das trotzdem gelingt, führen wir im Rahmen der Erstellung des Klimakonzepts zurzeit eine Mobilitätsbefragung bei Studierenden und Mitarbeitenden durch. Je mehr Leute mitmachen, desto präziser wird die statistische Aussagekraft der Befragung sein und desto besser können wir Maßnahmen planen – zum Beispiel, wenn es darum geht, die E-Mobilität der Hochschulangehörigen zu verbessern, indem man Ladeinfrastrukturen schafft oder sich für eine verbesserte Infrastruktur für Fahrradfahrer einsetzt.
Frau Bartholomäus, die HSBI war mit dem Programm Act2Sustain beim Arbeitgeberpreis für Bildung erfolgreich – ein Preis, der einmal im Jahr an eine Hochschule in Deutschland verliehen wird. Was waren die Gründe?
Prof. Dr. Natalie Bartholomäus: Das ist in der Tat ein großer Erfolg. Die Gründe sind unter anderem, dass Nachhaltigkeit Teil der Gesamtstrategie der Hochschule Bielefeld ist und durch die Präsidentin personell wie institutionell fest in der Hochschulleitung verankert wurde. Die Umsetzung in allen Kernbereichen wird von interdisziplinären Teams in einem für alle offenen Prozess verfolgt. Eingebettet in ein dichtes Kooperationsnetzwerk mit der regionalen Wirtschaft legt die Hochschule dabei einen gezielten Schwerpunkt auf ökonomische Nachhaltigkeit. Last but not least informiert die Hochschule über eine eigene Themenseite nach innen und außen, macht ihre Aktivitäten und Veranstaltungen sichtbar und lädt Hochschulangehörige wie Kooperationspartner ein, sich zu engagieren. Menschen, die vorher noch nie zusammengearbeitet haben, engagieren sich nun statusgruppenübergreifend in über 50 Arbeitsgruppen für Nachhaltigkeit. Das macht mich ungeheuer stolz und dankbar zugleich.
Frau Prof. Bartholomäus, Frau Abadi, Herr Plöger, vielen Dank für das Gespräch!
„Zur Person“
Nach ihrem Bachelor in Agrarwissenschaft und Mechanisierung schloss Masoumeh Abadi ihren Master in Umweltingenieurwesen und Modellierung an der TH OWL erfolgreich ab. Es folgte die Tätigkeit in einer Stabsstelle im Umwelt- und Nachhaltigkeitsmanagement eines Industrieunternehmens, Implementierung eines Umweltmanagementsystems inklusive. Unter anderem hier erfuhr sie nach eigenen Worten, wie wichtig effektive Kommunikations- und Implementierungsstrategien sowie eine interdisziplinäre Zusammenarbeit sind, wenn Organisationen auf mehr Nachhaltigkeit getrimmt werden müssen.
Die Stelle von Masoumeh Abadi wird gefördert vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz, über die „Nationale Klimaschutzinitiative (NKI)“, aufgrund eines Beschlusses des Deutschen Bundestages. Ziel und Inhalt des Vorhabens mit Laufzeit vom 01.09.2023 bis zum 31.08.2025 ist die Einführung eines integrierten Klimaschutzkonzepts für unsere Hochschule.