Gemeinsam Weniger Einsam
Projekt 1:
Integratives Wohnprojekt für Menschen mit und ohne Bewegungseinschränkungen
»GEMEINSAM WENIGER EINSAM«
Chronische Erkrankungen und funktionelle Einschränkungen nehmen im steigenden Alter zu und führen zu einer verstärkten Inanspruchnahme von medizinischen und pflegerischen Hilfen (vgl. Sachverständigenrat, 2002). Darüber hinaus steigt mit zunehmendem Alter statistisch gesehen das Risiko der Multimorbidität, wobei die 70- bis 90-Jährigen von fünf bis neun nebeneinander existierenden Erkrankungen betroffen sein können, von denen ein großer Anteil chronisch ist (vgl. Enquetekommission, 2005). Unter Berücksichtigung des demographischen Wandels kann davon ausgegangen werden, dass chronische, multimorbide und geriatrische Krankheitsspektren in den Vordergrund rücken werden. Für die Entwicklung des Krankheitsspektrums und die daraus resultierenden Pflege- und Hilfebedarfe im Gesundheitswesen sind hierbei vor allem folgende chronische Erkrankungen von hoher Relevanz: Erkrankungen des Herz- und Kreislaufsystems, Diabetes Mellitus, Krebserkrankungen, rheumatische Beschwerden bzw. Erkrankungen des Bewegungsapparates, Demenz, Depressionen und Atemwegserkrankungen (vgl. ebd. und Sachverständigenrat, 2002).
Daneben hat ebenfalls der soziale Wandel eine hohe Bedeutung für die Versorgung bewegungseingeschränkter Menschen. Das traditionelle Familienmodell ändert sich im Zuge zunehmender pluralisierter Lebensstile, welche zu Veränderungen in den Pflegebedarfen und Pflegekonstellationen führen (vgl. Heinze, Naegele, Strünck, 1996), da nicht garantiert werden kann, dass die traditionelle Familie den Hilfe- und Unterstützungsbedarf im Alter sichern kann (vgl. Beck-Gernsheim, 1998).
Betrachtet man die körperliche Entwicklung der Menschen, so zeigt sich, dass bereits jede dritte Person im Alter zwischen 40 und 54 Jahren über Probleme bei anstrengenden Aktivitäten wie schnelleres Laufen, das Heben von schweren Gegenständen berichtet. Diese Probleme nehmen mit steigendem Alter zu. Dadurch verschlechtert sich die Beweglichkeit eben-falls mit zunehmendem Alter. Bewegungen wie sich beugen, knien und bücken bereiten im Alter ab 70 Jahren jeder zweiten Person Probleme, so dass diese Bewegungsmuster nicht mehr uneingeschränkt möglich sind. Im Bereich der persönlichen Pflege wie dem Anziehen oder Baden steigen erst im höheren Lebensalter die Einschränkungen merklich an. Im Alter zwischen 70 und 85 Jahren berichtet jede fünfte Person über entsprechende Probleme in diesem Bereich (vgl. BMFSFJ, 2002).
Hervorgerufen werden solche Bewegungseinschränkungen häufig von rheumatischen Erkrankungen. Es wird davon ausgegangen, dass ca. 15% der Bevölkerung mindestens einmal im Jahr wegen rheumatischer Beschwerden in ärztlicher Therapie sind. Weiterhin sind etwa 5 Mio. Einwohner an einer Arthrose erkrankt und etwa 15 Mio. Menschen haben in regelmäßigen Abständen krankheitsbedingte Beschwerden (vgl. Wolf, 2001).
Aus den funktionalen Pflegeproblemen der Bewegungseinschränkungen ergeben sich für die Betroffenen prägnante Pflegeprobleme wie Schmerzen, Funktionseinschränkungen in der Beweglichkeit, Kraftverluste, Gangunsicherheit, eine erhöhte Sturzgefahr, Immobilität, die Gefahr der sozialen Isolation sowie ein Informationsdefizit.
Daraus resultieren folgende Pflegediagnosen: "Beeinträchtigte Gehfähigkeit", "Beeinträchtigte Transferfähigkeit", "Chronische Schmerzen" und ein "Informationsdefizit".
Orientiert an diesen Pflegediagnosen ergeben sich für das Wohnraumkonzept "Gemeinsam weniger einsam" folgende Ziele:
- Die Sicherung und Förderung der Lebensqualität und des persönlichen Wohlbefindens durch Berücksichtigung der Selbstbestimmung.
- Durch architektonische, elektronische und pflegerische Maßnahmen den Bewohnern die Möglichkeit eröffnen, ihre Selbstständigkeit und Autonomie zu erhalten und zu fördern.
-Durch die Gestaltung der außerhäuslichen Wohnumgebung und der Umsetzung des Pflegekonzeptes ein langfristig stabiles Gemeinschaftsleben unter Achtung der jeweiligen Privatsphäre zu erreichen.
Zielgruppe:
Menschen ab 60 Jahren, allein stehend oder in einer Lebensgemeinschaft, die...
- in einer von Nachbarschaft und Unterstützung geprägten Umgebung leben möchten.
- von Einschränkungen in ihrer Beweglichkeit betroffen sind, aufgrund physiologischer Alterungsprozesse und/oder von Krankheit sowie Unfällen.
- einen Rollstuhl zur Fortbewegung benötigen.
- gesund sind und altersgerecht bis zum Lebensende in den eigenen vier Wänden wohnen möchten.
Pflegepädagogische Konzeptideen
Ein interdisziplinäres Team, zusammengesetzt aus einer Pflegefachkraft mit der Zusatzqualifikation "Case Management", einem Sozialarbeiter, Verwaltungsfachangestellten, einem Haustechniker und Raumpflegern, unterstützen unsere Bewohner in der Alltagsbewältigung.
- Der "Case Manager" übernimmt bedarfsorientierte Beratungs- und Betreuungsaufgaben und koordiniert innerhalb eines interdisziplinären Teams.
- Zusätzlich finden Kooperationen mit in Herford ansässigen ambulanten Pflegediensten, Physiotherapiepraxen, Allgemeinmedizinern und Fachärzten statt.
- Ein Gemeinschaftsraum mit Wohnküche in jedem einzelnen Wohnhaus zum zwanglosen Beisammensein Kommunikation unter den Bewohnern der einzelnen Wohnhäuser wird gefördert (kostenlose Haustelefone, Informationswände, Veranstaltungen)
- Nachbarschaftshilfe auf Eigeninitiative der Hausbewohner
- Gewährleistung und Förderung der sozialen Integration durch die Organisation gemeinsamer Aktivitäten durch einen Sozialpädagogen und die Bewohner selbst (z.B. Tanzcafé, Leserunden, Chöre, Kino-abende, Wandern oder Gymnastik)
Architektonische und elektrotechnische Konzeptideen
- Abschließbare, behindertengerechte, barrierefreie Privatwohnungen
- Integriertes (technikgestütztes) Mobiliar in Küche und Bad ist für Menschen mit und ohne Bewegungseinschränkungen sowie für Rollstuhlfahrer individuell anpassbar
- Wohnungsgestaltung ist zu einem großen Teil individuell möglich (eigene Möbel, flexible Trennwände)
Poster für die Präsentation der Ergebnisse während der Abschlußveranstaltung: