05.06.2008

Kompetenzentwicklung als Zauberformel

Tagung für Fachkräfte im Gesundheits- und Sozialbereich.

Die Kompetenzen des Einzelnen werden am Arbeitsmarkt nicht optimal genutzt. Unternehmen könnten besser von ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter profitieren, wenn sie ihre jeweiligen Stärken ergründen und fördern würden. Das Fazit des Einführungsvortrages der Fachtagung "Kompetenzentwicklung im Gesundheits- und Sozialbereich" in der Ravensberger Spinnerei in Bielefeld lässt sich auf alle Wirtschaftsbereiche übertragen. Nach der feierlichen Auftaktveranstaltung für die an der Fachhochschule (FH) Bielefeld angesiedelte Kompetenzplattform "KomPASS" kamen rund 180 Fachkräfte aus dem Gesundheits- und Sozialwesen und dem Bildungsbereich aus dem gesamten Bundesgebiet zum wissenschaftlichen Austausch zusammen.

In Industrienationen befinde sich die Gesellschaft in mitten tief greifender Veränderungsprozesse. Der berufliche Alltag sei geprägt von veränderten Arbeitsinhalten, Zeitverträgen, Wechsel von Arbeitsplatz, Betrieb und Beruf, Verlust an Orientierung und der Notwendigkeit, Entscheidungen eigenverantwortlich und unter Unsicherheit zu treffen. Kaum jemand bleibe heute von der Ausbildung bis zur Rente im erlernten Beruf bei einem Arbeitgeber. Dies gelte auch und gerade im Gesundheits- und Sozialbereich. Das sagt Professor Dr. Wolfgang Wittwer von der Bielefelder Gesellschaft für Innovationen im Bildungswesen mit Professur für Pädagogik an der Universität Bielefeld.
Bei der steten Forderung nach Flexibilität und Anpassung werde Orientierung und Identitätsbewahrung immer schwieriger. Professor Wittwers Lösungsansatz: eine Kompetenzentwicklung im Sinne einer individuellen Stärkeentwicklung. "Vielfalt statt Einfalt muss Ziel von Bildung und Personalentwicklung sein", so seine Forderung, "in der schulischen und beruflichen Aus- und Weiterbildung gilt das Ziel der Gleichbehandlung aller, der aber das Anderssein bekämpft und dadurch das einzelne Individuum benachteiligt. Der richtige Ansatz ist eine unterschiedliche Behandlung und damit die Anerkennung der Verschiedenartigkeit der Menschen." So könne ein Mensch gemäß seinen Stärken am Arbeitsmarkt eingesetzt werden.

Auf der KomPASS-Fachtagung in der Ravensberger Spinnerei wurden diese und andere Ansätze einen Tag lang ausgetauscht und diskutiert. Rund 180 Teilnehmerinnen und Teilnehmer - von Fachhochschulen und Fachschulen sowie aus Pflege, Rehabilitation oder Sozialarbeit - nutzten Vorträge, Foren und Workshops zur Information und Weiterbildung. So ging es beispielsweise um "Entwicklung und Evaluation eines Qualifikationsprogrammes in der ambiulanten Pflege als Beitrag zur Erweiterung der Kompetenz von Pflegenden zur Selbstmanagementförderung" oder "Neue Bedarfe in Prävention und Gesundheitsförderung - neue Anforderungen an Pflegeberufe".

Die Kompetenzplattform "KomPASS" zur "Kompetenzentwicklung im Gesundheits- und Sozialbereich" an der Fachhochschule (FH) Bielefeld wird vom Land NRW mit 500.000 Euro gefördert. Unter Beteiligung von neun Professorinnen und Professoren soll fünf Jahre lang zur Kompetenzentwicklung, der Bewertung und Messung von Kompetenzen sowie zur Durchführung von Kompetenzanalysen geforscht werden.

Durch eine fachbereichs- und hochschulübergreifende Vernetzung soll die Forschungsinfrastruktur und die Interdisziplinarität gestärkt werden. Darüber hinaus ist an der FH Bielefeld der Aufbau eines wissenschaftlichen Pools für Beratungs- und Bildungsdienstleistungen für Institutionen im Gesundheits- und Sozialwesen geplant. "Angesichts der steigenden Komplexität in Gesundheits- und Sozialberufen wollen wir professionelle Unterstützung bieten", erklären die beiden KomPASS-Sprecherinnen, Professorin Annette Nauerth und Professorin Ursula Walkenhorst vom Fachbereich Wirtschaft und Gesundheit. Interesse besteht bereits: Ein wissenschaftlicher Mitarbeiter soll als Berater zehn Tage lang die Einführung einer Pflegedokumentation in einem Krankenhaus begleiten.