6. Mindener Fachgespräch für den Tiefbau

Thema: "Bauen in quellfähigem Tonstein"

1. Erkenntnisse aus Laborversuchen mit quellfähigem Tonstein
2. Erfahrungen mit einer rückverankerten Bauwerkssohle in quellendem Tonstein in Bielefeld
3. Verklebung beim Schild- und Rohrvortrieb in Tonformationen

Das 6. Mindener Tiefbaugespräch fand am Dienstag, dem 23. November 2004 unter der Leitung von Prof. Dr.-Ing. Hans-Georg Gülzow im Audi Max des in Minden ansässigen Fachbereichs Architektur und Bauingenieurwesen der Hochschule Bielefeld statt. Der Dekan des Fachbereichs, Prof. Dr.-Ing. Helmut Geistefeldt, konnte gut 70 Teilnehmer begrüßen.
Anlass für das diesjährige Thema sind Schadensfälle beim Bauen in den regionalen, quellfähigen Tonsteinen aus der Kreide, dem Jura und der Trias.

In Bielefeld und Herford wurden 2 durch Sohlaufwölbungen verursachte Schäden mit aufwändigen Maßnahmen nach dem Ausweich- bzw. Widerstandsprinzip saniert. Auch beim Rohrvortrieb mit Spülförderung haben im Bielefelder Tonstein Vortriebsbehinderungen bereits erheblichen Schaden verursacht. In den drei Vorträgen wurde über Erkenntnisse aus Schadensfällen, über Ergebnisse von Laboruntersuchungen und Erfahrungen mit Maßnahmen gegen die vom Tonstein bewirkten Beeinträchtigungen berichtet.

Erkenntnisse aus Laborversuchen mit quellfähigem Tonstein
Prof. Dr.-Ing. Hans-Georg Gülzow, HSBI, Minden
Bei den bekannten Gründungsschäden liegt die Bauwerkssohle in Tonsteinen, die oberhalb des Grundwasserspiegels anstehen. Unter der Bauwerkssohle ist jeweils eine Flächendränage oder Schottertragschicht vorhanden. Die Ergebnisse der Laborversuche zeigen, dass ein fortdauerndes Quellen offensichtlich nur unter sich abwechselnden Durchfeuchtungsphasen und Trocknungsphasen mit Luftkontakt auftritt. Auf der Basis dieser Daten lassen sich möglicherweise konstruktive Sicherungsmaßnahmen entwickeln, die die wechselnde Durchfeuchtung und Austrocknung des Tonsteins vermeiden helfen. Mögliche Maßnahmen sind noch in Laborversuchen und vor allem in Feldversuchen in ihrer Wirkung zu überprüfen. Für die Feldversuche wird der Unterstützung von Bauherren und Baufirmen gesucht.

Erfahrungen mit einer rückverankerten Bauwerkssohle in quellendem Tonstein in Bielefeld
Dr.-Ing. Stefan Weihrauch, Grundbauingenieure Steinfeld und Partner, Hamburg
Während man beim Schadensfall "Klinikum Herford" den Quellhebungen ausgewichen ist und im Rahmen der Sanierung die Kellersohle auf 2000 m² freitragend mit einem Hohlraum von ca. 45 cm ausgebildet hat, hat man in Bielefeld das Widerstandsprinzip verfolgt. Bei der Deutschen Bank in Bielefeld waren im Fugenbereich zwischen einem Altbau und einem unterkellerten, 2geschossigen Anbau Schäden durch Quellhebungen der Kellersohle des Anbaus aufgetreten. Ein Nivellement zeigt Hebungen des gesamten Anbaus auf ca. 650 m² zwischen 10 und 50 mm.

Die Sohle im Fugenbereich zum Altbau wurde 1994 durch 56 je 13 m lange Anker rückverankert. Die mit bis zu 300 kN festgelegten und mit 450 kN geprüften Anker weisen inzwischen Ankerkräfte von z.T. über 500 kN auf. Aus technischen und betrieblichen Gründen hat man sich für den Einbau einen weiteren Zugverankerung entschieden. Im September 2004 wurden zwischen den bisherigen Ankern zusätzliche ca. 20 m lange GEWI-Pfähle eingebaut.

Verklebung beim Schild- und Rohrvortrieb in Tonformationen
Dr.-Ing. Markus Thewes, Studiengesellschaft für unterirdische Verkehrsanlagen - STUVA e.V., Köln
Tonböden oder Tonlinsen können beim Schildvortrieb mit Flüssigkeitsschilden starke Verklebungen hervorrufen. Diese führen zu erheblichen Bauzeitverzögerungen und zu Auseinandersetzungen über Mehrkosten. Laborversuche zeigen, dass anhand der einfach zu bestimmenden Plastitzitätszahl und Konsistenzzahl das Verklebungspotenzial eines Tones abgeschätzt werden kann. Beim Schildvortrieb des Westerscheldetunnels konnten Vortriebsbehinderungen anhand von technischen und betrieblichen Hilfsmaßnahmen weitgehend vermieden werden.