Home-Office – neue Freiräume oder alte Geschlechterrollen? Empirische Untersuchung von genderspezifischen Aspekten der Flexibilisierung der Arbeit

Als Folge der Corona-Pandemie haben viele Unternehmen und Organisationen Home-Office eingeführt bzw. ausgeweitet. Dadurch ergeben sich für die Beschäftigten neue Chancen, ihren Arbeitsalltag selbstständig zu gestalten. Mehrere Studien weisen jedoch darauf hin, dass Frauen meistens stärker unter der doppelten Belastung leiden, da die Umstellung auf Home-Office häufig zum Wiederbeleben von traditionellen Geschlechterrollen führt. Man braucht spezielle Strategien und Instrumente, um die Work-Life-Balance im Home-Office optimal zu gestalten. Ziel der vorliegenden Studie war es, genderspezifische Belastungs- und Erfolgsfaktoren für die Gestaltung von Home-Office zu identifizieren, um praktische Handlungsempfehlungen für Unternehmen, Frauen und Politik zur Optimierung der Arbeitsleistung, Work-Life-Balance und Zufriedenheit im Home-Office abzuleiten. Zur Erreichung der Zielsetzung wurde eine Onlinebefragung im Zeitraum von Dezember 2021 bis März 2022 in Deutschland durchgeführt. Die Stichprobe bestand aus 247 Personen, davon 183 weiblich und 64 männlich, im Alter zwischen 19 und 71 Jahren. Abgefragt wurden die wahrgenommenen Arbeitsgestaltungskompetenzen, individuelle Vereinbarungen mit der Führungskraft, Unternehmenskultur, wahrgenommene kollegiale Unterstützung sowie Beziehung zu Kollegen. Überprüft wurde der jeweilige Einfluss dieser Variablen auf die wahrgenommene Zufriedenheit, Stressempfinden sowie eigene Leistung bei der Arbeit im Home-Office. Mittels einer multiplen Regressionsanalyse konnte gezeigt werden, dass die drei Faktoren Arbeits-platzgestaltungskompetenzen, individuelle Vereinbarungen mit der Führungskraft und die Beziehung zu den Kollegen einen signifikanten Einfluss auf alle untersuchten abhängigen Variablen aufweisen. Das heißt, eine hohe Ausprägung der Faktoren wirkt sich auf eine höhere Zufriedenheit, bessere Leistung sowie geringeres Stresserleben aus. Den stärksten Einfluss hat hierbei die Arbeitsgestaltungskompetenz der Probanden. Es wurden auch wesentliche genderbedingte Unterschiede festgestellt: Frauen berichten im Durchschnitt von einer höheren Zufriedenheit und einem geringeren Stressempfinden. Eine ANOVA zeigt zudem einen signifikanten Unterschied zwischen Frauen und Männern bei der Wahrnehmung der eigenen Leistungsfähigkeit. Frauen schätzen demnach ihre eigene Leistungs-fähigkeit im Home-Office signifikant höher ein als Männer. Auf Grundlage der ermittelten Faktoren diskutiert der Beitrag spezifische Handlungsempfehlungen für Unternehmen, Frauen und Politik, die Beschäftigten im Home-Office dabei helfen, besser mit den damit einhergehenden Belastungen umzugehen.