Die Absolvent*innen des Fachbereichs Gestaltung stellen vom 28. bis 30. Januar 2011 ihre Abschlussarbeiten aus.
Das Gebäude des Fachbereichs Gestaltung der Hochschule Bielefeld in der Lampingstraße 3 wird vom 28. bis 30. Januar 2011 zur Galerie. 62 Absolventinnen und Absolventen der Studienrichtungen Fotografie und Medien, Grafik und Kommunikationsdesign sowie Mode stellen ihre Abschlussarbeiten vor. Die Ausstellung wird am Freitag um 18 Uhr durch Dekan Professor Martin Roman Deppner eröffnet. Am Samstag und Sonntag haben Besucherinnen und Besucher die Möglichkeit, sich die Arbeiten anzuschauen. Dabei werden sie hinter einigen Türen wahre Schätze entdecken.
Wie beispielsweise die fotografische Arbeit "Actaha" von Christian Pankratz. Die Bilder spiegeln die wahrgewordene Utopie des kasachischen Präsidenten wider. Nachdem Kasachstan seine Unabhängigkeit erlangte, ernannte dieser Astana (kasachisch: Actaha) zur Hauptstadt des Landes und ließ seitdem einen Prachtbau nach dem anderen errichten. Pankratz fotografierte die futuristischen Gebäude der Stadt, die häufig nicht älter als 10 Jahre sind. Der Betrachter erblickt pyramidenförmige Glasfassaden, schneeweiße Kuppelbauten und eine begehbare goldene Kugel, die in luftiger Höhe über dem Boulevard thront. Der Eindruck von einer westlich geprägten Gesellschaft entsteht. Doch der Schein trügt, denn Astana ist anti-demokratisch geprägt. Meinungs- und Pressefreiheit wurden abgeschafft, Korruption ist an der Tagesordnung und politische Gegner werden unterdrückt. Diesen Widerspruch spüren auch die Einwohner Astanas, die ebenfalls auf einigen der Fotos zu sehen sind. Vom Nomadenvolk ist auf den Bildern nichts mehr zu sehen. Die Menschen haben eine neue, moderne Identität angenommen, die ihnen von der Regierung aufgezwängt wurde. Christian Pankratz gelingt es mit seiner Foto-Reihe den Zwiespalt zwischen heiler Welt und unterschwelliger Bedrohung zum Ausdruck zu bringen.
Professor Axel Grünewald, Leiter der Studienrichtung Fotografie und Medien, hebt die Vielfalt der diesjährigen Abschlussarbeiten hervor: "Wir haben hier in der Fotografie Modearbeiten, Inszenierungen aber auch streng methodische Arbeiten." Auffällig sei zudem, dass die Studierenden die technischen Möglichkeiten immer mehr nutzen. So auch Diplomand Thiemo Bögner, der in der Foto-Serie "Waldraum" seine technischen Fertigkeiten und sein ästhetisches Gespür unter Beweis stellt. Für die Bilder befestigte Bögner die Kamera auf dem Stativ und fotografierte mehrmals dasselbe Motiv, wobei er lediglich die Ausrichtung des Blitzes änderte. Die Fotografien wurden am Computer übereinandergelegt und mit dem Grafikprogramm überarbeitet. Entstanden sind Werke, die surreal und verträumt wirken. Durch den dunklen Hintergrund, der im Kontrast zu den hell erleuchteten Bäumen steht, erhält das Bild eine Tiefe und wirkt gleichzeitig wie ein Raum mit Wänden aus Rinde und Blättern.
Doch nicht nur die fotografischen Arbeiten sondern auch die bewegten Bilder wissen zu beeindrucken. Wie beispielsweise der Kurzfilm "In Between", mit dem Julia Sinkowicz ihr Diplomstudium abschließt. Die Geschichte von einer jungen Frau, die von ihren gegensätzlichen Gefühlen hin und her gerissen wird, geht unter die Haut. Die Zuschauer sehen, wie die Protagonistin durch den ständigen Wechsel von Todessehnsucht und dem Wunsch nach Leben ihr Selbst verliert.
Die Absolventinnen und Absolventen der Fachrichtung Grafik und Kommunikationsdesign präsentieren in diesem Jahr sehr abwechslungsreiche Arbeiten. "Die gesamte Bandbreite des Grafik- und Kommunikationsdesigns wird abgebildet. Das reicht von der Entwicklung eines Corporate Designs über Druckgrafiken bis hin zu Zeichentrickfilmen", sagt Professor Dirk Fütterer, Leiter der Fachrichtung. So überarbeitete Matthia Backhaus unter der Betreuung von Professor Karl Müller und Professorin Anna Zika die 155 Jahre alte Geschichte von Wilhelm Buschs "Max und Moritz". Die Illustrationen im entstandenen Buch zeigen die frechen Lausbuben im Zeitalter von Markenklamotten, Fastfood und Handys. Trotz des Bezugs zur Moderne erkennt man die ursprüngliche Geschichte wieder.
Im gleichen Raum wie Backhaus stellt Bachelor-Absolventin Julia Gräber ihre Abschlussarbeit aus. Sie hat sich dafür mit dem Trendmedium Hörbuch auseinander gesetzt. Die derzeitige Vermarktung in Form von CDs findet die Studentin umständlich: "Das Hörbuch besteht meistens aus mehreren CDs und wenn ich mir die Geschichte auf dem MP3-Player anhören möchte, muss ich die Audio-Dateien erst umwandeln", erzählt Julia Gräber. Ihr fiktiver Verlag Auditio bietet Hörbücher deshalb als MP3-Datei auf dem USB-Stick an. Geliefert wird der Stick in einer edlen Blechdose zusammen mit einem Booklet und einem Poster. Für ihre Bachelorarbeit hat Gräber sowohl ein Vermarktungskonzept als auch ein komplettes Corporate Design ausgearbeitet. In den nächsten Monaten wird sie ihre Idee verschiedenen Unternehmen vorstellen.
Mit einer haarigen Thematik setzte sich Thomas Grützner in seiner Diplomarbeit auseinander. Er entwickelte das Kommunikationsdesign für eine fiktive Bartfirma, die Männer mit spärlichem Bartwuchs mit künstlicher Gesichtsbehaarung beliefert. Angelehnt an berühmte Bartträger hat Grützner eine breite Palette an Bartformen ins Sortiment aufgenommen. So kann der Kunde zwischen "Hook", "Dali", "Hogan" und vielen anderen Modellen wählen. Auch Broschüren, Plakate, Verpackungen und die komplette Geschäftsausstattung für das fiktive Unternehmen hat Grützner gestaltet.
Ausgestellt werden auch die Kollektionen der Absolventinnen und Absolventen der Fachrichtung Mode, die bereits Mitte Januar bei der großen HSBI-Modenschau der Öffentlichkeit vorgestellt wurden (zum Artikel). Die Absolventen-Ausstellung bietet Besucherinnen und Besuchern die Möglichkeit, die Outfits aus der Nähe zu betrachten. Auf diese Weise können raffinierte Details entdeckt werden, die auf dem Laufsteg nicht zur Geltung kamen.
Die Studierenden Sascha Fronczek, Maximiliane Hüls, Sven Lindhorst-Emme, Eva-Maria Ostendorf und Judith Schröder haben im Rahmen eines Praxisprojektes zur Absolventen-Ausstellung einen Katalog gestaltet. "Das Lexikon der Kreativität" verbindet alt hergebrachte Typographie und Raster eines Lexikons mit den experimentellen Arbeiten der Studierenden. Der Katalog kann im Rahmen der Ausstellung käuflich erworben werden.